Pub Date : 2008-01-31DOI: 10.14361/9783839408599-006
Malte Brinkmann
Ein Blick in die Geschichte pädagogischen Denkens und Handelns zeigt, dass Übung die pädagogische Technik par excellence darstellt, Haltungen wie Disziplin, Selbstkontrolle, Charakterund Willensstärke und damit Fähigkeiten wie Konzentration, Ordnung, Geduld zu lernen (vgl. Brinkmann 2008). Von den ältesten Zeugnissen des indischen Yoga über die zenbuddhistischen Meditationsübungen, über die asketischen und geistigen Übungen in der Antike, die mittelalterlichen Exerzitien der Mönche und Mystiker bis hin zu den „Meditationen“ Descartes’ und der Aufnahme dieses Themas durch Husserl sowie zu Nietzsches Übungen der Stil-Gebung (vgl. Nietzsche 1988: 230) reiht sich eine lange Kette religiös-kultischer und philosophischer Praxis der Übung. Unter den Titeln „Lebensart“ bzw. „Lebenskunst“ sind Übungen der Stilund Formgebung heute aktueller denn je (vgl. Schmid 2004). Aus pädagogischer Perspektive lässt sich sagen: Geübt wird nicht, um etwas zu wissen, sondern vor allem, um etwas zu können. Das Können, das im Üben erworben wird, ist zunächst ein doppeltes: „Etwas Ausführenund SichFühren-Können“ (Menke 2003: 286). Die Aufgabe des Pädagogen besteht darin, das Sich-Führen-Können anzuleiten im Modus der Fremdführung. Die
{"title":"Über-sich-selbst-siegen und Sein-Leben-ordnen. Pädagogische Anmerkungen zu Macht, Anthropologie und Didaktik in den Geistlichen Übungen von Ignatius von Loyola","authors":"Malte Brinkmann","doi":"10.14361/9783839408599-006","DOIUrl":"https://doi.org/10.14361/9783839408599-006","url":null,"abstract":"Ein Blick in die Geschichte pädagogischen Denkens und Handelns zeigt, dass Übung die pädagogische Technik par excellence darstellt, Haltungen wie Disziplin, Selbstkontrolle, Charakterund Willensstärke und damit Fähigkeiten wie Konzentration, Ordnung, Geduld zu lernen (vgl. Brinkmann 2008). Von den ältesten Zeugnissen des indischen Yoga über die zenbuddhistischen Meditationsübungen, über die asketischen und geistigen Übungen in der Antike, die mittelalterlichen Exerzitien der Mönche und Mystiker bis hin zu den „Meditationen“ Descartes’ und der Aufnahme dieses Themas durch Husserl sowie zu Nietzsches Übungen der Stil-Gebung (vgl. Nietzsche 1988: 230) reiht sich eine lange Kette religiös-kultischer und philosophischer Praxis der Übung. Unter den Titeln „Lebensart“ bzw. „Lebenskunst“ sind Übungen der Stilund Formgebung heute aktueller denn je (vgl. Schmid 2004). Aus pädagogischer Perspektive lässt sich sagen: Geübt wird nicht, um etwas zu wissen, sondern vor allem, um etwas zu können. Das Können, das im Üben erworben wird, ist zunächst ein doppeltes: „Etwas Ausführenund SichFühren-Können“ (Menke 2003: 286). Die Aufgabe des Pädagogen besteht darin, das Sich-Führen-Können anzuleiten im Modus der Fremdführung. Die","PeriodicalId":385080,"journal":{"name":"Bildende Widerstände - widerständige Bildung","volume":"62 19 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2008-01-31","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"127414736","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2008-01-31DOI: 10.14361/9783839408599-007
Roswitha Lehmann-Rommel
Seit Beginn des neuzeitlichen Denkens markiert der Begriff des Experiments eine wesentliche Schnittstelle zwischen Denken und Handeln, Theorie und Praxis. Neben einem technischen Verständnis von ‚Experiment‘ gibt es – u.a. bei Kant, Nietzsche, im Pragmatismus und bei Foucault eine philosophische Tradition des Experimentellen mit weit reichenden epistemologiekritischen Grundzügen. Kant führt in die Pädagogik den Gedanken ein, dass es dem Experimentieren vorbehalten bleibt, Prinzipien und Mechanismus, Idee und Handeln miteinander zu vermitteln. Erst ideengeleitetes Experimentieren ermöglicht nach Kant, dass Erziehung nicht immer nur in den routinisierten, determinierten Bahnen der ‚erzogenen Erzieher‘ sich bewegt, sondern dass es eine Hoffnung gibt, in ‚Richtung auf die Idee der Vollkommenheit des Menschen hin zu erziehen‘. „Man bildet sich zwar insgemein ein, dass man schon aus der Vernunft urteilen könne, ob etwas gut, oder nicht gut sein werde. Man irret hierin aber sehr“ (Kant Päd: 708). Allein das Praktischwerden der Erziehungsidee durch prinzipiengeleitetes Experimentieren kann nach Kant die Unzulänglichkeiten sowohl theoretischen Räsonnierens als auch akkumulierten Handlungswissens überwinden. Dewey radikalisiert diesen Gedanken und betont die Notwendigkeit, gewohnte Denkbahnen im Experiment zu überschreiten. Während nach Dewey
{"title":"Experimentelle Erfahrung – eine Alternative zum epistemologischen Repräsentationsmodell. Implikationen für erziehungswissenschaftliche Forschung und Bildungstheorie","authors":"Roswitha Lehmann-Rommel","doi":"10.14361/9783839408599-007","DOIUrl":"https://doi.org/10.14361/9783839408599-007","url":null,"abstract":"Seit Beginn des neuzeitlichen Denkens markiert der Begriff des Experiments eine wesentliche Schnittstelle zwischen Denken und Handeln, Theorie und Praxis. Neben einem technischen Verständnis von ‚Experiment‘ gibt es – u.a. bei Kant, Nietzsche, im Pragmatismus und bei Foucault eine philosophische Tradition des Experimentellen mit weit reichenden epistemologiekritischen Grundzügen. Kant führt in die Pädagogik den Gedanken ein, dass es dem Experimentieren vorbehalten bleibt, Prinzipien und Mechanismus, Idee und Handeln miteinander zu vermitteln. Erst ideengeleitetes Experimentieren ermöglicht nach Kant, dass Erziehung nicht immer nur in den routinisierten, determinierten Bahnen der ‚erzogenen Erzieher‘ sich bewegt, sondern dass es eine Hoffnung gibt, in ‚Richtung auf die Idee der Vollkommenheit des Menschen hin zu erziehen‘. „Man bildet sich zwar insgemein ein, dass man schon aus der Vernunft urteilen könne, ob etwas gut, oder nicht gut sein werde. Man irret hierin aber sehr“ (Kant Päd: 708). Allein das Praktischwerden der Erziehungsidee durch prinzipiengeleitetes Experimentieren kann nach Kant die Unzulänglichkeiten sowohl theoretischen Räsonnierens als auch akkumulierten Handlungswissens überwinden. Dewey radikalisiert diesen Gedanken und betont die Notwendigkeit, gewohnte Denkbahnen im Experiment zu überschreiten. Während nach Dewey","PeriodicalId":385080,"journal":{"name":"Bildende Widerstände - widerständige Bildung","volume":"68 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2008-01-31","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"127012057","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2008-01-31DOI: 10.14361/9783839408599-004
O. Krüger
{"title":"Die Grenze des Verstehens. Überlegungen zum Verhältnis von Ironie und Pädagogik","authors":"O. Krüger","doi":"10.14361/9783839408599-004","DOIUrl":"https://doi.org/10.14361/9783839408599-004","url":null,"abstract":"","PeriodicalId":385080,"journal":{"name":"Bildende Widerstände - widerständige Bildung","volume":"21 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2008-01-31","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"128840690","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}