Pub Date : 2019-12-31DOI: 10.1515/9783110614244-005
Silja Vöneky
Das 21. Jahrhundert ist bereits jetzt durch die existentiellen Herausforderungen geprägt, die technologische Entwicklungen und wissenschaftliche Erkenntnisse für das Leben der Menschen und Menschheit bedeuten.Wir leben im Anthropozän, und besonders die Fortschritte in der Biotechnologie und der Künstlichen Intelligenz (KI) scheinen so disruptiv, im guten wie im schlechten Sinne, dass es für uns als Gesellschaft wichtig ist, diese Entwicklungen normativ zu begleiten. Zudem sind existentielle Gefahren – schwere Krankheiten und Pandemien, die Zerstörung der Umwelt, vor allem jedoch die globale Erwärmung – nicht gebannt. Auch sie folgen oftmals, als nicht intendierte Konsequenzen, aus Technisierung und Industrialisierung oder sind eng mit ihnen verbunden. Besonders bedroht fühlen wir uns schließlich dadurch, dass Straftäter bewusst Mittel und Waffen herstellen und einsetzen, um Menschen oder ihre Lebensgrundlagen zu schädigen und zu zerstören. Die besonderen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts fallen zusammen mit einer Phase der Destabilisierung der internationalen Ordnung, die politische, insbesondere demokratische, Systeme ebenso betrifft wie „rule of law“ und Staatlichkeit allgemein. Daneben konzentrieren transnational agierende und (natürlich!) nicht-demokratisch geführte Unternehmen als private Akteure, insbesondere Internetund KI-Unternehmen, eine solche finanziell und technologisch abgesicherte Macht auf sich, dass sie Staatlichkeit herausfordern und unterminieren können. Der politisch-normative Fortschrittsoptimismus, den sich nach Ende des Kalten Krieges viele zu eigen machten und der mit der Idee einer neuen friedlichen, demokratischen, normund rechtebasierten Ordnung westlicher Prägung verbunden wurde, ist heute verflogen. Es geht vielen, auch international, nur noch darum, zu bewahren,was an legitimierenden und rechtebasierten Verfahren und Institutionen etabliert wurde. Doch auch wenn stabile Institutionen und stabilisierende Rechtsordnung(en) Voraussetzungen für die Lösung der Gegenwartsprobleme sind, erscheint das bloße Bewahren nicht als erfolgversprechende Strategie: Allein auf diese Weise können die neuen politischen und technologischen Herausforderungen und die bisher ungelösten Probleme nicht bewältigt werden.
{"title":"Wissenschaftliche Politikberatung","authors":"Silja Vöneky","doi":"10.1515/9783110614244-005","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/9783110614244-005","url":null,"abstract":"Das 21. Jahrhundert ist bereits jetzt durch die existentiellen Herausforderungen geprägt, die technologische Entwicklungen und wissenschaftliche Erkenntnisse für das Leben der Menschen und Menschheit bedeuten.Wir leben im Anthropozän, und besonders die Fortschritte in der Biotechnologie und der Künstlichen Intelligenz (KI) scheinen so disruptiv, im guten wie im schlechten Sinne, dass es für uns als Gesellschaft wichtig ist, diese Entwicklungen normativ zu begleiten. Zudem sind existentielle Gefahren – schwere Krankheiten und Pandemien, die Zerstörung der Umwelt, vor allem jedoch die globale Erwärmung – nicht gebannt. Auch sie folgen oftmals, als nicht intendierte Konsequenzen, aus Technisierung und Industrialisierung oder sind eng mit ihnen verbunden. Besonders bedroht fühlen wir uns schließlich dadurch, dass Straftäter bewusst Mittel und Waffen herstellen und einsetzen, um Menschen oder ihre Lebensgrundlagen zu schädigen und zu zerstören. Die besonderen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts fallen zusammen mit einer Phase der Destabilisierung der internationalen Ordnung, die politische, insbesondere demokratische, Systeme ebenso betrifft wie „rule of law“ und Staatlichkeit allgemein. Daneben konzentrieren transnational agierende und (natürlich!) nicht-demokratisch geführte Unternehmen als private Akteure, insbesondere Internetund KI-Unternehmen, eine solche finanziell und technologisch abgesicherte Macht auf sich, dass sie Staatlichkeit herausfordern und unterminieren können. Der politisch-normative Fortschrittsoptimismus, den sich nach Ende des Kalten Krieges viele zu eigen machten und der mit der Idee einer neuen friedlichen, demokratischen, normund rechtebasierten Ordnung westlicher Prägung verbunden wurde, ist heute verflogen. Es geht vielen, auch international, nur noch darum, zu bewahren,was an legitimierenden und rechtebasierten Verfahren und Institutionen etabliert wurde. Doch auch wenn stabile Institutionen und stabilisierende Rechtsordnung(en) Voraussetzungen für die Lösung der Gegenwartsprobleme sind, erscheint das bloße Bewahren nicht als erfolgversprechende Strategie: Allein auf diese Weise können die neuen politischen und technologischen Herausforderungen und die bisher ungelösten Probleme nicht bewältigt werden.","PeriodicalId":430553,"journal":{"name":"Öffentliche Vernunft?","volume":"29 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2019-12-31","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"133156910","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2019-12-31DOI: 10.1515/9783110614244-004
Krista Sager, G. Wagner
In der öffentlichen Debatte mehren sich Stimmen, die nicht nur einen gesellschaftlichen Vertrauensverlust der Wissenschaft konstatieren, sondern die Hauptschuld dafür bei derWissenschaft selbst ausmachen.Ohne Zweifel kann die Wissenschaft einiges dazu beitragen, in sie gesetztes Vertrauen zu verspielen, und tut dies auch, etwa durch Fälschungs-Skandale. Die Wissenschaft kann entsprechend etliches tun, um Vertrauen zu bestärken und zu rechtfertigen (siehe hierzu den Beitrag von Jürgen Zöllner in diesem Band, S. 11–20). Unsere These aber ist: Die verstärkte Kritik, welche die Wissenschaft aus Teilen von Politik und Gesellschaft spürt,wird in der Wissenschaft selbst und von kritischen Beobachtern und wohlwollenden Kommentatoren fälschlich als genereller Vertrauensverlust interpretiert. Es wird verkannt, dass die zunehmende Kritik die Folge einer gewachsenen gesellschaftlichen Bedeutung wissenschaftlicher Expertise ist. Diese äußert sich im Kontext politischer Auseinandersetzungen und Entscheidungen auch in direkten Angriffen, und deren Ausmaß ist für die meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neu. Sie müssen lernen, dass sie weder bedingungslose Unterstützung noch blindes Vertrauen erwarten können, und sie müssen sich darauf einstellen, mit Kritik – auch der unsachlichen Art – offen umzugehen.Wenn in diesem Kontext Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler meinen, Wissenschaft stehe quasi aufgrund ihrer Wissenschaftlichkeit über jeder Kritik, ist dies sicher falsch. Hilfreich wäre hingegen eine professionelle Wissenschaftskommunikation auf Basis einer zu etablierenden Ethik der Wissenschaftskommunikation, als Teil der Forschungsethik (zu den verschiedenen Formen der Hochschulund Wissenschaftskommunikation siehe den Beitrag von Annette Leßmöllmann in diesem Band, S. 73–83). In den Abschnitten I und II beschreiben wir das Verhältnis der Bürgerinnen und Bürger zur Wissenschaft und die Gründe für deren Bedeutungszuwachs im politischen Raum. In den Abschnitten III und IV skizzierenwir Vorschläge für eine Verbesserung des Verhältnisses von Wissenschaft, Gesellschaft und Politik. Abschnitt V fasst zusammen und gibt einen Ausblick.
{"title":"Wissenschaft unter Druck: Vertrauensverlust oder Zeichen gewachsener gesellschaftlicher Relevanz?","authors":"Krista Sager, G. Wagner","doi":"10.1515/9783110614244-004","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/9783110614244-004","url":null,"abstract":"In der öffentlichen Debatte mehren sich Stimmen, die nicht nur einen gesellschaftlichen Vertrauensverlust der Wissenschaft konstatieren, sondern die Hauptschuld dafür bei derWissenschaft selbst ausmachen.Ohne Zweifel kann die Wissenschaft einiges dazu beitragen, in sie gesetztes Vertrauen zu verspielen, und tut dies auch, etwa durch Fälschungs-Skandale. Die Wissenschaft kann entsprechend etliches tun, um Vertrauen zu bestärken und zu rechtfertigen (siehe hierzu den Beitrag von Jürgen Zöllner in diesem Band, S. 11–20). Unsere These aber ist: Die verstärkte Kritik, welche die Wissenschaft aus Teilen von Politik und Gesellschaft spürt,wird in der Wissenschaft selbst und von kritischen Beobachtern und wohlwollenden Kommentatoren fälschlich als genereller Vertrauensverlust interpretiert. Es wird verkannt, dass die zunehmende Kritik die Folge einer gewachsenen gesellschaftlichen Bedeutung wissenschaftlicher Expertise ist. Diese äußert sich im Kontext politischer Auseinandersetzungen und Entscheidungen auch in direkten Angriffen, und deren Ausmaß ist für die meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neu. Sie müssen lernen, dass sie weder bedingungslose Unterstützung noch blindes Vertrauen erwarten können, und sie müssen sich darauf einstellen, mit Kritik – auch der unsachlichen Art – offen umzugehen.Wenn in diesem Kontext Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler meinen, Wissenschaft stehe quasi aufgrund ihrer Wissenschaftlichkeit über jeder Kritik, ist dies sicher falsch. Hilfreich wäre hingegen eine professionelle Wissenschaftskommunikation auf Basis einer zu etablierenden Ethik der Wissenschaftskommunikation, als Teil der Forschungsethik (zu den verschiedenen Formen der Hochschulund Wissenschaftskommunikation siehe den Beitrag von Annette Leßmöllmann in diesem Band, S. 73–83). In den Abschnitten I und II beschreiben wir das Verhältnis der Bürgerinnen und Bürger zur Wissenschaft und die Gründe für deren Bedeutungszuwachs im politischen Raum. In den Abschnitten III und IV skizzierenwir Vorschläge für eine Verbesserung des Verhältnisses von Wissenschaft, Gesellschaft und Politik. Abschnitt V fasst zusammen und gibt einen Ausblick.","PeriodicalId":430553,"journal":{"name":"Öffentliche Vernunft?","volume":"25 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2019-12-31","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"114216930","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2019-12-31DOI: 10.1515/9783110614244-006
Nicola Kuhrt
sie auf Wissensvermittlung, Aufmerksamkeitserzeugung, Beteiligung, Einstellungs- oder Verhaltensänderungen ab, teilweise auf Reputationsmanagement, Rekrutierung, Imageverbesserung oder Brand Building.
其中部分涉及声誉管理、招募、形象提升和火烧。
{"title":"Wissenschaftsjournalismus zwischen Utopie und Netzpessimismus","authors":"Nicola Kuhrt","doi":"10.1515/9783110614244-006","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/9783110614244-006","url":null,"abstract":"sie auf Wissensvermittlung, Aufmerksamkeitserzeugung, Beteiligung, Einstellungs- oder Verhaltensänderungen ab, teilweise auf Reputationsmanagement, Rekrutierung, Imageverbesserung oder Brand Building.","PeriodicalId":430553,"journal":{"name":"Öffentliche Vernunft?","volume":"10 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2019-12-31","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"122588176","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2019-12-31DOI: 10.1515/9783111441849-046
Maike Weißpflug, J. Vogel
Wer persönlich und herzlich durch ein Haus mit musealer Originaleinrichtung von den 30er bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts geführt werden möchte, dem sei in den Westfjorden ein Abstecher von der Straße Nr. 60 auf die 624 in Richtung Ingjaldssandur empfohlen. Kurz hinter der ehemaligen Landwirtschaftsschule Núpur (heute ein Hotel) steht in einem gepflegten Gärtchen ein rosa angestrichenes Wellblechhaus. Hlíð ist das Elternhaus von Þröstur Sigtryggsson. Der ehemalige Küstenwachkapitän bewahrt es so, wie es zu Lebzeiten seiner Eltern eingerichtet war.
{"title":"Museen","authors":"Maike Weißpflug, J. Vogel","doi":"10.1515/9783111441849-046","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/9783111441849-046","url":null,"abstract":"Wer persönlich und herzlich durch ein Haus mit musealer Originaleinrichtung von den 30er bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts geführt werden möchte, dem sei in den Westfjorden ein Abstecher von der Straße Nr. 60 auf die 624 in Richtung Ingjaldssandur empfohlen. Kurz hinter der ehemaligen Landwirtschaftsschule Núpur (heute ein Hotel) steht in einem gepflegten Gärtchen ein rosa angestrichenes Wellblechhaus. Hlíð ist das Elternhaus von Þröstur Sigtryggsson. Der ehemalige Küstenwachkapitän bewahrt es so, wie es zu Lebzeiten seiner Eltern eingerichtet war.","PeriodicalId":430553,"journal":{"name":"Öffentliche Vernunft?","volume":"29 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2019-12-31","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"134123057","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}