Pub Date : 2020-12-31DOI: 10.14361/9783839447420-006
Ilse Müllner
»Hat nämlich nicht der Bestattung unsere beiden Brüder Kreon den einen gewürdigt, demanderen sie verwehrt? Den Eteokles zwar hat er, wieman sagt, nach dem Recht, in richtiger Anwendung, und nach dem Brauch in der Erde bestattet, mit reichen Ehren bei den Toten. Den elend Gefallenen, des Polyneikes Leiche aber – den Städtern sagt man, sei es kundgetan – solle man nicht im Grabe bergen, und auch keiner solle um ihn klagen, sondern ihn unbeklagt, unbestattet lassen, den Vögeln ein begehrter Vorrat, wenn sie ihn sehen, zu willkommenem Fraß«.
{"title":"Empathie, Betrauerbarkeit und Verwandtschaft","authors":"Ilse Müllner","doi":"10.14361/9783839447420-006","DOIUrl":"https://doi.org/10.14361/9783839447420-006","url":null,"abstract":"»Hat nämlich nicht der Bestattung unsere beiden Brüder Kreon den einen gewürdigt, demanderen sie verwehrt? Den Eteokles zwar hat er, wieman sagt, nach dem Recht, in richtiger Anwendung, und nach dem Brauch in der Erde bestattet, mit reichen Ehren bei den Toten. Den elend Gefallenen, des Polyneikes Leiche aber – den Städtern sagt man, sei es kundgetan – solle man nicht im Grabe bergen, und auch keiner solle um ihn klagen, sondern ihn unbeklagt, unbestattet lassen, den Vögeln ein begehrter Vorrat, wenn sie ihn sehen, zu willkommenem Fraß«.","PeriodicalId":111007,"journal":{"name":"Judith Butler und die Theologie","volume":"38 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-12-31","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"122833055","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2020-12-31DOI: 10.14361/9783839447420-009
W. Schaupp
Judith Butler legt eine auf Sprache als diskursiver Macht beruhende Sozialisationstheorie des Subjekts vor. Das reflexive »Ich« des konkreten Subjekts bildet sich durch seiner Entstehung vorgängige »Anrufungen«. In ihnen trifft die Macht der sozial dominanten Sprache auf den Körper, dringt in ihn ein und bringt das Subjekt in den Möglichkeitsbedingungen seiner Weltwahrnehmung und seines Selbstverständnisses hervor. Als diskursive »Anfangsbedingungen« sind sie im Subjekt noch vor jeder Bewusstwerdung und jeglicher sprachlichen Artikulation durch das Subjekt präsent und begrenzen den Rahmen, innerhalb dessen sich das Subjekt auf der Bühne der sozialen Öffentlichkeit zu präsentieren und hier Anerkennung zu finden vermag. In seinem Streben nach vorbehaltloser Anerkennung bleibt es im Gefängnis der verfügbaren sprachlichen Begriffe und Identitäten stecken. Die diskursive Hervorbringung des Subjekts ist gleichzeitig weder unfehlbar noch zeitlich endgültig. Die »Anrufungen« scheitern immer wieder, sodass ihr Effekt im Subjekt nie vollständig vorhersehbar ist. Darüber hinaus kommt es im Rahmen der ständig notwendigen Wiederholungen und körperlichen Reinszenierungen der sprachlichen Strukturen zu Verschiebungen und Brüchen in deren Bedeutungsgefüge. Das Subjekt kann so in Widerstand zu den Machtstrukturen geraten, die es konstituiert haben, was in einen Konflikt führt, weil das Subjekt die entsprechenden Identitätszuschreibungen ja benötigt, um in der Gesellschaft als Subjekt wahrgenommen und anerkannt werden zu können. Der Prozess der performativen Konstitution von Wirklichkeit, von Identität, durch die Sprache ist begleitet durch die Hervorbringung eines sprachlich unverfügbaren »Außen« des jeweils Benennbaren und Benannten. Die Macht der Spra-
{"title":"Judith Butler – Herausforderungen aus der Sicht einer theologischen Ethik","authors":"W. Schaupp","doi":"10.14361/9783839447420-009","DOIUrl":"https://doi.org/10.14361/9783839447420-009","url":null,"abstract":"Judith Butler legt eine auf Sprache als diskursiver Macht beruhende Sozialisationstheorie des Subjekts vor. Das reflexive »Ich« des konkreten Subjekts bildet sich durch seiner Entstehung vorgängige »Anrufungen«. In ihnen trifft die Macht der sozial dominanten Sprache auf den Körper, dringt in ihn ein und bringt das Subjekt in den Möglichkeitsbedingungen seiner Weltwahrnehmung und seines Selbstverständnisses hervor. Als diskursive »Anfangsbedingungen« sind sie im Subjekt noch vor jeder Bewusstwerdung und jeglicher sprachlichen Artikulation durch das Subjekt präsent und begrenzen den Rahmen, innerhalb dessen sich das Subjekt auf der Bühne der sozialen Öffentlichkeit zu präsentieren und hier Anerkennung zu finden vermag. In seinem Streben nach vorbehaltloser Anerkennung bleibt es im Gefängnis der verfügbaren sprachlichen Begriffe und Identitäten stecken. Die diskursive Hervorbringung des Subjekts ist gleichzeitig weder unfehlbar noch zeitlich endgültig. Die »Anrufungen« scheitern immer wieder, sodass ihr Effekt im Subjekt nie vollständig vorhersehbar ist. Darüber hinaus kommt es im Rahmen der ständig notwendigen Wiederholungen und körperlichen Reinszenierungen der sprachlichen Strukturen zu Verschiebungen und Brüchen in deren Bedeutungsgefüge. Das Subjekt kann so in Widerstand zu den Machtstrukturen geraten, die es konstituiert haben, was in einen Konflikt führt, weil das Subjekt die entsprechenden Identitätszuschreibungen ja benötigt, um in der Gesellschaft als Subjekt wahrgenommen und anerkannt werden zu können. Der Prozess der performativen Konstitution von Wirklichkeit, von Identität, durch die Sprache ist begleitet durch die Hervorbringung eines sprachlich unverfügbaren »Außen« des jeweils Benennbaren und Benannten. Die Macht der Spra-","PeriodicalId":111007,"journal":{"name":"Judith Butler und die Theologie","volume":"109 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-12-31","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"125267579","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2020-12-31DOI: 10.14361/9783839447420-010
A. Riedl
{"title":"Das Gegebene als Maß des Möglichen zurückweisen","authors":"A. Riedl","doi":"10.14361/9783839447420-010","DOIUrl":"https://doi.org/10.14361/9783839447420-010","url":null,"abstract":"","PeriodicalId":111007,"journal":{"name":"Judith Butler und die Theologie","volume":"17 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-12-31","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"115241033","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2013-05-29DOI: 10.3726/978-3-653-03390-8/15
Nina Oelkers
{"title":"Verzeichnis der Autorinnen und Autoren","authors":"Nina Oelkers","doi":"10.3726/978-3-653-03390-8/15","DOIUrl":"https://doi.org/10.3726/978-3-653-03390-8/15","url":null,"abstract":"","PeriodicalId":111007,"journal":{"name":"Judith Butler und die Theologie","volume":"40 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2013-05-29","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"127532630","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}