{"title":"引用提香的神圣与世俗之爱——韦德在他的戏剧《弗兰齐斯卡》中有计划地使用艺术作品","authors":"Anja Manneck","doi":"10.26650/SDSL2018-0006","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"DEUTSCH) Die Werke Wedekinds zeichnen sich durch eine Vielzahl intertextueller Verweise aus, die sich auf alle bildenden Künste und die Wissenschaft beziehen. Für „Franziska. Ein modernes Mysterium in fünf Akten“ ist Tizians „Die himmlische und die irdische Liebe“ geradezu programmatisch, ein Abdruck ziert den Titel der Erstausgabe. Darüber hinaus findet sich das um 1514 entstandene RenaissanceGemälde als detaillierte Beschreibung in der Bühnenanweisung für ein ‚Spiel im Spiel‘, was dadurch einem Tableau vivant nahekommt. Das Bild zeigt eine reich gekleidete Frau links neben einem Brunnen, rechts daneben eine fast nackte weibliche Figur. Im Wedekindschen Stück stehen die beiden Frauenfiguren für die Wahrheit und die „heilige Nacktheit“, die eng miteinander korreliert sind: „Denn wer die Nacktheit nicht sehen kann, Der kann auch die Wahrheit nicht hören.“ Da es sich um ein Theaterstück innerhalb eines Theaterstücks handelt, können Aspekte der symbolisch erscheinenden Handlung als selbstreferentielle Aussage für das gesamte Stück gelesen werden. Sexualität, symbolisiert durch die Nacktheit, kommt eine zentrale Rolle zu. Sie dient der Selbstfindung und der Selbsterkenntnis. Positive sexuelle Erlebnisse können negative Erlebnisse tilgen. Wie im Titel des Bildes angelegt, zeigt sich, dass der „irdischen“, der körperlichen Liebe, mindestens die gleiche Relevanz zukommt wie der „himmlischen“, der geistigen Liebe. Durch die Verwendung bekannter Kunstwerke bzw. intertextueller Verweise aller Art verortet sich das Drama in eine künstlerische Tradition und legitimiert so sich und seine Aussagen selbst. Schlüsselwörter: Erotikkonzeption, Tableau vivant, Literatur der Frühen Moderne (1890-1930), Intertextualität, Selbstreferentialität ABSTRACT (ENGLISH) Sacred and profane love by Titian is a key component of Wedekind’s Franziska (first published in 1912), taking on a programmatic function. The Renaissance painting from 1514 appears twice, first as an etching on the front page and then as the model of a detailed scenery for a “play in play“-like tableau vivant , acting as a self-referential part of the play. Titian original and Wedekind’s theatrical version both portray two women: one naked and the other dressed in luxurious white, next to a fountain. While the painting associates nudity with divine creation and attributes the dressed woman as “profane love”, paradigm changed in Wedekind’s times . Based on his contemporaries’ interpretations, the naked woman is associated with purity, while simultaneously being connected with sin. Although Wedekind does remain closer to the original meaning in his interpretation: the dressed woman stands for “truth”, the other woman is “holy nudity”. Both concepts are closely linked to one another, “because he, who cannot see nudity cannot hear the truth”. Sexuality, symbolized by nudity, becomes functionalized by Wedekind as a means of finding one’s true self and gaining self-awareness. Therefore, “profane love” is shown to be as important as “sacred love”. As this occurs in a “play in play” situation, the symbolic narration should be read as a self-referential statement; the set of values shown here express validity for the entire play. By using many canonized works of art and intertextual references, like Titian, the play situates itself in a long tradition of art, and consequently aims to legitimize itself as well as its certain extreme ideas and values.","PeriodicalId":53722,"journal":{"name":"Studien zur Deutschen Sprache und Literatur-Alman Dili ve Edebiyati Dergisi","volume":"1 1","pages":""},"PeriodicalIF":0.1000,"publicationDate":"2018-12-28","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Quoting Titian’s Sacred and profane love – Wedekinds programmatical use of artwork in his play Franziska\",\"authors\":\"Anja Manneck\",\"doi\":\"10.26650/SDSL2018-0006\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"DEUTSCH) Die Werke Wedekinds zeichnen sich durch eine Vielzahl intertextueller Verweise aus, die sich auf alle bildenden Künste und die Wissenschaft beziehen. Für „Franziska. 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Quoting Titian’s Sacred and profane love – Wedekinds programmatical use of artwork in his play Franziska
DEUTSCH) Die Werke Wedekinds zeichnen sich durch eine Vielzahl intertextueller Verweise aus, die sich auf alle bildenden Künste und die Wissenschaft beziehen. Für „Franziska. Ein modernes Mysterium in fünf Akten“ ist Tizians „Die himmlische und die irdische Liebe“ geradezu programmatisch, ein Abdruck ziert den Titel der Erstausgabe. Darüber hinaus findet sich das um 1514 entstandene RenaissanceGemälde als detaillierte Beschreibung in der Bühnenanweisung für ein ‚Spiel im Spiel‘, was dadurch einem Tableau vivant nahekommt. Das Bild zeigt eine reich gekleidete Frau links neben einem Brunnen, rechts daneben eine fast nackte weibliche Figur. Im Wedekindschen Stück stehen die beiden Frauenfiguren für die Wahrheit und die „heilige Nacktheit“, die eng miteinander korreliert sind: „Denn wer die Nacktheit nicht sehen kann, Der kann auch die Wahrheit nicht hören.“ Da es sich um ein Theaterstück innerhalb eines Theaterstücks handelt, können Aspekte der symbolisch erscheinenden Handlung als selbstreferentielle Aussage für das gesamte Stück gelesen werden. Sexualität, symbolisiert durch die Nacktheit, kommt eine zentrale Rolle zu. Sie dient der Selbstfindung und der Selbsterkenntnis. Positive sexuelle Erlebnisse können negative Erlebnisse tilgen. Wie im Titel des Bildes angelegt, zeigt sich, dass der „irdischen“, der körperlichen Liebe, mindestens die gleiche Relevanz zukommt wie der „himmlischen“, der geistigen Liebe. Durch die Verwendung bekannter Kunstwerke bzw. intertextueller Verweise aller Art verortet sich das Drama in eine künstlerische Tradition und legitimiert so sich und seine Aussagen selbst. Schlüsselwörter: Erotikkonzeption, Tableau vivant, Literatur der Frühen Moderne (1890-1930), Intertextualität, Selbstreferentialität ABSTRACT (ENGLISH) Sacred and profane love by Titian is a key component of Wedekind’s Franziska (first published in 1912), taking on a programmatic function. The Renaissance painting from 1514 appears twice, first as an etching on the front page and then as the model of a detailed scenery for a “play in play“-like tableau vivant , acting as a self-referential part of the play. Titian original and Wedekind’s theatrical version both portray two women: one naked and the other dressed in luxurious white, next to a fountain. While the painting associates nudity with divine creation and attributes the dressed woman as “profane love”, paradigm changed in Wedekind’s times . Based on his contemporaries’ interpretations, the naked woman is associated with purity, while simultaneously being connected with sin. Although Wedekind does remain closer to the original meaning in his interpretation: the dressed woman stands for “truth”, the other woman is “holy nudity”. Both concepts are closely linked to one another, “because he, who cannot see nudity cannot hear the truth”. Sexuality, symbolized by nudity, becomes functionalized by Wedekind as a means of finding one’s true self and gaining self-awareness. Therefore, “profane love” is shown to be as important as “sacred love”. As this occurs in a “play in play” situation, the symbolic narration should be read as a self-referential statement; the set of values shown here express validity for the entire play. By using many canonized works of art and intertextual references, like Titian, the play situates itself in a long tradition of art, and consequently aims to legitimize itself as well as its certain extreme ideas and values.