{"title":"Vom Wert der Wissenschaft. Die Psychologin Brigitte Schliebe-Lippert und die Neuorganisation der hessischen Lehrerbildung, ca. 1946–1952","authors":"Laurens Schlicht","doi":"10.1515/hzhz-2023-0028","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Zusammenfassung Der Aufsatz untersucht anhand des hessischen Kultusministeriums, wie in der unmittelbaren Nachkriegszeit (ca. 1946–1951) versucht wurde, durch Lehrerbildung neue demokratische Werte zu etablieren und zu vermitteln. Hierzu verfolgt er die Bemühungen der Psychologin Brigitte Schliebe-Lippert (1898–1993), die von 1946 bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1963 das Referat Lehrerbildung im hessischen Kultusministerium leitete. Schliebe-Lippert ist einerseits als Frau in einer ministerialen Leitungsposition eine Ausnahmeerscheinung. Andererseits ist sie als in Gießen im Jahr 1932 habilitierte Psychologin Teil einer frühen und kleinen Gruppe von habilitierten Frauen. Sie vertrat in der Nachkriegszeit die These, dass die Bemühungen um Reeducation seitens der amerikanischen Militärregierung vor allem auf der Basis einer wissenschaftlichen Psychologie zu unterstützen seien. Vorliegender Aufsatz fragt danach, in welchem Modus der Zusammenarbeit mit den amerikanischen Militärbehörden Schliebe-Lippert versuchte, ihre Version der Entwicklungspsychologie zu platzieren. Es wird überdies untersucht, inwiefern Wissenschaftlichkeit im Allgemeinen und sozial- und humanwissenschaftliche Wissenschaften wie die Psychologie im Besonderen in den Augen der Akteur:innen Grundlagen waren, auf denen neue demokratische Werte begründet werden konnten. Dabei werden die Positionen Schliebe-Lipperts im Kontext der deutschen Diskussionen über Lehrerbildung und vor dem Hintergrund ihrer Aktivitäten während des Nationalsozialismus kontextualisiert. Der Beitrag stützt sich auf den Nachlass Schliebe-Lipperts und Überlieferung zur Lehrerbildung im Hessischen Hauptstaatsarchiv, weitere Archivquellen in Frankfurt und Mainz sowie publizierte Texte.","PeriodicalId":54171,"journal":{"name":"HISTORISCHE ZEITSCHRIFT","volume":"32 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.3000,"publicationDate":"2023-10-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"HISTORISCHE ZEITSCHRIFT","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/hzhz-2023-0028","RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q2","JCRName":"HISTORY","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Zusammenfassung Der Aufsatz untersucht anhand des hessischen Kultusministeriums, wie in der unmittelbaren Nachkriegszeit (ca. 1946–1951) versucht wurde, durch Lehrerbildung neue demokratische Werte zu etablieren und zu vermitteln. Hierzu verfolgt er die Bemühungen der Psychologin Brigitte Schliebe-Lippert (1898–1993), die von 1946 bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1963 das Referat Lehrerbildung im hessischen Kultusministerium leitete. Schliebe-Lippert ist einerseits als Frau in einer ministerialen Leitungsposition eine Ausnahmeerscheinung. Andererseits ist sie als in Gießen im Jahr 1932 habilitierte Psychologin Teil einer frühen und kleinen Gruppe von habilitierten Frauen. Sie vertrat in der Nachkriegszeit die These, dass die Bemühungen um Reeducation seitens der amerikanischen Militärregierung vor allem auf der Basis einer wissenschaftlichen Psychologie zu unterstützen seien. Vorliegender Aufsatz fragt danach, in welchem Modus der Zusammenarbeit mit den amerikanischen Militärbehörden Schliebe-Lippert versuchte, ihre Version der Entwicklungspsychologie zu platzieren. Es wird überdies untersucht, inwiefern Wissenschaftlichkeit im Allgemeinen und sozial- und humanwissenschaftliche Wissenschaften wie die Psychologie im Besonderen in den Augen der Akteur:innen Grundlagen waren, auf denen neue demokratische Werte begründet werden konnten. Dabei werden die Positionen Schliebe-Lipperts im Kontext der deutschen Diskussionen über Lehrerbildung und vor dem Hintergrund ihrer Aktivitäten während des Nationalsozialismus kontextualisiert. Der Beitrag stützt sich auf den Nachlass Schliebe-Lipperts und Überlieferung zur Lehrerbildung im Hessischen Hauptstaatsarchiv, weitere Archivquellen in Frankfurt und Mainz sowie publizierte Texte.
期刊介绍:
Begründet 1859 von Heinrich von Sybel. Fortgeführt von Friedrich Meinecke und Theodor Schieder. In Verbindung mit Andreas Fahrmeir, Johannes Fried, Hartmut Leppin, Werner Plumpe, Frank Rexroth, Andreas Rödder, Uwe Walter, Gerrit Walther und Eberhard Weis herausgegeben von Lothar Gall unter Mitwirkung von Jürgen Müller und Eckhardt Treichel. Die Historische Zeitschrift (HZ) steht für exzellente deutschsprachige Geschichtswissenschaft. Der Aufsatzteil behandelt Aspekte aus allen Teilbereichen der Geschichtswissenschaft; eine regionale oder epochale Begrenzung gibt es nicht.