Die zweitägige Konferenz im November 2020 befasste sich mit der formalen wie informellen Bildungsteilhabe geflüchteter Kinder und Jugendlicher vor dem Hintergrund der bestehenden COVID-19-Pandemie. Die von Ellen Kollender und Joanna Krzemińska als Fellows des Istanbul Policy Center (IPC) organisierte Tagung rückte in prägnanter Weise aktuelle Problemlagen in den Fokus, die das Jahr 2020 prägten und von der Kommentatorin Anna Carastathis zusammenfassend als Kapitalismus-, Klima-, Flüchtlings-, Grenzund schließlich Pandemie-Krisen benannt wurden. Der Mehrwert der Tagung lag jedoch nicht nur in der Aktualität des verhandelten Themas, sondern vielmehr in der stringenten Diskussion der Verknüpfungen von Strukturen, die Ungleichheiten (re‐)produzieren und von denen insbesondere bereits marginalisierte Personen – wie geflüchtete Kinder und Jugendliche – in spezifischer Weise betroffen sein können. Indem theoretische Inputs systematisch mit konkreten Praxiserfahrungen aus Menschenrechtsprojekten verbunden und kontrastiert wurden, ergaben sich produktive Diskussionszusammenhänge. Die etwa 200 Teilnehmenden der Konferenz konnten in vier themenzentrierten Panels insgesamt sechzehn Beiträge verfolgen und sich in den anschließenden Diskussionen einbringen. So wurde nicht nur ein ergiebiger Austausch zwischen Wissenschaftler:innen, Mitarbeitenden verschiedener NGOs und Personen aus der Zivilgesellschaft angeregt, sondern das Online-Format ermöglichte auch einen thematisch gebotenen Wissenstransfer über Ländergrenzen hinweg. Eröffnet wurde die Tagung mit einem Panel zu der Frage, inwiefern in der CoronaPandemie neue Grenzziehungen zu beobachten sind – wie bspw. die Schließung und Manifestierung nationalstaatlicher Grenzen oder die diskursive Erzeugung und Abgrenzung ‚der Anderen‘ – und welche Folgen diese für die Bildungssituation von Geflüchteten haben. Neben Beiträgen u. a. von der Direktorin des Institute of Race Relations (London), Liz Fekete, referierte der Journalist Zekria Farzad, der auf der Flucht aus Afghanistan mit seiner Familie über ein Jahr im Flüchtlingslager Moria lebte, über eine von Geflüchteten im Camp etablierte Schule, welche – trotz massiver anfänglicher Widerstände zuständiger Behörden – schließlich 2700 Schüler:innen erstmals innerhalb der Camp-Strukturen Zugang zu formaler Bildung ermöglichte. Farzad problematisierte, dass in Flüchtlingslagern innerhalb europäischer Grenzen das Recht auf Bildung systematisch unterminiert wird und schulische Bildungsangebote darüber hinaus besonders von behördlichen Restriktionen sowie massiven Einschränkungen während der Pandemie betroffen sind. So wurde die Schule in Moria –wie auch
{"title":"Tagungsbericht: Exploring Intersectionality – Building Solidarity across EU-Turkey Borders. Inclusive Education in Times of Forces Migration and COVID-19. Digitale Tagung. 11.-12.11.2020, IPC-Sabancı University-Stiftung Mercator Initiative, Sabancı University, Istanbul.","authors":"Judith Jording","doi":"10.3224/zem.v1i1.08","DOIUrl":"https://doi.org/10.3224/zem.v1i1.08","url":null,"abstract":"Die zweitägige Konferenz im November 2020 befasste sich mit der formalen wie informellen Bildungsteilhabe geflüchteter Kinder und Jugendlicher vor dem Hintergrund der bestehenden COVID-19-Pandemie. Die von Ellen Kollender und Joanna Krzemińska als Fellows des Istanbul Policy Center (IPC) organisierte Tagung rückte in prägnanter Weise aktuelle Problemlagen in den Fokus, die das Jahr 2020 prägten und von der Kommentatorin Anna Carastathis zusammenfassend als Kapitalismus-, Klima-, Flüchtlings-, Grenzund schließlich Pandemie-Krisen benannt wurden. Der Mehrwert der Tagung lag jedoch nicht nur in der Aktualität des verhandelten Themas, sondern vielmehr in der stringenten Diskussion der Verknüpfungen von Strukturen, die Ungleichheiten (re‐)produzieren und von denen insbesondere bereits marginalisierte Personen – wie geflüchtete Kinder und Jugendliche – in spezifischer Weise betroffen sein können. Indem theoretische Inputs systematisch mit konkreten Praxiserfahrungen aus Menschenrechtsprojekten verbunden und kontrastiert wurden, ergaben sich produktive Diskussionszusammenhänge. Die etwa 200 Teilnehmenden der Konferenz konnten in vier themenzentrierten Panels insgesamt sechzehn Beiträge verfolgen und sich in den anschließenden Diskussionen einbringen. So wurde nicht nur ein ergiebiger Austausch zwischen Wissenschaftler:innen, Mitarbeitenden verschiedener NGOs und Personen aus der Zivilgesellschaft angeregt, sondern das Online-Format ermöglichte auch einen thematisch gebotenen Wissenstransfer über Ländergrenzen hinweg. Eröffnet wurde die Tagung mit einem Panel zu der Frage, inwiefern in der CoronaPandemie neue Grenzziehungen zu beobachten sind – wie bspw. die Schließung und Manifestierung nationalstaatlicher Grenzen oder die diskursive Erzeugung und Abgrenzung ‚der Anderen‘ – und welche Folgen diese für die Bildungssituation von Geflüchteten haben. Neben Beiträgen u. a. von der Direktorin des Institute of Race Relations (London), Liz Fekete, referierte der Journalist Zekria Farzad, der auf der Flucht aus Afghanistan mit seiner Familie über ein Jahr im Flüchtlingslager Moria lebte, über eine von Geflüchteten im Camp etablierte Schule, welche – trotz massiver anfänglicher Widerstände zuständiger Behörden – schließlich 2700 Schüler:innen erstmals innerhalb der Camp-Strukturen Zugang zu formaler Bildung ermöglichte. Farzad problematisierte, dass in Flüchtlingslagern innerhalb europäischer Grenzen das Recht auf Bildung systematisch unterminiert wird und schulische Bildungsangebote darüber hinaus besonders von behördlichen Restriktionen sowie massiven Einschränkungen während der Pandemie betroffen sind. So wurde die Schule in Moria –wie auch","PeriodicalId":365522,"journal":{"name":"Zeitschrift für erziehungswissenschaftliche Migrationsforschung (ZeM)","volume":null,"pages":null},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2022-04-22","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"120873365","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Der Beitrag präsentiert Ergebnisse einer diskurstheoretisch informierten Analyse der Bildungsprogramme und -projekte sowie (Selbst-)Verständnisse (inter-)nationaler (Nichtregierungs-)Organisationen, die im Kontext des ‚EU-Türkei-Deals‘ entstanden sind. Mit Fokus auf den türkischen Bildungsraum wird nachvollzogen, dass und wie sich die Organisationen an Logiken einer New Educational Governance orientieren, die sich im Zuge neoliberaler Transformationsprozesse und hiermit verschwimmender Grenzen zwischen Staat, Markt und Zivilgesellschaft in den letzten Jahrzehnten herausgebildet haben. Diese Orientierung zeigt sich u. a. im Bestreben der Organisationen, ‚Partnerschaften‘ mit dem Privatsektor einzugehen, dabei Bildungsprojekte an den Interessen des (Arbeits-)Marktes auszurichten sowie einer starken Output- und Evidenzorientierung der Akteur:innen. Diese Eingebundenheit ins internationale Bildungsregime kann nicht nur der Bildung solidarischer Bündnisse im Feld von Flucht und Bildung entgegenlaufen; sie prägt auch Bildungs- und Zielgruppenverständnisse, die subtilen (Bildungs-)Ausschlüssen von ‚geflüchteten Kindern und Jugendlichen‘ Vorschub leisten – von den Akteur:innen jedoch nicht unhinterfragt bleiben.
{"title":"„Es ist eher so, dass wir miteinander konkurrieren“: Außerschulische Bildungsprojekte für ‚Geflüchtete‘ im Kontext von ‚EU-Türkei-Deal‘ und New Educational Governance","authors":"Ellen Kollender","doi":"10.3224/zem.v1i1.03","DOIUrl":"https://doi.org/10.3224/zem.v1i1.03","url":null,"abstract":"Der Beitrag präsentiert Ergebnisse einer diskurstheoretisch informierten Analyse der Bildungsprogramme und -projekte sowie (Selbst-)Verständnisse (inter-)nationaler (Nichtregierungs-)Organisationen, die im Kontext des ‚EU-Türkei-Deals‘ entstanden sind. Mit Fokus auf den türkischen Bildungsraum wird nachvollzogen, dass und wie sich die Organisationen an Logiken einer New Educational Governance orientieren, die sich im Zuge neoliberaler Transformationsprozesse und hiermit verschwimmender Grenzen zwischen Staat, Markt und Zivilgesellschaft in den letzten Jahrzehnten herausgebildet haben. Diese Orientierung zeigt sich u. a. im Bestreben der Organisationen, ‚Partnerschaften‘ mit dem Privatsektor einzugehen, dabei Bildungsprojekte an den Interessen des (Arbeits-)Marktes auszurichten sowie einer starken Output- und Evidenzorientierung der Akteur:innen. Diese Eingebundenheit ins internationale Bildungsregime kann nicht nur der Bildung solidarischer Bündnisse im Feld von Flucht und Bildung entgegenlaufen; sie prägt auch Bildungs- und Zielgruppenverständnisse, die subtilen (Bildungs-)Ausschlüssen von ‚geflüchteten Kindern und Jugendlichen‘ Vorschub leisten – von den Akteur:innen jedoch nicht unhinterfragt bleiben.","PeriodicalId":365522,"journal":{"name":"Zeitschrift für erziehungswissenschaftliche Migrationsforschung (ZeM)","volume":null,"pages":null},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2022-04-22","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"129566491","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Kourabas, Veronika (2021): Die Anderen ge-brauchen – Eine rassismustheoretische Analyse von ‚Gastarbeit‘ im migrationsgesellschaftlichen Deutschland. Bielefeld: transcript.","authors":"Mai-Anh Boger","doi":"10.3224/zem.v1i1.07","DOIUrl":"https://doi.org/10.3224/zem.v1i1.07","url":null,"abstract":"","PeriodicalId":365522,"journal":{"name":"Zeitschrift für erziehungswissenschaftliche Migrationsforschung (ZeM)","volume":null,"pages":null},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2022-04-22","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"127113580","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Der Beitrag zeigt auf Basis einer explorativen qualitativen Fallstudie, dass die schulische Inklusion geflüchteter/neu migrierter Schüler:innen in lokalen Schulsystemen mit Mechanismen organisationaler Schließung einhergeht, die dazu führen, dass der Zugang zu höheren Bildungsgängen strukturell blockiert wird. Die beobachtungstheoretisch fundierte Analyseperspektive arbeitet die zentrale Funktion der polykontexturalen Konstitution von Legitimität im Rahmen schulorganisatorischer Entscheidungsprozesse heraus und kommt zu dem generalisierenden Befund, dass das Klassifikationsschema ‚Flucht‘ dabei insofern Regimecharakter annimmt, als es gruppenkonstituierende Schließungsprozesse im Bildungssystem generiert.
{"title":"‚Flucht‘ als Beobachtungsregime: Legitimation sozialer Schließung im Schulsystem","authors":"Marcus Emmerich, Ulrike Hormel","doi":"10.3224/zem.v1i1.04","DOIUrl":"https://doi.org/10.3224/zem.v1i1.04","url":null,"abstract":"Der Beitrag zeigt auf Basis einer explorativen qualitativen Fallstudie, dass die schulische Inklusion geflüchteter/neu migrierter Schüler:innen in lokalen Schulsystemen mit Mechanismen organisationaler Schließung einhergeht, die dazu führen, dass der Zugang zu höheren Bildungsgängen strukturell blockiert wird. Die beobachtungstheoretisch fundierte Analyseperspektive arbeitet die zentrale Funktion der polykontexturalen Konstitution von Legitimität im Rahmen schulorganisatorischer Entscheidungsprozesse heraus und kommt zu dem generalisierenden Befund, dass das Klassifikationsschema ‚Flucht‘ dabei insofern Regimecharakter annimmt, als es gruppenkonstituierende Schließungsprozesse im Bildungssystem generiert.","PeriodicalId":365522,"journal":{"name":"Zeitschrift für erziehungswissenschaftliche Migrationsforschung (ZeM)","volume":null,"pages":null},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2022-04-22","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"122877709","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Der vorliegende Beitrag reflektiert Widersprüche sozialarbeitswissenschaftlicher Theoriebildung im Handlungsfeld Flucht. Diese sind in hohem Maße durch die asyl- und aufenthaltsrechtlichen Vorgaben des Feldes geprägt. Die These des Beitrags ist, dass die Sozialarbeitswissenschaft dies Vorgaben zu den eigenen (Interpretations-)Bedingungen affirmiert und so auch gesellschaftliche Widersprüche und Zuschreibungsprozesse fortgeschrieben werden. Die Verlaufsformen dieser fluchtspezifischen Widersprüche in den Theorien Sozialer Arbeit und die Grenzen normativer Fluchtpunkte in sozialarbeitswissenschaftlicher Theoriebildung thematisiert der vorliegende Artikel.
{"title":"Fluchtspezifische Paradoxien sozialarbeitswissenschaftlicher Theoriebildung – Die Wissenschaft Sozialer Arbeit zwischen Herrschaftskritik und einem Modus der Selbstvergewisserung","authors":"Kristin Goetze","doi":"10.3224/zem.v1i1.06","DOIUrl":"https://doi.org/10.3224/zem.v1i1.06","url":null,"abstract":"Der vorliegende Beitrag reflektiert Widersprüche sozialarbeitswissenschaftlicher Theoriebildung im Handlungsfeld Flucht. Diese sind in hohem Maße durch die asyl- und aufenthaltsrechtlichen Vorgaben des Feldes geprägt. Die These des Beitrags ist, dass die Sozialarbeitswissenschaft dies Vorgaben zu den eigenen (Interpretations-)Bedingungen affirmiert und so auch gesellschaftliche Widersprüche und Zuschreibungsprozesse fortgeschrieben werden. Die Verlaufsformen dieser fluchtspezifischen Widersprüche in den Theorien Sozialer Arbeit und die Grenzen normativer Fluchtpunkte in sozialarbeitswissenschaftlicher Theoriebildung thematisiert der vorliegende Artikel.","PeriodicalId":365522,"journal":{"name":"Zeitschrift für erziehungswissenschaftliche Migrationsforschung (ZeM)","volume":null,"pages":null},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2022-04-22","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"129779128","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Die Flucht- und Flüchtlingsforschung hat sich inzwischen auch in Deutschland als ein eigenständiges, interdisziplinär ausgerichtetes Forschungsfeld etabliert. Im Folgenden wird dargestellt, dass die Bestimmung des Forschungsgegenstandes theoretisch voraussetzungsvoll ist und nicht durch eine schlichte Übernahme politischer und rechtlicher Unterscheidungen von Flüchtlingen und anderen Migrant:innen erfolgen kann. Aufgezeigt wird vor diesem Hintergrund die Perspektive einer reflexiven Flucht- und Flüchtlingsforschung sowie deren Implikationen für die Erziehungswissenschaft. Akzentuiert wird dabei, dass es erforderlich ist, Distanz zu politischen und moralischen Aufladungen der Thematik einzunehmen sowie zwischen Strukturproblemen des Bildungs- und Erziehungssystems bzw. der Sozialen Arbeit einerseits und andererseits den besonderen Anforderungen zu unterscheiden, die tatsächlich oder vermeintlich aus den Biografien und den Lebenslagen von Flüchtlingen resultieren.
{"title":"Forschung über Flucht und Flüchtlinge: Gegenstandsbestimmung, methodologische Herausforderungen und Rückfragen an das Selbstverständnis der Erziehungswissenschaft","authors":"A. Scherr","doi":"10.3224/zem.v1i1.02","DOIUrl":"https://doi.org/10.3224/zem.v1i1.02","url":null,"abstract":"Die Flucht- und Flüchtlingsforschung hat sich inzwischen auch in Deutschland als ein eigenständiges, interdisziplinär ausgerichtetes Forschungsfeld etabliert. Im Folgenden wird dargestellt, dass die Bestimmung des Forschungsgegenstandes theoretisch voraussetzungsvoll ist und nicht durch eine schlichte Übernahme politischer und rechtlicher Unterscheidungen von Flüchtlingen und anderen Migrant:innen erfolgen kann. Aufgezeigt wird vor diesem Hintergrund die Perspektive einer reflexiven Flucht- und Flüchtlingsforschung sowie deren Implikationen für die Erziehungswissenschaft. Akzentuiert wird dabei, dass es erforderlich ist, Distanz zu politischen und moralischen Aufladungen der Thematik einzunehmen sowie zwischen Strukturproblemen des Bildungs- und Erziehungssystems bzw. der Sozialen Arbeit einerseits und andererseits den besonderen Anforderungen zu unterscheiden, die tatsächlich oder vermeintlich aus den Biografien und den Lebenslagen von Flüchtlingen resultieren.","PeriodicalId":365522,"journal":{"name":"Zeitschrift für erziehungswissenschaftliche Migrationsforschung (ZeM)","volume":null,"pages":null},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2022-04-22","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"129300940","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Der Fluchtweg und dessen Erzählung ist ein noch wenig erforschtes Feld. Basierend auf problemzentrierten Interviews mit Geflüchteten und teilnehmenden Beobachtungen von Asylberatungen geht der Beitrag der Untersuchung von Fluchtnarrationen und den Thematisierungen des Fluchtweges in der sozialpädagogischen Beratung nach. Die Analysen geben nicht nur Aufschluss darüber, was bzw. wie über ‚die Flucht‘ berichtet wird, sondern offenbaren darüber hinaus, dass sozialpädagogische Berater:innen, ebenso wie weitere Akteur:innen, an diesen Narrationen beteiligt sind. Theoretisch durch den von Bruno Latour herausgearbeiteten Begriff der Zirkulation gerahmt, folgen wir den Verschiebungen der Fluchtnarrationen, die nicht nur zwischen Professionellen und Adressat:innen zirkulieren; vielmehr treten auch verschiedene nicht-menschliche Akteure, Institutionen sowie die untersuchenden Wissenschaftler:innen selbst als Akteur:innen in Erscheinung, welche die Bedeutung der migration journeys bearbeiten, übersetzen und verändern. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf die Reflexion der eigenen Eingebundenheit von Forschenden in solchen Zirkulationsprozessen sowie bezüglich der Relevanz einer Weiterführung solcher Untersuchungen diskutiert.
{"title":"Die Zirkulation von Fluchtnarrationen. Über die Erzählungen von Fluchtwegen und deren Thematisierung in sozialpädagogischen Beratungskontexten","authors":"Jana Posmek, Pascal Bastian","doi":"10.3224/zem.v1i1.05","DOIUrl":"https://doi.org/10.3224/zem.v1i1.05","url":null,"abstract":"Der Fluchtweg und dessen Erzählung ist ein noch wenig erforschtes Feld. Basierend auf problemzentrierten Interviews mit Geflüchteten und teilnehmenden Beobachtungen von Asylberatungen geht der Beitrag der Untersuchung von Fluchtnarrationen und den Thematisierungen des Fluchtweges in der sozialpädagogischen Beratung nach. Die Analysen geben nicht nur Aufschluss darüber, was bzw. wie über ‚die Flucht‘ berichtet wird, sondern offenbaren darüber hinaus, dass sozialpädagogische Berater:innen, ebenso wie weitere Akteur:innen, an diesen Narrationen beteiligt sind. Theoretisch durch den von Bruno Latour herausgearbeiteten Begriff der Zirkulation gerahmt, folgen wir den Verschiebungen der Fluchtnarrationen, die nicht nur zwischen Professionellen und Adressat:innen zirkulieren; vielmehr treten auch verschiedene nicht-menschliche Akteure, Institutionen sowie die untersuchenden Wissenschaftler:innen selbst als Akteur:innen in Erscheinung, welche die Bedeutung der migration journeys bearbeiten, übersetzen und verändern. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf die Reflexion der eigenen Eingebundenheit von Forschenden in solchen Zirkulationsprozessen sowie bezüglich der Relevanz einer Weiterführung solcher Untersuchungen diskutiert.","PeriodicalId":365522,"journal":{"name":"Zeitschrift für erziehungswissenschaftliche Migrationsforschung (ZeM)","volume":null,"pages":null},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2022-04-22","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"129474654","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Kindheit und Migration: Theoretische Perspektiven und empirische Befunde Kinder und Kindheit als Gegenstand der Migrationsforschung","authors":"Christine Hunner-Kreisel","doi":"10.2307/j.ctvdf02mw.16","DOIUrl":"https://doi.org/10.2307/j.ctvdf02mw.16","url":null,"abstract":"","PeriodicalId":365522,"journal":{"name":"Zeitschrift für erziehungswissenschaftliche Migrationsforschung (ZeM)","volume":null,"pages":null},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2017-04-24","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"130779757","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}