Mit ihrer Kieler Dissertation reiht sich Verena Sauer in eine junge und innovative Reihe von Untersuchungen ein, die Methoden aus der traditionellen Dialektologie mit modernen Methoden derWahrnehmungsdialektologie kombinieren. Auch mit der Wahl ihres Untersuchungsgebietes behandelt sie ein noch junges Forschungsfeld: Studien zur Sprachdynamik in Grenzregionen sind zwar kein neues Thema in der Dialektologie, entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze sind sie aber erst wieder seit der Wiedervereinigung möglich. Dennoch sind auch nach 30 Jahren die Untersuchungen hierzu noch sehr überschaubar. Umso lobenswerter muss daher die Arbeit Sauers eingeschätzt werden, die detailliert und anhand einer breiten Datenbasis der Frage nachgeht, „ob sich die objektive Struktur der itzgründischen Sprachlandschaft infolge der politischen Teilung gewandelt hat und wie die Gewährspersonen (GPn) dies wahrnehmen“ (S. 2). Für die Darstellung der dialektgeographischen Struktur ihres Untersuchungsgebietes bedient sich die Autorin eines Real-Time-Vergleichs, für den sie ältere und neuere Dialektkorpora heranzieht. Anhand eines Apparent-Time-Vergleichs untersucht sie subjektive Daten, die sie durch eigene Fragebogenerhebungen und Hörerurteiltests gewonnen hat. Durch die Verknüpfung ihrer Erkenntnisse kommt sie zu dem Schluss, dass durch die ehemalige deutsch-deutsche Grenze im Itzgründischen keine neuen Dialektgrenzen entstanden sind und dieser Dialektraum, trotz jahrzehntelanger Isolation, homogen geblieben ist. Mit gegensätzlichen Zitaten aus den themenverwandten Arbeiten von Harnisch (2015) und Fritz-Scheuplein (2001) weckt die Autorin gleich zu Beginn von Kapitel 1, mit dem sie in die Fragestellung ihrer Untersuchung einführt, die Neugier des Lesers. Ausführlich widmet sich Sauer zunächst dem Begriff Raum (Kap. 1.2), indem sie Raumvorstellungen aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen erläutert und überprüft, in welchen Aspekten sie auf den Sprachraum übertragbar
{"title":"Verena Sauer. 2018. Dialektgrenzen – Grenzdialekte. Die Struktur der itzgründischen Dialektlandschaft an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze (Linguistik – Impulse & Tendenzen 78). Berlin/Boston: De Gruyter. 422 S.","authors":"Monika Fritz-Scheuplein","doi":"10.1515/zrs-2020-2046","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/zrs-2020-2046","url":null,"abstract":"Mit ihrer Kieler Dissertation reiht sich Verena Sauer in eine junge und innovative Reihe von Untersuchungen ein, die Methoden aus der traditionellen Dialektologie mit modernen Methoden derWahrnehmungsdialektologie kombinieren. Auch mit der Wahl ihres Untersuchungsgebietes behandelt sie ein noch junges Forschungsfeld: Studien zur Sprachdynamik in Grenzregionen sind zwar kein neues Thema in der Dialektologie, entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze sind sie aber erst wieder seit der Wiedervereinigung möglich. Dennoch sind auch nach 30 Jahren die Untersuchungen hierzu noch sehr überschaubar. Umso lobenswerter muss daher die Arbeit Sauers eingeschätzt werden, die detailliert und anhand einer breiten Datenbasis der Frage nachgeht, „ob sich die objektive Struktur der itzgründischen Sprachlandschaft infolge der politischen Teilung gewandelt hat und wie die Gewährspersonen (GPn) dies wahrnehmen“ (S. 2). Für die Darstellung der dialektgeographischen Struktur ihres Untersuchungsgebietes bedient sich die Autorin eines Real-Time-Vergleichs, für den sie ältere und neuere Dialektkorpora heranzieht. Anhand eines Apparent-Time-Vergleichs untersucht sie subjektive Daten, die sie durch eigene Fragebogenerhebungen und Hörerurteiltests gewonnen hat. Durch die Verknüpfung ihrer Erkenntnisse kommt sie zu dem Schluss, dass durch die ehemalige deutsch-deutsche Grenze im Itzgründischen keine neuen Dialektgrenzen entstanden sind und dieser Dialektraum, trotz jahrzehntelanger Isolation, homogen geblieben ist. Mit gegensätzlichen Zitaten aus den themenverwandten Arbeiten von Harnisch (2015) und Fritz-Scheuplein (2001) weckt die Autorin gleich zu Beginn von Kapitel 1, mit dem sie in die Fragestellung ihrer Untersuchung einführt, die Neugier des Lesers. Ausführlich widmet sich Sauer zunächst dem Begriff Raum (Kap. 1.2), indem sie Raumvorstellungen aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen erläutert und überprüft, in welchen Aspekten sie auf den Sprachraum übertragbar","PeriodicalId":32266,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Rezensionen zur Germanistischen Sprachwissenschaft","volume":"12 1","pages":"115 - 119"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-10-29","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/zrs-2020-2046","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"43702244","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
In ihrer 2018 publizierten Dissertation untersucht Sarah Brommer für deutsche wissenschaftliche Texte charakteristische lexikalische Muster. Um möglichst unvoreingenommen an ihre Fragestellung heranzugehen, wendet sie dabei eine induktive Methodologie an. Muster werden als textsortenspezifische und stilistische sprachliche Mittel aufgefasst, die disziplinspezifisch wie auch -übergreifend (im Sinne von Ehlichs „allgemeiner Wissenschaftssprache“, Ehlich 1999) die deutsche Wissenschaftssprache charakterisieren. Theorieund Methodenteil machen etwa die Hälfte des Umfangs der gesamten Arbeit aus, im empirischen Teil werden die Ergebnisse detailliert, aber trotzdem gut lesbar dargestellt. Die Arbeit endet mit einer theoretischen Einordnung der Resultate und einem Ausblick auf mögliche Anwendungsbereiche. Im ersten Abschnitt des Theorieteils diskutiert die Autorin das Konzept der „Wissenschaftssprache“. Hauptsächlich die deutschsprachige Forschungsliteratur rezipierend, plädiert sie für eine pragmatisch motivierte Differenzierung von wissenschaftlicher Kommunikation entlang eines Experten-Laien-Kontinuums sowie nach dem Grad der Formalität der Interaktionssituation. Diese Differenzierung erlaubt es, unterschiedliche Textsorten des Handlungsfeldes „Wissenschaft“ funktional voneinander zu unterscheiden. Relativ kurz werden danach die beiden Aspekte der disziplinund kulturspezifischen Varianz von Wissenschaftssprache behandelt. Während der letztere Bereich für die vorliegende Arbeit praktisch keine Relevanz hat (da es ja ausschließlich um deutschsprachige Texte geht), hätte die Frage der disziplinspezifischen Varianz von Wissenschaftssprache in einer Arbeit, in der Texte aus zwei sehr unterschiedlichen Disziplinen untersucht werden, eine ausführlichere Diskussion verdient. Meines Erachtens überbetont die Autorin die einheitliche Strukturierung des Kommunikationsverhaltens in der Wissenschaft zuungunsten der Berücksichtigung des engen Zusammenhangs zwischen rhetorischen Verfahren der Wissenschaftskommunikation und epistemologischen Grundlagen einzelner Disziplinen, wie sie etwa von VertreterInnen der „New Rhetoric“-Bewegung im nordamerikanischen Raum herausgearbeitet wurden (z. B. Berkenkotter & Huckin 1995). ZRS 2020; 12(1–2): 126–131
Sarah Brommer在2018年发表的论文中研究了德国科学文本的特征词汇模式。为了尽可能公正地处理她的问题,她采用了归纳法。模式被理解为特定于文本类型和风格的语言手段,特定学科和跨学科(按照埃利希的“科学通用语言”,埃利希1999)德语科学语言。理论和方法部分约占整个工作范围的一半,在经验部分,结果详细介绍,但仍然清晰可辨。论文最后对结果进行了理论分类,并对可能的应用领域进行了展望。在理论部分的第一部分,作者讨论了“科学语言”的概念她主张以实用主义为动机,沿着专家-外行的连续体,并根据互动情境的正式程度,对科学传播进行区分。这种区分使区分“科学”领域的不同类型文本成为可能。在相对较短的时间内,科学语言的学科和文化差异这两个方面得到了处理。而后一个领域实际上与本工作无关(因为它都是关于德语文本的)。在一部研究来自两个截然不同学科的文本的作品中,科学语言的学科差异问题值得更详细的讨论。在我看来,作者过分强调了科学传播行为的统一结构,而忽视了科学传播的修辞方法与各个学科的认识论基础之间的密切联系,正如北美“新修辞”运动的代表所阐述的那样(例如Berkenkotter,Huckin 1995)。ZRS 2020;12(1-2):126–131
{"title":"Sarah Brommer. 2018. Sprachliche Muster. Eine induktive korpuslinguistische Analyse wissenschaftlicher Texte (Empirische Linguistik/Empirical Linguistics Band 10). Berlin, Boston: de Gruyter. xvi, 423 S.","authors":"H. Gruber","doi":"10.1515/zrs-2020-2048","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/zrs-2020-2048","url":null,"abstract":"In ihrer 2018 publizierten Dissertation untersucht Sarah Brommer für deutsche wissenschaftliche Texte charakteristische lexikalische Muster. Um möglichst unvoreingenommen an ihre Fragestellung heranzugehen, wendet sie dabei eine induktive Methodologie an. Muster werden als textsortenspezifische und stilistische sprachliche Mittel aufgefasst, die disziplinspezifisch wie auch -übergreifend (im Sinne von Ehlichs „allgemeiner Wissenschaftssprache“, Ehlich 1999) die deutsche Wissenschaftssprache charakterisieren. Theorieund Methodenteil machen etwa die Hälfte des Umfangs der gesamten Arbeit aus, im empirischen Teil werden die Ergebnisse detailliert, aber trotzdem gut lesbar dargestellt. Die Arbeit endet mit einer theoretischen Einordnung der Resultate und einem Ausblick auf mögliche Anwendungsbereiche. Im ersten Abschnitt des Theorieteils diskutiert die Autorin das Konzept der „Wissenschaftssprache“. Hauptsächlich die deutschsprachige Forschungsliteratur rezipierend, plädiert sie für eine pragmatisch motivierte Differenzierung von wissenschaftlicher Kommunikation entlang eines Experten-Laien-Kontinuums sowie nach dem Grad der Formalität der Interaktionssituation. Diese Differenzierung erlaubt es, unterschiedliche Textsorten des Handlungsfeldes „Wissenschaft“ funktional voneinander zu unterscheiden. Relativ kurz werden danach die beiden Aspekte der disziplinund kulturspezifischen Varianz von Wissenschaftssprache behandelt. Während der letztere Bereich für die vorliegende Arbeit praktisch keine Relevanz hat (da es ja ausschließlich um deutschsprachige Texte geht), hätte die Frage der disziplinspezifischen Varianz von Wissenschaftssprache in einer Arbeit, in der Texte aus zwei sehr unterschiedlichen Disziplinen untersucht werden, eine ausführlichere Diskussion verdient. Meines Erachtens überbetont die Autorin die einheitliche Strukturierung des Kommunikationsverhaltens in der Wissenschaft zuungunsten der Berücksichtigung des engen Zusammenhangs zwischen rhetorischen Verfahren der Wissenschaftskommunikation und epistemologischen Grundlagen einzelner Disziplinen, wie sie etwa von VertreterInnen der „New Rhetoric“-Bewegung im nordamerikanischen Raum herausgearbeitet wurden (z. B. Berkenkotter & Huckin 1995). ZRS 2020; 12(1–2): 126–131","PeriodicalId":32266,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Rezensionen zur Germanistischen Sprachwissenschaft","volume":"12 1","pages":"126 - 131"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-10-29","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/zrs-2020-2048","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"45225661","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Der Haupttitel des Bandes Linguistik des Entscheidens markiert das Ziel, „eine Grundlegung für eine Linguistik des Entscheidens zu entwerfen“ (S. 5), die theoretische mit methodischen Grundlagen verbindet und empirisch überprüft. Der Zielstellung, „die kommunikative Praxis des Entscheidens linguistisch zu modellieren“ (S. 5), wird die Ausarbeitung voll und ganz gerecht. Als grundsätzliches Problem in diesem Vorhaben wird erkannt, „dass das Entscheiden durch wenige lexikalische Einheiten repräsentiert ist“ (S. 262) und sich auf der Ausdrucksseite nur in geringem Maße beobachten lässt. Die Verfasserin nimmt damit ernst, dass es sich bei einer Entscheidung um ein „momenthaftes Ereignis“ (Luhmann 1994: 276) handelt, das schwieriger zu beobachten ist als Objekte. In einem solchen Sinne geht Katharina Jacob vor, wenn sie nicht nur den kurzen Moment der Entscheidung in seiner sprachlichen Gefasstheit erkunden möchte, sondern „zusätzlich das kommunikative Davor und Danach untersucht“ (S. 4). Diese Erkenntnis führt konsequenterweise zu einer Konzeptualisierung des Entscheidens als Prozess, der sich aus einer Kette von Handlungen (Entscheidungsstränge) zusammenfügt. Die Differenz von Entscheidung und Entscheiden prägt theoretisches Verständnis wie empirische Vorgehensweise. Mit der das zweite Kapitel zur interdisziplinären und interdisziplinär praktizierten Entscheidungsforschung abschließenden Arbeitsdefinition zum Entscheiden wird den genannten Aspekten Rechnung getragen. Darin eingeschlossen werden die wichtigen Parameter, dass mit Entscheidungen Absichten verbunden sind, Entscheidungen kommunikativ und interaktional kollektiv verhandelt und in einzelnen Kommunikationssituationen beobachtet werden können. „Entscheiden wird hier definiert als ein Prozess, der mentale Vorgänge wie auch aktionale und interaktionale Dimensionen des Handelns umfasst und von kontextuellen Rahmenbedingungen bestimmt ist“ (S. 72). ZRS 2020; 12(1–2): 69–74
{"title":"Katharina Jacob. 2017. Linguistik des Entscheidens. Eine kommunikative Praxis in funktionalpragmatischer und diskurslinguistischer Perspektive. Berlin, Boston: De Gruyter. 489 S.","authors":"Christina Gansel","doi":"10.1515/zrs-2020-2040","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/zrs-2020-2040","url":null,"abstract":"Der Haupttitel des Bandes Linguistik des Entscheidens markiert das Ziel, „eine Grundlegung für eine Linguistik des Entscheidens zu entwerfen“ (S. 5), die theoretische mit methodischen Grundlagen verbindet und empirisch überprüft. Der Zielstellung, „die kommunikative Praxis des Entscheidens linguistisch zu modellieren“ (S. 5), wird die Ausarbeitung voll und ganz gerecht. Als grundsätzliches Problem in diesem Vorhaben wird erkannt, „dass das Entscheiden durch wenige lexikalische Einheiten repräsentiert ist“ (S. 262) und sich auf der Ausdrucksseite nur in geringem Maße beobachten lässt. Die Verfasserin nimmt damit ernst, dass es sich bei einer Entscheidung um ein „momenthaftes Ereignis“ (Luhmann 1994: 276) handelt, das schwieriger zu beobachten ist als Objekte. In einem solchen Sinne geht Katharina Jacob vor, wenn sie nicht nur den kurzen Moment der Entscheidung in seiner sprachlichen Gefasstheit erkunden möchte, sondern „zusätzlich das kommunikative Davor und Danach untersucht“ (S. 4). Diese Erkenntnis führt konsequenterweise zu einer Konzeptualisierung des Entscheidens als Prozess, der sich aus einer Kette von Handlungen (Entscheidungsstränge) zusammenfügt. Die Differenz von Entscheidung und Entscheiden prägt theoretisches Verständnis wie empirische Vorgehensweise. Mit der das zweite Kapitel zur interdisziplinären und interdisziplinär praktizierten Entscheidungsforschung abschließenden Arbeitsdefinition zum Entscheiden wird den genannten Aspekten Rechnung getragen. Darin eingeschlossen werden die wichtigen Parameter, dass mit Entscheidungen Absichten verbunden sind, Entscheidungen kommunikativ und interaktional kollektiv verhandelt und in einzelnen Kommunikationssituationen beobachtet werden können. „Entscheiden wird hier definiert als ein Prozess, der mentale Vorgänge wie auch aktionale und interaktionale Dimensionen des Handelns umfasst und von kontextuellen Rahmenbedingungen bestimmt ist“ (S. 72). ZRS 2020; 12(1–2): 69–74","PeriodicalId":32266,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Rezensionen zur Germanistischen Sprachwissenschaft","volume":"12 1","pages":"69 - 74"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-09-30","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/zrs-2020-2040","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"48445613","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Die Sprachsoziologie von Pierre Bourdieu wurde innerhalb der Sprachwissenschaft – im Kontrast zur Wirkung von Bourdieus soziologischemWerk in anderen Disziplinen – bislang wenig rezipiert. Mit dem Band Sprache liegt nun eine Zusammenstellung aus Wiederund Erstveröffentlichungen der deutschen Übersetzungen von Bourdieus zentralen sprachsoziologischen Texten vor, die alle in den späten 70er und frühen 80er Jahren entstanden sind. Diese Kanonisierung, die mit der Veröffentlichung in der bei Suhrkamp entstehenden Schriftenreihe einhergeht, ist ein guter Anlass, sich Bourdieus Sprachdenken noch einmal genauer anzuschauen. Was waren die Motive für diese soziologische ‚Einmischung‘ (S. 73) in die Sprachwissenschaft? Wie lässt sich Bourdieus sprachsoziologischer Ansatz kurz und knapp charakterisieren? Welche Schwächen und welche Anschlusspotenziale zeigen sich aus sprachwissenschaftlicher Sicht? Die Beantwortung dieser Fragen wird auch ein Licht auf die Rezeptionssituation werfen. Doch zunächst zum Aufbau des Bandes selbst. In Sprache sind diejenigen vier Texte von Bourdieu vereinigt, die sich in seinem ohnehin ‚sprachaffinen‘ Gesamtwerk als die am ehesten rein sprachsoziologischen Arbeiten ansehen lassen. Bourdieu hat sich immer wieder und in verschiedenen Zusammenhängen, insbesondere dort, wo er die Wirkungen symbolischer Gewalt analysierte, mit der Rolle von Sprache befasst. Sie war für ihn nie unabhängig von spezifischen sozialen Kontexten verstehbar. Daher ist eine solche Zusammenstellung nicht unproblematisch, wie auch die beiden Herausgeber in ihren editorischen Anmerkungen betonen, vor dem Hintergrund des Aufbaus der gesamten Schriftenreihe aber nachvollziehbar (ich komme am Ende noch einmal darauf zurück). Die ersten beiden Texte (Der Fetisch Sprache und Zur Ökonomie des sprachlichen Tauschs) sind deutsche Erstveröffentlichungen. Sie enthalten bereits alle zentralen Aspekte der Bourdieu’schen Sprachsoziologie, die im dritten Text, der erneut den Titel Zur Ökonomie des sprachlichen Tauschs trägt, leicht verändert wieder auftauchen. Dieser Aufsatz ist Bourdieus zentrale Darstellung seiner Sprachsoziologie. Er bildete den Kerntext der Monographie Ce que parler veut dire von 1982, die 1990 als Was heißt sprechen? ins Deutsche übersetzt wurde. Der vierte und kürzeste Text, Der sprachliche Markt, fasst wesentliche Gedanken Bourdieus ZRS 2020; 12(1–2): 62–68
到目前为止,皮埃尔·布迪厄的语言社会学在语言学中很少受到欢迎,这与布迪厄在其他学科的社会学工作形成了鲜明对比。《Sprache》一书现在汇集了布迪厄的中心语言社会学文本的德语译本,这些文本都写于70年代末和80年代初。这一经典化与苏尔坎普创作的系列出版物齐头并进,是一个深入研究布迪厄语言思想的好机会。语言学中这种社会学“干预”(第73页)的动机是什么?布迪厄的语言社会学方法如何用简洁的语言来描述?从语言学的角度来看,哪些弱点和潜在的联系是显而易见的?回答这些问题也将有助于了解接待情况。但首先是胶带本身的构造。布迪厄的四个文本在语言上是统一的,这可以被视为他已经“语言仿射”的作品中最纯粹的语言社会学作品。布迪厄多次谈到语言在各种背景下的作用,特别是在他分析象征性暴力的影响时。对他来说,独立于特定的社会背景是永远无法理解的。因此,正如两位编辑在编辑笔记中强调的那样,这样的汇编并非没有问题,而是在整个系列文章的结构背景下可以理解的(我最后会回到这一点)。前两个文本(Der Fetische Sprache和ZurÖkonomie des Sprachlichen Tauchs)是德国的第一份出版物。它们已经包含了布迪厄语言社会学的所有核心方面,这些方面在第三篇文章中略有改变,该文章的标题再次为“语言交流的经济”。这篇文章是布迪厄对其语言社会学的中心论述。它构成了1982年专著《谈判室》的核心文本,1990年专著《说话的意义是什么?被翻译成德语。第四篇也是最短的一篇,Der Sprachliche Markt,总结了布迪厄ZRS 2020的基本思想;12(1-2):62–68
{"title":"Pierre Bourdieu. 2017. Sprache. Schriften zur Kultursoziologie 1 (Pierre Bourdieu – Schriften: Band 9). Herausgegeben von Franz Schultheis & Stephan Egger. Aus dem Französischen von Hella Beister. Berlin: Suhrkamp. 257 S.","authors":"K. Schmidt","doi":"10.1515/zrs-2020-2039","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/zrs-2020-2039","url":null,"abstract":"Die Sprachsoziologie von Pierre Bourdieu wurde innerhalb der Sprachwissenschaft – im Kontrast zur Wirkung von Bourdieus soziologischemWerk in anderen Disziplinen – bislang wenig rezipiert. Mit dem Band Sprache liegt nun eine Zusammenstellung aus Wiederund Erstveröffentlichungen der deutschen Übersetzungen von Bourdieus zentralen sprachsoziologischen Texten vor, die alle in den späten 70er und frühen 80er Jahren entstanden sind. Diese Kanonisierung, die mit der Veröffentlichung in der bei Suhrkamp entstehenden Schriftenreihe einhergeht, ist ein guter Anlass, sich Bourdieus Sprachdenken noch einmal genauer anzuschauen. Was waren die Motive für diese soziologische ‚Einmischung‘ (S. 73) in die Sprachwissenschaft? Wie lässt sich Bourdieus sprachsoziologischer Ansatz kurz und knapp charakterisieren? Welche Schwächen und welche Anschlusspotenziale zeigen sich aus sprachwissenschaftlicher Sicht? Die Beantwortung dieser Fragen wird auch ein Licht auf die Rezeptionssituation werfen. Doch zunächst zum Aufbau des Bandes selbst. In Sprache sind diejenigen vier Texte von Bourdieu vereinigt, die sich in seinem ohnehin ‚sprachaffinen‘ Gesamtwerk als die am ehesten rein sprachsoziologischen Arbeiten ansehen lassen. Bourdieu hat sich immer wieder und in verschiedenen Zusammenhängen, insbesondere dort, wo er die Wirkungen symbolischer Gewalt analysierte, mit der Rolle von Sprache befasst. Sie war für ihn nie unabhängig von spezifischen sozialen Kontexten verstehbar. Daher ist eine solche Zusammenstellung nicht unproblematisch, wie auch die beiden Herausgeber in ihren editorischen Anmerkungen betonen, vor dem Hintergrund des Aufbaus der gesamten Schriftenreihe aber nachvollziehbar (ich komme am Ende noch einmal darauf zurück). Die ersten beiden Texte (Der Fetisch Sprache und Zur Ökonomie des sprachlichen Tauschs) sind deutsche Erstveröffentlichungen. Sie enthalten bereits alle zentralen Aspekte der Bourdieu’schen Sprachsoziologie, die im dritten Text, der erneut den Titel Zur Ökonomie des sprachlichen Tauschs trägt, leicht verändert wieder auftauchen. Dieser Aufsatz ist Bourdieus zentrale Darstellung seiner Sprachsoziologie. Er bildete den Kerntext der Monographie Ce que parler veut dire von 1982, die 1990 als Was heißt sprechen? ins Deutsche übersetzt wurde. Der vierte und kürzeste Text, Der sprachliche Markt, fasst wesentliche Gedanken Bourdieus ZRS 2020; 12(1–2): 62–68","PeriodicalId":32266,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Rezensionen zur Germanistischen Sprachwissenschaft","volume":"12 1","pages":"62 - 68"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-09-30","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/zrs-2020-2039","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"41368937","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Unter dem Titel Wissenswelt sucht die Verfasserin, gestützt auf das ‚Korpus historischer Texte des Deutschen‘, das Konzept ahd. triuwa/mhd. triuwe in seinen Verwendungsweisen darzustellen. „Für die Strukturierung und Visualisierung wird die diskurslinguistisch motivierte Frame-Semantik gewählt“ (S. 16). Diese erlaubt, ausgehend vom Einzelwort, eine Analyse auf allen formalen und inhaltlichen Ebenen des Sprachsystems (syntaktisch, textsortenbezogen, funktional, nach Akteuren, wortfeldbezogen) durchzuführen. Eine solche Untersuchung, die methodisch die historische Semantik auf eine neue Grundlage stellt, fehlte bisher. Sie gibt Einblicke in den Sprachgebrauch und erlaubt dem Literaturwissenschaftler die besondere ‚poetische‘ Verwendung vor dem Hintergrund zeitgenössischen Wissens einzuschätzen. Schultz-Balluff betritt mit ihrer Analyse des Materials im Rahmen der Frame-Theorie Neuland. Ihre Untersuchung eines differenzierten und in viele Bereiche ausstrahlenden Konzeptes wie triuwe kann sich nur auf eher triviale Vergleichsbeispiele (car usw.) stützen. Sie selbst sieht deshalb die Revisionsbedürftigkeit ihrer Ergebnisse voraus, die solch einem ersten Versuch anhaftet. Für den Literaturwissenschaftler sind weniger die syntaktischen Verbindungen, in denen triuwe auftritt, die Verbindung mit verschiedenen Präpositionen oder der Gebrauch in verschiedenen syntaktischen Funktionen von Interesse als die „Geltungsbereiche“ und „Themenfelder“. Sie treten in einer linguistischen Habilitationsschrift naturgemäß hinter sprachlichen Phänomen zurück. Die Verdienste der Arbeit in diesem ihrem genuinen disziplinären Bereich und insbesondere ihr theoretischer Grundriss sind nicht Gegenstand dieser Besprechung. Ein Problem ist vor allem die Extraktion des Konzepts triuwe aus mittelalterlichen Texten und die Bestimmung seines Bedeutungsumfangs. Während die Analyse von Einzelstellen im Allgemeinen überzeugt, ist die Differenzierung der Bedeutungsvielfalt problematisch. Schultz-Balluff fasst zu diesem Zweck Fälle
{"title":"Simone Schultz-Balluff. 2018. Wissenswelt ‚triuwe‘. Kollokationen – Semantisierung – Konzeptualisierung (Germanistische Bibliothek 59). Heidelberg: Winter, 434 S.","authors":"Jan-Dirk Müller","doi":"10.1515/zrs-2020-2038","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/zrs-2020-2038","url":null,"abstract":"Unter dem Titel Wissenswelt sucht die Verfasserin, gestützt auf das ‚Korpus historischer Texte des Deutschen‘, das Konzept ahd. triuwa/mhd. triuwe in seinen Verwendungsweisen darzustellen. „Für die Strukturierung und Visualisierung wird die diskurslinguistisch motivierte Frame-Semantik gewählt“ (S. 16). Diese erlaubt, ausgehend vom Einzelwort, eine Analyse auf allen formalen und inhaltlichen Ebenen des Sprachsystems (syntaktisch, textsortenbezogen, funktional, nach Akteuren, wortfeldbezogen) durchzuführen. Eine solche Untersuchung, die methodisch die historische Semantik auf eine neue Grundlage stellt, fehlte bisher. Sie gibt Einblicke in den Sprachgebrauch und erlaubt dem Literaturwissenschaftler die besondere ‚poetische‘ Verwendung vor dem Hintergrund zeitgenössischen Wissens einzuschätzen. Schultz-Balluff betritt mit ihrer Analyse des Materials im Rahmen der Frame-Theorie Neuland. Ihre Untersuchung eines differenzierten und in viele Bereiche ausstrahlenden Konzeptes wie triuwe kann sich nur auf eher triviale Vergleichsbeispiele (car usw.) stützen. Sie selbst sieht deshalb die Revisionsbedürftigkeit ihrer Ergebnisse voraus, die solch einem ersten Versuch anhaftet. Für den Literaturwissenschaftler sind weniger die syntaktischen Verbindungen, in denen triuwe auftritt, die Verbindung mit verschiedenen Präpositionen oder der Gebrauch in verschiedenen syntaktischen Funktionen von Interesse als die „Geltungsbereiche“ und „Themenfelder“. Sie treten in einer linguistischen Habilitationsschrift naturgemäß hinter sprachlichen Phänomen zurück. Die Verdienste der Arbeit in diesem ihrem genuinen disziplinären Bereich und insbesondere ihr theoretischer Grundriss sind nicht Gegenstand dieser Besprechung. Ein Problem ist vor allem die Extraktion des Konzepts triuwe aus mittelalterlichen Texten und die Bestimmung seines Bedeutungsumfangs. Während die Analyse von Einzelstellen im Allgemeinen überzeugt, ist die Differenzierung der Bedeutungsvielfalt problematisch. Schultz-Balluff fasst zu diesem Zweck Fälle","PeriodicalId":32266,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Rezensionen zur Germanistischen Sprachwissenschaft","volume":"12 1","pages":"57 - 61"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-08-12","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/zrs-2020-2038","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"43684321","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Anzuzeigen ist ein Werk, das die Chance hat, zu einem Standardwerk zu werden. Die Bochumer Habilitationsschrift von Simone Schultz-Balluff zielt nicht nur auf eine möglichst umfassende Darstellung der – wie schon länger bekannt ist und sich auch in den Untersuchungen des Bandes deutlich zeigt – ziemlich komplexen Semantik des Ausdrucks triuwe (in allen seinen lautlichen und graphematischen Varianten und Verwendungskontexten) in Texten der ahd. und mhd. Sprachepochen. Sie geht ihren Gegenstand auch mit einem innovativen Methoden-Setting an, das beispielgebend für viele weitere Studien werden könnte. Angesichts der großen Funktionsbreite der quellentextlichen Ausdrücke, die der Forschung und den Versuchen einer zusammenfassenden semantischen Beschreibung in der Vergangenheit schon immer erhebliche Probleme bereitet hat, ist es nur konsequent, wenn die Verfasserin ihre Arbeit mit Wissenswelt ‚triuwe‘ übertitelt, statt im Fach bislang eher übliche Betitelungen wie etwa „Zur historischen Semantik von triuwe“ oder „Begriffsgeschichte von triuwe“ zu wählen. Denn eines lehren die Ergebnisse der in diesem Werk reportierten Studien der Verfasserin: Dass die Verwendungsweisen von triuwe in den zugrundegelegten Quellen sich – trotz des Vorhandenseins einzelner gemeinsamer epistemischer Kernelemente – jeglichen Versuchen der Formulierung einer (in der diachronen Semantik des 19. und 20. Jahrhunderts von vielen favorisierten) einheitlichen oder Abstrakt-Bedeutung entziehen. Stattdessen, so argumentiert die Verfasserin überzeugend, muss es einer Tiefe und Breite zugleich anstrebenden Untersuchung darum gehen, die Verwendungsbreite und Vielfalt der triuwe-Ausdrücke in Hinblick auf alle wirksamen textfunktionalen und ‐situativen Faktoren in ihrem ganzen Umfang und ihrer Differenziertheit angemessen zu erfassen und darzustellen. Die Arbeit entstand in der sog. „Altgermanistik“, die mithin einem Teilfach der Germanistik angehört, deren Vertreterinnen und Vertretern man wohl nicht zu nahe tritt, wenn man konstatiert, dass sie in ihrer überwiegenden Mehrzahl dieses schon lange vornehmlich als Literaturwissenschaft (oder breiter als textbezogene Kulturwissenschaft) der älteren deutschen Sprachepochen begreifen. ZRS 2020; 12(1–2): 49–56
展示是一件有机会成为标准作品的作品。Simone Schultz-Balluff的Bochum habilitation论文不仅旨在最全面地展示ahd文本中表达triuwe的相当复杂的语义(在所有语音和图形变体以及使用上下文中)。和mhd。语言时代。它还以创新的方法设置来处理其主题,这可以作为许多其他研究的榜样。鉴于源文本表达的广泛功能,在过去的研究和总结语义描述的尝试中总是引起相当大的问题,作者将她的作品命名为“triuwe”是合乎逻辑的,而不是以前在该领域相当常见的标题,如“Zur historischen Semantik von triuwe”或“triuwe的概念史”一方面,作者在这部作品中报告的研究结果表明:尽管存在个别共同的认知核心元素,但triuwe在潜在来源中的使用方式与19的历时语义中提出a的任何尝试相矛盾。和20。在19世纪,许多人喜欢统一或抽象的含义。相反,作者令人信服地认为,一项同时着眼于深度和广度的调查必须旨在充分把握和呈现三种语言表达的广度和多样性,包括所有有效的语篇功能和情境因素。这件作品是在所谓的因此,它属于德语研究的一个子学科,如果说他们中的绝大多数人长期以来主要将其理解为旧德语时代的文学研究(或更广泛地说是与文本相关的文化研究),那么他们的代表人物可能不会太接近。
{"title":"Simone Schultz-Balluff. 2018. Wissenswelt ‚triuwe‘. Kollokationen – Semantisierung – Konzeptualisierung (Germanistische Bibliothek 59). Heidelberg: Winter, 434 S.","authors":"D. Busse","doi":"10.1515/zrs-2020-2037","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/zrs-2020-2037","url":null,"abstract":"Anzuzeigen ist ein Werk, das die Chance hat, zu einem Standardwerk zu werden. Die Bochumer Habilitationsschrift von Simone Schultz-Balluff zielt nicht nur auf eine möglichst umfassende Darstellung der – wie schon länger bekannt ist und sich auch in den Untersuchungen des Bandes deutlich zeigt – ziemlich komplexen Semantik des Ausdrucks triuwe (in allen seinen lautlichen und graphematischen Varianten und Verwendungskontexten) in Texten der ahd. und mhd. Sprachepochen. Sie geht ihren Gegenstand auch mit einem innovativen Methoden-Setting an, das beispielgebend für viele weitere Studien werden könnte. Angesichts der großen Funktionsbreite der quellentextlichen Ausdrücke, die der Forschung und den Versuchen einer zusammenfassenden semantischen Beschreibung in der Vergangenheit schon immer erhebliche Probleme bereitet hat, ist es nur konsequent, wenn die Verfasserin ihre Arbeit mit Wissenswelt ‚triuwe‘ übertitelt, statt im Fach bislang eher übliche Betitelungen wie etwa „Zur historischen Semantik von triuwe“ oder „Begriffsgeschichte von triuwe“ zu wählen. Denn eines lehren die Ergebnisse der in diesem Werk reportierten Studien der Verfasserin: Dass die Verwendungsweisen von triuwe in den zugrundegelegten Quellen sich – trotz des Vorhandenseins einzelner gemeinsamer epistemischer Kernelemente – jeglichen Versuchen der Formulierung einer (in der diachronen Semantik des 19. und 20. Jahrhunderts von vielen favorisierten) einheitlichen oder Abstrakt-Bedeutung entziehen. Stattdessen, so argumentiert die Verfasserin überzeugend, muss es einer Tiefe und Breite zugleich anstrebenden Untersuchung darum gehen, die Verwendungsbreite und Vielfalt der triuwe-Ausdrücke in Hinblick auf alle wirksamen textfunktionalen und ‐situativen Faktoren in ihrem ganzen Umfang und ihrer Differenziertheit angemessen zu erfassen und darzustellen. Die Arbeit entstand in der sog. „Altgermanistik“, die mithin einem Teilfach der Germanistik angehört, deren Vertreterinnen und Vertretern man wohl nicht zu nahe tritt, wenn man konstatiert, dass sie in ihrer überwiegenden Mehrzahl dieses schon lange vornehmlich als Literaturwissenschaft (oder breiter als textbezogene Kulturwissenschaft) der älteren deutschen Sprachepochen begreifen. ZRS 2020; 12(1–2): 49–56","PeriodicalId":32266,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Rezensionen zur Germanistischen Sprachwissenschaft","volume":"12 1","pages":"49 - 56"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-08-12","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/zrs-2020-2037","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"48228771","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Schon seit längerer Zeit grassiert in den Geistesund Sozialwissenschaften, v. a. in den Philologien, die „Manualitis“, d. h. die Publikation immer neuer Handbücher zu immer mehr Disziplinen, Spezialdisziplinen und Teilbereichen. Zwar hat sich auch der Verfasser dieser Rezension mit diversen Artikeln an dieser Tendenz beteiligt (und war sogar selbst gerade mit der Herausgabe eines Handbuchs befasst), doch quält ihn schon länger der Verdacht, dass das bisher Erarbeitete nicht zuletzt deswegen kompiliert wird, weil verschiedene Forschungsparadigmen und -ansätze weitgehend ausgereizt und die verschiedensten Nischen ausgemessen sind, während neue, weiterführende Kernideen und Theorieentwürfe noch nicht zur Verfügung stehen. Die Gegenwart müsste dann in diesem Sinne als eine Zwischenzeit betrachtet werden, in der die wissenschaftliche Gemeinde auf den zündenden Funken wartet, der durch eine neue, originelle Sehweise, Fragestellung oder Analysemethode die Basis für neue Detailforschungen liefert. Trotz solcher Vorbehalte gegen das – gleichwohl in vielerlei Hinsicht hilfreiche – Handbuchwesen muss auch der dergestalt kritisch Voreingenommene zugeben, dass es nicht nur Handbücher gibt, die den aktuellen Stand der Forschung in einer bestimmten Disziplin oder deren Teilbereich bloß komprimiert wiedergeben, sondern auch solche, deren Beiträge darüber hinaus die Arbeit in dem betreffenden Fach in theoretischer, methodischer sowie kategoriell-terminologischer Hinsicht befruchten und Blicke über den eigenen Tellerrand ermöglichen. Ein solches Handbuch ist das hier zu besprechende. Es enthält 26 Artikel, die auf drei Kapitel („Sektionen“) aufgeteilt sind: „I Sprachliche Einheiten“, „II Akteure und Handlungsfelder“ und „III Interdisziplinäre Forschungsperspektiven“. Und hierin zeigt sich schon die Besonderheit des Handbuchs: Es widmet sich nicht nur (in Sektion I) den für politische Sprache typischen Sprachphänomenen und bietet Überblicke über bisherige Forschungsansätze, -methoden und -ergebnisse, sondern geht durch zwei Perspektivwechsel deutlich über bisherige Darstellungsformen hinaus. In den Beiträgen der anderen beiden Kapitel wird nämlich der Blick von den sprachlichen Mitteln hin zu den sie verwendenden Akteuren (Personen, Parteien, Massenmedien, Institutionen) und zu den wichtigsten WissenschaftsZRS 2020; 12(1–2): 35–41
{"title":"Kersten Sven Roth, Martin Wengeler & Alexander Ziem (Hg.). 2017. Handbuch Sprache in Politik und Gesellschaft (Handbücher Sprachwissen 19). Berlin, Boston: De Gruyter. 611 S.","authors":"A. Burkhardt","doi":"10.1515/zrs-2020-2035","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/zrs-2020-2035","url":null,"abstract":"Schon seit längerer Zeit grassiert in den Geistesund Sozialwissenschaften, v. a. in den Philologien, die „Manualitis“, d. h. die Publikation immer neuer Handbücher zu immer mehr Disziplinen, Spezialdisziplinen und Teilbereichen. Zwar hat sich auch der Verfasser dieser Rezension mit diversen Artikeln an dieser Tendenz beteiligt (und war sogar selbst gerade mit der Herausgabe eines Handbuchs befasst), doch quält ihn schon länger der Verdacht, dass das bisher Erarbeitete nicht zuletzt deswegen kompiliert wird, weil verschiedene Forschungsparadigmen und -ansätze weitgehend ausgereizt und die verschiedensten Nischen ausgemessen sind, während neue, weiterführende Kernideen und Theorieentwürfe noch nicht zur Verfügung stehen. Die Gegenwart müsste dann in diesem Sinne als eine Zwischenzeit betrachtet werden, in der die wissenschaftliche Gemeinde auf den zündenden Funken wartet, der durch eine neue, originelle Sehweise, Fragestellung oder Analysemethode die Basis für neue Detailforschungen liefert. Trotz solcher Vorbehalte gegen das – gleichwohl in vielerlei Hinsicht hilfreiche – Handbuchwesen muss auch der dergestalt kritisch Voreingenommene zugeben, dass es nicht nur Handbücher gibt, die den aktuellen Stand der Forschung in einer bestimmten Disziplin oder deren Teilbereich bloß komprimiert wiedergeben, sondern auch solche, deren Beiträge darüber hinaus die Arbeit in dem betreffenden Fach in theoretischer, methodischer sowie kategoriell-terminologischer Hinsicht befruchten und Blicke über den eigenen Tellerrand ermöglichen. Ein solches Handbuch ist das hier zu besprechende. Es enthält 26 Artikel, die auf drei Kapitel („Sektionen“) aufgeteilt sind: „I Sprachliche Einheiten“, „II Akteure und Handlungsfelder“ und „III Interdisziplinäre Forschungsperspektiven“. Und hierin zeigt sich schon die Besonderheit des Handbuchs: Es widmet sich nicht nur (in Sektion I) den für politische Sprache typischen Sprachphänomenen und bietet Überblicke über bisherige Forschungsansätze, -methoden und -ergebnisse, sondern geht durch zwei Perspektivwechsel deutlich über bisherige Darstellungsformen hinaus. In den Beiträgen der anderen beiden Kapitel wird nämlich der Blick von den sprachlichen Mitteln hin zu den sie verwendenden Akteuren (Personen, Parteien, Massenmedien, Institutionen) und zu den wichtigsten WissenschaftsZRS 2020; 12(1–2): 35–41","PeriodicalId":32266,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Rezensionen zur Germanistischen Sprachwissenschaft","volume":"12 1","pages":"35 - 41"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-07-10","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/zrs-2020-2035","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"48878068","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Der Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist auf den allerersten Blick relativ eng: Im Zentrum steht ein morphologisches Problem beim Genitiv Singular der Maskulina und Neutra der deutschen Gegenwartssprache, nämlich die Variation von Genitiv‐s und Endungslosigkeit. Die Arbeit zeigt jedoch, dass man mit gut konzipierten Fragestellungen und geschickt ausgewählten Methoden zu Einsichten gelangen kann, die nicht nur das namengebende morphologische Problem der Arbeit betreffen, sondern darüber hinaus für die Grammatikschreibung und die Grammatikforschung in den Bereichen Morphologie, Norm/Varianz und Sprachwandel von allgemeinem Interesse sind.
{"title":"Zimmer, Christian. 2018. Die Markierung des Genitiv(s) im Deutschen. Empirie und theoretische Implikationen von morphologischer Variation (Reihe Germanistische Linguistik, Band 315). Berlin, Boston: De Gruyter.","authors":"P. Gallmann","doi":"10.1515/zrs-2020-2032","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/zrs-2020-2032","url":null,"abstract":"Der Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist auf den allerersten Blick relativ eng: Im Zentrum steht ein morphologisches Problem beim Genitiv Singular der Maskulina und Neutra der deutschen Gegenwartssprache, nämlich die Variation von Genitiv‐s und Endungslosigkeit. Die Arbeit zeigt jedoch, dass man mit gut konzipierten Fragestellungen und geschickt ausgewählten Methoden zu Einsichten gelangen kann, die nicht nur das namengebende morphologische Problem der Arbeit betreffen, sondern darüber hinaus für die Grammatikschreibung und die Grammatikforschung in den Bereichen Morphologie, Norm/Varianz und Sprachwandel von allgemeinem Interesse sind.","PeriodicalId":32266,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Rezensionen zur Germanistischen Sprachwissenschaft","volume":"12 1","pages":"14 - 20"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-04-29","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/zrs-2020-2032","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"46769816","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Mit ihrer in enger Verbindung zum Projekt „Sprachvariation in Norddeutschland“ (SiN) entstandenen Dissertationsschrift hat Yvonne Hettler einen bedeutenden Beitrag zur hörerzentrierten Regionalsprachenforschung geleistet. Ziel dieser Disziplin ist die Erforschung des laienlinguistischen Wissens zu modernen deutschen Regionalsprachen. Fassbar wird dieses Wissen über „Hörerurteile“ im Sinne von Veräußerungen sprachbezogener Wissensbestände (mit mittelbar oder unmittelbar vorausgegangenen Akten der Sprachwahrnehmung und -bewertung; vgl. Purschke 2011). In diesem Kontext von besonderem Interesse sind seit jeher Hörerurteile über regionalsprachliche Einzelphänomene, da deren subjektive Beurteilung nachweislich nicht nur die hörerseitige Einschätzung von Äußerungen, Sprechern und ganzen Interaktionssituationen beeinflussen kann, sondern auch die sprecherseitige Variantenwahl und somit den Sprachgebrauch. Was den Forschungsstand zum phänomenbezogenen Hörerurteil anbelangt, so ist die lang erwartete theoretische Fundierung rezent durch Purschke (2011) erfolgt. In empirischer Hinsicht sind jedoch trotz zunehmender Bemühungen bei Weitem noch nicht alle Desiderata behoben. Hier lässt sich nun mit Hettler (2018) ein beachtlicher Fortschritt verbuchen, denn sie legt Ergebnisse aus einer der bislang umfassendsten einschlägigen Erhebungen vor. Den zentralen Gegenstand dieser Erhebung bilden Hörerurteile über 33 Phänomene des in Bremen bzw. Hamburg gebräuchlichen Regiolekts – darunter nicht nur phonetisch-phonologische, sondern auch (in der einschlägigen For-
{"title":"Yvonne Hettler. 2018. Salienz,Bewertung und Realisierung regionaler Sprachmerkmale in Bremen und Hamburg (Deutsche Dialektgeographie 124). Hildesheim: Olms. 378 S.","authors":"Carolin Kiesewalter","doi":"10.1515/zrs-2020-2033","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/zrs-2020-2033","url":null,"abstract":"Mit ihrer in enger Verbindung zum Projekt „Sprachvariation in Norddeutschland“ (SiN) entstandenen Dissertationsschrift hat Yvonne Hettler einen bedeutenden Beitrag zur hörerzentrierten Regionalsprachenforschung geleistet. Ziel dieser Disziplin ist die Erforschung des laienlinguistischen Wissens zu modernen deutschen Regionalsprachen. Fassbar wird dieses Wissen über „Hörerurteile“ im Sinne von Veräußerungen sprachbezogener Wissensbestände (mit mittelbar oder unmittelbar vorausgegangenen Akten der Sprachwahrnehmung und -bewertung; vgl. Purschke 2011). In diesem Kontext von besonderem Interesse sind seit jeher Hörerurteile über regionalsprachliche Einzelphänomene, da deren subjektive Beurteilung nachweislich nicht nur die hörerseitige Einschätzung von Äußerungen, Sprechern und ganzen Interaktionssituationen beeinflussen kann, sondern auch die sprecherseitige Variantenwahl und somit den Sprachgebrauch. Was den Forschungsstand zum phänomenbezogenen Hörerurteil anbelangt, so ist die lang erwartete theoretische Fundierung rezent durch Purschke (2011) erfolgt. In empirischer Hinsicht sind jedoch trotz zunehmender Bemühungen bei Weitem noch nicht alle Desiderata behoben. Hier lässt sich nun mit Hettler (2018) ein beachtlicher Fortschritt verbuchen, denn sie legt Ergebnisse aus einer der bislang umfassendsten einschlägigen Erhebungen vor. Den zentralen Gegenstand dieser Erhebung bilden Hörerurteile über 33 Phänomene des in Bremen bzw. Hamburg gebräuchlichen Regiolekts – darunter nicht nur phonetisch-phonologische, sondern auch (in der einschlägigen For-","PeriodicalId":32266,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Rezensionen zur Germanistischen Sprachwissenschaft","volume":"12 1","pages":"21 - 26"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-04-29","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/zrs-2020-2033","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"47061053","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}