{"title":"Die Entscheidbarkeit des persönlichen Ehrstatus frühneuzeitlicher Männer und Frauen. Konfliktsfälle im Vergleich","authors":"Florian Zeilinger","doi":"10.1515/hzhz-2024-0019","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Zusammenfassung Die diversen frühneuzeitlichen Fälle gewaltsamer (Raufhändel) und gerichtlicher Ehrverteidigung (Injurienprozesse) sowie der Ehrlichsprechung berufsbedingt unehrlicher oder devianzbedingt ehrloser Personen lassen sich mithilfe entscheidungstheoretischer Analysekategorien vergleichen und damit zusammenführen. Trotz geschlechterspezifisch unterschiedlicher Ehrkonzepte konnten sowohl straffällig gewordene Männer als auch entjungferte Frauen um Ehrrestitution bitten. Beleuchtet werden die Entscheidbarkeit des persönlichen Ehrstatus in verschiedenen Phasen eines Konflikts, seine Entscheidbarmachung, die Entscheidungsressourcen, die Entscheidungsmodi sowie die Entscheidungszeit. So zeigt sich, dass die entsprechende Benennungsmacht der den Ehrstatus Beurteilenden und konkurrierende Normen, die eine Kritik an der vorangegangenen Ehrzuschreibung erlaubten, zu den Entscheidungsressourcen zählten. Entscheidungsmodi konnten obrigkeitlich durchgeführte Verfahren, aber auch Einzelentscheidungen der Mituntertanen sein, die dabei keineswegs entscheidungsfaul erscheinen. Der persönliche Ehrstatus galt in all den Fällen als entscheidbar, in denen es um die auf das individuelle Verhalten bezogene Ehre ging, in der er also über die entsprechende Zeitdimension verfügte. Unter diesen Umständen konnte er durch liminalisierende Temporalisation, Gabentauschpraktiken und das Erzählen von Geschichten erneut entscheidbar gemacht werden.","PeriodicalId":54171,"journal":{"name":"HISTORISCHE ZEITSCHRIFT","volume":"217 1","pages":""},"PeriodicalIF":0.3000,"publicationDate":"2024-08-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"HISTORISCHE ZEITSCHRIFT","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/hzhz-2024-0019","RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q2","JCRName":"HISTORY","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Zusammenfassung Die diversen frühneuzeitlichen Fälle gewaltsamer (Raufhändel) und gerichtlicher Ehrverteidigung (Injurienprozesse) sowie der Ehrlichsprechung berufsbedingt unehrlicher oder devianzbedingt ehrloser Personen lassen sich mithilfe entscheidungstheoretischer Analysekategorien vergleichen und damit zusammenführen. Trotz geschlechterspezifisch unterschiedlicher Ehrkonzepte konnten sowohl straffällig gewordene Männer als auch entjungferte Frauen um Ehrrestitution bitten. Beleuchtet werden die Entscheidbarkeit des persönlichen Ehrstatus in verschiedenen Phasen eines Konflikts, seine Entscheidbarmachung, die Entscheidungsressourcen, die Entscheidungsmodi sowie die Entscheidungszeit. So zeigt sich, dass die entsprechende Benennungsmacht der den Ehrstatus Beurteilenden und konkurrierende Normen, die eine Kritik an der vorangegangenen Ehrzuschreibung erlaubten, zu den Entscheidungsressourcen zählten. Entscheidungsmodi konnten obrigkeitlich durchgeführte Verfahren, aber auch Einzelentscheidungen der Mituntertanen sein, die dabei keineswegs entscheidungsfaul erscheinen. Der persönliche Ehrstatus galt in all den Fällen als entscheidbar, in denen es um die auf das individuelle Verhalten bezogene Ehre ging, in der er also über die entsprechende Zeitdimension verfügte. Unter diesen Umständen konnte er durch liminalisierende Temporalisation, Gabentauschpraktiken und das Erzählen von Geschichten erneut entscheidbar gemacht werden.
期刊介绍:
Begründet 1859 von Heinrich von Sybel. Fortgeführt von Friedrich Meinecke und Theodor Schieder. In Verbindung mit Andreas Fahrmeir, Johannes Fried, Hartmut Leppin, Werner Plumpe, Frank Rexroth, Andreas Rödder, Uwe Walter, Gerrit Walther und Eberhard Weis herausgegeben von Lothar Gall unter Mitwirkung von Jürgen Müller und Eckhardt Treichel. Die Historische Zeitschrift (HZ) steht für exzellente deutschsprachige Geschichtswissenschaft. Der Aufsatzteil behandelt Aspekte aus allen Teilbereichen der Geschichtswissenschaft; eine regionale oder epochale Begrenzung gibt es nicht.