Am 20. Oktober 1999 öffnete die Dokumentation Obersalzberg ihre Pforten – an Adolf Hitlers zweitem Regierungssitz, wo er zwischen 1933 und 1945 rund ein Viertel seiner Amtszeit verbrachte. Seit mehr als 20 Jahren informiert die vom Institut für Zeitgeschichte München–Berlin (IfZ) kuratierte Dauerausstellung über die Geschichte des historischen Orts und gibt einen fundierten Überblick über den Nationalsozialismus einschließlich seiner Verbrechen. Mehr als drei Millionen Menschen haben die Ausstellung bisher gesehen, 2019 kamen rund 170.000 Besucherinnen und Besucher. Die Dokumentation besetzt damit einen historisch belasteten Ort, schafft Transparenz und eröffnet ein wissenschaftlich fundiertes Informationsangebot. Dieser Erfolg führte die museale Infrastruktur an ihre Grenzen, die Mitte der 1990er Jahre auf rund ein Fünftel der mittlerweile erreichten Besuchszahlen ausgelegt worden war. Deshalb hat die bayerische Staatsregierung beschlossen, die Dokumentation Obersalzberg zu erweitern. Momentan entsteht ein Neubau, der mit rund 800 Quadratmetern mehr als doppelt so viel Fläche für die Dauerausstellung bieten wird. Das bestehende Gebäude wird zu einem Bildungszentrum mit weiteren Seminarräumen für die museumspädagogische Vermittlungsarbeit umgebaut, die ebenfalls vom IfZ durchgeführt wird. Seit der Konzeption der aktuellen Ausstellung sind fast 25 Jahre vergangen. In diesen zweieinhalb Jahrzehnten ist die historische Forschung zum Nationalsozialismus vorangeschritten; erinnert sei nur an die neuen Perspektiven, die die Debatte um das Konzept der „Volksgemeinschaft“ eröffnet hat. In Verbindung mit einer breiten Forschung zu NS-Verbrechen war es gerade diese Debatte, die zu einem besseren Verständnis von Mord und Ausgrenzung auch als gesellschaftliches Phänomen beigetragen hat. Wie jedes Medium bedürfen auch Ausstellungen der regelmäßigen Überarbeitung und Aktualisierung, wenn sie Vermittlung auf der Höhe des Forschungsstands ermöglichen sollen. Da bildet die Dokumentation Obersalzberg keine Ausnahme. Eine ganze Reihe von Ausstellungen vergleichbarer Institutionen an historischen Orten, die Historikerinnen und Historiker um die Jahrtausendwende konzipiert haben, werden gegenwärtig einer Erneuerung unterzogen. Für den neuen Museumsraum haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Dokumentation Obersalzberg am IfZ das Konzept für eine neue Dauerausstellung erarbeitet. Begleitet wird die Arbeit durch einen hochkarätig
{"title":"Idyll und Verbrechen","authors":"Axel Drecoll, Albert A. Feiber, S. Keller","doi":"10.1515/vfzg-2021-0006","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/vfzg-2021-0006","url":null,"abstract":"Am 20. Oktober 1999 öffnete die Dokumentation Obersalzberg ihre Pforten – an Adolf Hitlers zweitem Regierungssitz, wo er zwischen 1933 und 1945 rund ein Viertel seiner Amtszeit verbrachte. Seit mehr als 20 Jahren informiert die vom Institut für Zeitgeschichte München–Berlin (IfZ) kuratierte Dauerausstellung über die Geschichte des historischen Orts und gibt einen fundierten Überblick über den Nationalsozialismus einschließlich seiner Verbrechen. Mehr als drei Millionen Menschen haben die Ausstellung bisher gesehen, 2019 kamen rund 170.000 Besucherinnen und Besucher. Die Dokumentation besetzt damit einen historisch belasteten Ort, schafft Transparenz und eröffnet ein wissenschaftlich fundiertes Informationsangebot. Dieser Erfolg führte die museale Infrastruktur an ihre Grenzen, die Mitte der 1990er Jahre auf rund ein Fünftel der mittlerweile erreichten Besuchszahlen ausgelegt worden war. Deshalb hat die bayerische Staatsregierung beschlossen, die Dokumentation Obersalzberg zu erweitern. Momentan entsteht ein Neubau, der mit rund 800 Quadratmetern mehr als doppelt so viel Fläche für die Dauerausstellung bieten wird. Das bestehende Gebäude wird zu einem Bildungszentrum mit weiteren Seminarräumen für die museumspädagogische Vermittlungsarbeit umgebaut, die ebenfalls vom IfZ durchgeführt wird. Seit der Konzeption der aktuellen Ausstellung sind fast 25 Jahre vergangen. In diesen zweieinhalb Jahrzehnten ist die historische Forschung zum Nationalsozialismus vorangeschritten; erinnert sei nur an die neuen Perspektiven, die die Debatte um das Konzept der „Volksgemeinschaft“ eröffnet hat. In Verbindung mit einer breiten Forschung zu NS-Verbrechen war es gerade diese Debatte, die zu einem besseren Verständnis von Mord und Ausgrenzung auch als gesellschaftliches Phänomen beigetragen hat. Wie jedes Medium bedürfen auch Ausstellungen der regelmäßigen Überarbeitung und Aktualisierung, wenn sie Vermittlung auf der Höhe des Forschungsstands ermöglichen sollen. Da bildet die Dokumentation Obersalzberg keine Ausnahme. Eine ganze Reihe von Ausstellungen vergleichbarer Institutionen an historischen Orten, die Historikerinnen und Historiker um die Jahrtausendwende konzipiert haben, werden gegenwärtig einer Erneuerung unterzogen. Für den neuen Museumsraum haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Dokumentation Obersalzberg am IfZ das Konzept für eine neue Dauerausstellung erarbeitet. Begleitet wird die Arbeit durch einen hochkarätig","PeriodicalId":51887,"journal":{"name":"VIERTELJAHRSHEFTE FUR ZEITGESCHICHTE","volume":"69 1","pages":"155 - 165"},"PeriodicalIF":0.2,"publicationDate":"2020-12-25","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/vfzg-2021-0006","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"45574802","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Abstract Auf der Grundlage neu erschlossener Quellen untersucht der Aufsatz die Erfahrungen italienisch-jüdischer Feministinnen zwischen emanzipatorischem Aufbruch und antisemitischer Verfolgung. Den zeitlichen Schwerpunkt bildet die Phase vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis 1945. Verdeutlicht werden die um 1914 zunehmenden Spannungen des Emanzipationsprozesses zwischen Partizipation, Abgrenzung und antijüdischer Anfeindung. Die Marginalisierung, Entrechtung und Verfolgung während der faschistischen Diktatur werden dezidiert aus dem Blickwinkel jüdischer Frauen betrachtet. Trotz des bedeutenden Einflusses dieser jüdischen Frauen auf die Entwicklung der italienischen Frauenbewegung und ihre ausgeprägt transnationale Orientierung blieb ihre Emanzipation als Frauen und Jüdinnen unvollkommen.
{"title":"Emanzipatorischer Aufbruch und antisemitische Verfolgung","authors":"Ruth Nattermann","doi":"10.1515/vfzg-2021-0002","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/vfzg-2021-0002","url":null,"abstract":"Abstract Auf der Grundlage neu erschlossener Quellen untersucht der Aufsatz die Erfahrungen italienisch-jüdischer Feministinnen zwischen emanzipatorischem Aufbruch und antisemitischer Verfolgung. Den zeitlichen Schwerpunkt bildet die Phase vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis 1945. Verdeutlicht werden die um 1914 zunehmenden Spannungen des Emanzipationsprozesses zwischen Partizipation, Abgrenzung und antijüdischer Anfeindung. Die Marginalisierung, Entrechtung und Verfolgung während der faschistischen Diktatur werden dezidiert aus dem Blickwinkel jüdischer Frauen betrachtet. Trotz des bedeutenden Einflusses dieser jüdischen Frauen auf die Entwicklung der italienischen Frauenbewegung und ihre ausgeprägt transnationale Orientierung blieb ihre Emanzipation als Frauen und Jüdinnen unvollkommen.","PeriodicalId":51887,"journal":{"name":"VIERTELJAHRSHEFTE FUR ZEITGESCHICHTE","volume":"69 1","pages":"25 - 53"},"PeriodicalIF":0.2,"publicationDate":"2020-12-25","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/vfzg-2021-0002","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"49434445","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Die Universitäten vermitteln zwar die Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens, legen aber auf die sprachliche Präsentation der Forschungsergebnisse nicht zuletzt deshalb weniger Wert, weil diesbezügliche Schulungen sehr zeitaufwändig sind und von den Lehrstühlen nicht geleistet werden können. Die Initiative des Instituts für Zeitgeschichte München‒Berlin (IfZ) und des Verlags De Gruyter Oldenbourg setzt bei diesen Defiziten an. Das Seminar soll die Sprachund Darstellungskompetenz jüngerer Historikerinnen und Historiker stärken, ein entsprechendes Problembewusstsein wecken und ein Forum bieten für die praktische Einübung der entsprechenden Techniken. Ziel ist mit anderen Worten: Gutes wissenschaftliches Schreiben zu lehren. Die Verantwortlichen der Publikationsreihen des IfZ und insbesondere die Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte erhalten laufendManuskripte, die zwar wissenschaftlich hochwertig sind, aber im Hinblick auf die sprachliche Gestaltung oft sehr zu wünschen übrig lassen. Die Redaktionen verfügen deshalb auf diesem Feld über langjährige Erfahrungen und große Kompetenz bei der Arbeit mit Texten, die sie an ihre künftigen Autorinnen und Autoren weitergeben wollen.
{"title":"15. Aldersbacher Schreib-Praxis","authors":"Thomas Schlemmer","doi":"10.1515/vfzg-2021-0007","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/vfzg-2021-0007","url":null,"abstract":"Die Universitäten vermitteln zwar die Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens, legen aber auf die sprachliche Präsentation der Forschungsergebnisse nicht zuletzt deshalb weniger Wert, weil diesbezügliche Schulungen sehr zeitaufwändig sind und von den Lehrstühlen nicht geleistet werden können. Die Initiative des Instituts für Zeitgeschichte München‒Berlin (IfZ) und des Verlags De Gruyter Oldenbourg setzt bei diesen Defiziten an. Das Seminar soll die Sprachund Darstellungskompetenz jüngerer Historikerinnen und Historiker stärken, ein entsprechendes Problembewusstsein wecken und ein Forum bieten für die praktische Einübung der entsprechenden Techniken. Ziel ist mit anderen Worten: Gutes wissenschaftliches Schreiben zu lehren. Die Verantwortlichen der Publikationsreihen des IfZ und insbesondere die Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte erhalten laufendManuskripte, die zwar wissenschaftlich hochwertig sind, aber im Hinblick auf die sprachliche Gestaltung oft sehr zu wünschen übrig lassen. Die Redaktionen verfügen deshalb auf diesem Feld über langjährige Erfahrungen und große Kompetenz bei der Arbeit mit Texten, die sie an ihre künftigen Autorinnen und Autoren weitergeben wollen.","PeriodicalId":51887,"journal":{"name":"VIERTELJAHRSHEFTE FUR ZEITGESCHICHTE","volume":"69 1","pages":"167 - 168"},"PeriodicalIF":0.2,"publicationDate":"2020-12-25","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/vfzg-2021-0007","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"47788090","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Abstract Die politische Schulung der kommunistischen Parteieliten und der Parteibürokraten durch Kaderschulen ist ein Forschungsthema, das unser Verständnis der Funktionsweise des Ostblockkommunismus und der dortigen dynamischen Beziehung zwischen Staat und Gesellschaft vertiefen kann. Ein derartiger Zugang erlaubt es Forscherinnen und Forschern, das Universum des Parteiapparats zu verstehen, ein komplexeres Profil dieser Welt zu zeichnen und die internen Mechanismen der Einparteienherrschaft zu verstehen. Aus diesen Gründen ist die Erforschung der politischen und ideologischen Ausbildung ein notwendiger Schritt hin zu einer detaillierten Geschichte des osteuropäischen Kommunismus. Die vorliegende Studie konzentriert sich auf eine Untersuchung der regionalen Parteischule von Timișoara in den Jahren von 1948 bis 1973, die Parteiaktivisten „aus der zweiten Reihe“ der Partei- und Verwaltungsbürokratie politisch und ideologisch schulte.
{"title":"Der Aufbau des Sozialismus","authors":"Sorin Radu","doi":"10.1515/vfzg-2021-0003","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/vfzg-2021-0003","url":null,"abstract":"Abstract Die politische Schulung der kommunistischen Parteieliten und der Parteibürokraten durch Kaderschulen ist ein Forschungsthema, das unser Verständnis der Funktionsweise des Ostblockkommunismus und der dortigen dynamischen Beziehung zwischen Staat und Gesellschaft vertiefen kann. Ein derartiger Zugang erlaubt es Forscherinnen und Forschern, das Universum des Parteiapparats zu verstehen, ein komplexeres Profil dieser Welt zu zeichnen und die internen Mechanismen der Einparteienherrschaft zu verstehen. Aus diesen Gründen ist die Erforschung der politischen und ideologischen Ausbildung ein notwendiger Schritt hin zu einer detaillierten Geschichte des osteuropäischen Kommunismus. Die vorliegende Studie konzentriert sich auf eine Untersuchung der regionalen Parteischule von Timișoara in den Jahren von 1948 bis 1973, die Parteiaktivisten „aus der zweiten Reihe“ der Partei- und Verwaltungsbürokratie politisch und ideologisch schulte.","PeriodicalId":51887,"journal":{"name":"VIERTELJAHRSHEFTE FUR ZEITGESCHICHTE","volume":"69 1","pages":"55 - 83"},"PeriodicalIF":0.2,"publicationDate":"2020-12-25","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/vfzg-2021-0003","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"47966111","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
L. Lehmann, Jörn Retterath, C. Franzen, Magnus Brechtken, J. Hürter, H. Wentker, A. Wirsching
Im Oktober 2019 wandte sich das Auswärtige Amt mit der Bitte an das Institut für Zeitgeschichte München–Berlin (IfZ), ein Kurzgutachten über Hermann Müller zu erstellen, den ersten Sozialdemokraten, der im Juni 1919 im Koalitionskabinett von Gustav Bauer zum Außenminister berufen wurde und der zweimal – 1920 und 1928 bis 1930 – selbst als Reichskanzler fungierte. Diese Bitte stand im Zusammenhang mit dem 150. Jubiläum des Auswärtigen Amts, dessen Gründungserlass vom 8. Januar 1870 datiert. Im Vorfeld dieses Jubiläums ging es unter anderem darum, Persönlichkeiten nachzuspüren, die nicht mehr – wie etwaOtto von Bismarck oder Gustav Stresemann – im Rampenlicht der öffentlichen Erinnerung stehen, deren Einfluss auf das Auswärtige Amt als Institution sowie auf die deutsche Außenpolitik aber nachhaltig gewesen ist. Zu diesen Persönlichkeiten gehört Hermann Müller, der zudem für die demokratische Tradition deutscher Außenpolitik in der Zwischenkriegszeit steht. Das Auswärtige Amt war vor allem an zwei Fragen interessiert: Zum einen sollte herausgearbeitet werden, welchen Einfluss Hermann Müller auf die Reorganisation des diplomatischen Diensts in der Gründungsphase der Weimarer Republik hatte; schließlich fiel die Umsetzung der großen Organisationsreform, die mit dem Namen des Direktors der Personalabteilung des Auswärtigen Amts, Edmund Schüler, verbunden ist, auch in seine Amtszeit. Zum anderen galt es zu untersuchen, welche europapolitischen Überlegungen und Konzeptionen der sozialdemokratische Spitzenpolitiker im Schatten der Nachkriegsordnung des Versailler Vertrags verfolgte und wie er zum Multilateralismus stand – als Außenminister und Reichskanzler, aber auch als Vorsitzender der SPD-Reichstagsfraktion. Das Forschungsteam des IfZ, das für das am 10. Januar 2020 fristgerecht erstattete Gutachten verantwortlich zeichnet, setzte sich wie folgt zusammen: Lars Lehmann, Jörn Retterath, Christoph Johannes Franzen, Magnus Brechtken, Johannes Hürter, Hermann Wentker und Andreas Wirsching. Im Folgenden findet sich der vollständige Text des Gutachtens, der nicht nur ein wichtiges Aufgabenfeld des IfZ dokumentiert, sondern auch auf Desiderate der Forschung und Ansatzpunkte für neue Untersuchungen zur Geschichte der Weimarer Außenpolitik verweist. Die Publikation hat daher einen doppelten Wert. Abgesehen von Korrekturen und kleineren stilistischen Überarbeitungen blieb
{"title":"Ein Sozialdemokrat im Auswärtigen Amt","authors":"L. Lehmann, Jörn Retterath, C. Franzen, Magnus Brechtken, J. Hürter, H. Wentker, A. Wirsching","doi":"10.1515/vfzg-2021-0005","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/vfzg-2021-0005","url":null,"abstract":"Im Oktober 2019 wandte sich das Auswärtige Amt mit der Bitte an das Institut für Zeitgeschichte München–Berlin (IfZ), ein Kurzgutachten über Hermann Müller zu erstellen, den ersten Sozialdemokraten, der im Juni 1919 im Koalitionskabinett von Gustav Bauer zum Außenminister berufen wurde und der zweimal – 1920 und 1928 bis 1930 – selbst als Reichskanzler fungierte. Diese Bitte stand im Zusammenhang mit dem 150. Jubiläum des Auswärtigen Amts, dessen Gründungserlass vom 8. Januar 1870 datiert. Im Vorfeld dieses Jubiläums ging es unter anderem darum, Persönlichkeiten nachzuspüren, die nicht mehr – wie etwaOtto von Bismarck oder Gustav Stresemann – im Rampenlicht der öffentlichen Erinnerung stehen, deren Einfluss auf das Auswärtige Amt als Institution sowie auf die deutsche Außenpolitik aber nachhaltig gewesen ist. Zu diesen Persönlichkeiten gehört Hermann Müller, der zudem für die demokratische Tradition deutscher Außenpolitik in der Zwischenkriegszeit steht. Das Auswärtige Amt war vor allem an zwei Fragen interessiert: Zum einen sollte herausgearbeitet werden, welchen Einfluss Hermann Müller auf die Reorganisation des diplomatischen Diensts in der Gründungsphase der Weimarer Republik hatte; schließlich fiel die Umsetzung der großen Organisationsreform, die mit dem Namen des Direktors der Personalabteilung des Auswärtigen Amts, Edmund Schüler, verbunden ist, auch in seine Amtszeit. Zum anderen galt es zu untersuchen, welche europapolitischen Überlegungen und Konzeptionen der sozialdemokratische Spitzenpolitiker im Schatten der Nachkriegsordnung des Versailler Vertrags verfolgte und wie er zum Multilateralismus stand – als Außenminister und Reichskanzler, aber auch als Vorsitzender der SPD-Reichstagsfraktion. Das Forschungsteam des IfZ, das für das am 10. Januar 2020 fristgerecht erstattete Gutachten verantwortlich zeichnet, setzte sich wie folgt zusammen: Lars Lehmann, Jörn Retterath, Christoph Johannes Franzen, Magnus Brechtken, Johannes Hürter, Hermann Wentker und Andreas Wirsching. Im Folgenden findet sich der vollständige Text des Gutachtens, der nicht nur ein wichtiges Aufgabenfeld des IfZ dokumentiert, sondern auch auf Desiderate der Forschung und Ansatzpunkte für neue Untersuchungen zur Geschichte der Weimarer Außenpolitik verweist. Die Publikation hat daher einen doppelten Wert. Abgesehen von Korrekturen und kleineren stilistischen Überarbeitungen blieb","PeriodicalId":51887,"journal":{"name":"VIERTELJAHRSHEFTE FUR ZEITGESCHICHTE","volume":"69 1","pages":"121 - 154"},"PeriodicalIF":0.2,"publicationDate":"2020-12-25","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/vfzg-2021-0005","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"67486153","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Abstract Zeithistorische Studien zu Arbeitswelten in Deutschland erleben einen Neustart nach dem Auslaufen der klassischen gesellschaftshistorischen und arbeiterbewegungsgeschichtlichen Forschungen zum Industriezeitalter in Deutschland (1880–1970). Die neuen Forschungen sind geprägt von der Umbruchsituation der Gegenwart, sie sind geprägt von widerstreitenden Erkenntnisinteressen zwischen Global- und Nationalgeschichte, zwischen einer radikalen Ausweitung des Forschungsgegenstands auf jede Art von Tätigkeit und der Konzentration auf lohnabhängige Beschäftigungsformen. Der Aufsatz plädiert für das Innovationspotenzial einer neuen Arbeitsgeschichte als einer Problemgeschichte der Gegenwart auf den Gebieten der Geschlechtergeschichte, der Geschichte von Klassenlagen und Ungleichheit, nationaler Ordnungsmuster von Arbeit, der Mikropolitik in Betrieben sowie der Wissensordnungen und Berufswelten.
{"title":"Deutsche Arbeitswelten zwischen globalen Problemlagen und nationalen Handlungsbezügen","authors":"L. Raphael","doi":"10.1515/vfzg-2021-0001","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/vfzg-2021-0001","url":null,"abstract":"Abstract Zeithistorische Studien zu Arbeitswelten in Deutschland erleben einen Neustart nach dem Auslaufen der klassischen gesellschaftshistorischen und arbeiterbewegungsgeschichtlichen Forschungen zum Industriezeitalter in Deutschland (1880–1970). Die neuen Forschungen sind geprägt von der Umbruchsituation der Gegenwart, sie sind geprägt von widerstreitenden Erkenntnisinteressen zwischen Global- und Nationalgeschichte, zwischen einer radikalen Ausweitung des Forschungsgegenstands auf jede Art von Tätigkeit und der Konzentration auf lohnabhängige Beschäftigungsformen. Der Aufsatz plädiert für das Innovationspotenzial einer neuen Arbeitsgeschichte als einer Problemgeschichte der Gegenwart auf den Gebieten der Geschlechtergeschichte, der Geschichte von Klassenlagen und Ungleichheit, nationaler Ordnungsmuster von Arbeit, der Mikropolitik in Betrieben sowie der Wissensordnungen und Berufswelten.","PeriodicalId":51887,"journal":{"name":"VIERTELJAHRSHEFTE FUR ZEITGESCHICHTE","volume":"69 1","pages":"1 - 23"},"PeriodicalIF":0.2,"publicationDate":"2020-12-25","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/vfzg-2021-0001","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"49533454","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Abstract Die Publikationsgeschichte von Raul Hilbergs Werk „The Destruction of the European Jews“ hat 2017 einiges Aufsehen erregt, als zwei Gutachten veröffentlicht wurden, in denen Mitarbeitende des Instituts für Zeitgeschichte (IfZ) von einer Übersetzung ins Deutsche abrieten. Damals blieben jedoch wichtige Fragen offen, denen sich diese Dokumentation auf der Basis neuer Archivfunde aus den Verlagsarchiven von C.H.Beck und Droemer Knaur widmet. Zudem ist im Nachlass von Ino Arndt ein Briefwechsel aufgetaucht, in dem sich die Autorin des bereits bekannten Gutachtens aus dem Jahr 1980 mit dem Verlag Darmstädter Blätter über eine mögliche Übersetzung von Hilbergs Werk austauschte und auf die damit verbundenen Kosten aufmerksam machte. Damit liegen nun drei dokumentierte Ablehnungen aus dem IfZ vor. Zugleich zeigen aber andere Quellen, dass Hilbergs Werk durch das Institut für Zeitgeschichte Wertschätzung und Anerkennung erfuhr. Die Beziehung zwischen Hilberg und dem Münchner Institut bleibt somit ambivalent.
{"title":"Ablehnung und Anerkennung","authors":"René Schlott","doi":"10.1515/vfzg-2021-0004","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/vfzg-2021-0004","url":null,"abstract":"Abstract Die Publikationsgeschichte von Raul Hilbergs Werk „The Destruction of the European Jews“ hat 2017 einiges Aufsehen erregt, als zwei Gutachten veröffentlicht wurden, in denen Mitarbeitende des Instituts für Zeitgeschichte (IfZ) von einer Übersetzung ins Deutsche abrieten. Damals blieben jedoch wichtige Fragen offen, denen sich diese Dokumentation auf der Basis neuer Archivfunde aus den Verlagsarchiven von C.H.Beck und Droemer Knaur widmet. Zudem ist im Nachlass von Ino Arndt ein Briefwechsel aufgetaucht, in dem sich die Autorin des bereits bekannten Gutachtens aus dem Jahr 1980 mit dem Verlag Darmstädter Blätter über eine mögliche Übersetzung von Hilbergs Werk austauschte und auf die damit verbundenen Kosten aufmerksam machte. Damit liegen nun drei dokumentierte Ablehnungen aus dem IfZ vor. Zugleich zeigen aber andere Quellen, dass Hilbergs Werk durch das Institut für Zeitgeschichte Wertschätzung und Anerkennung erfuhr. Die Beziehung zwischen Hilberg und dem Münchner Institut bleibt somit ambivalent.","PeriodicalId":51887,"journal":{"name":"VIERTELJAHRSHEFTE FUR ZEITGESCHICHTE","volume":"69 1","pages":"85 - 119"},"PeriodicalIF":0.2,"publicationDate":"2020-12-25","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/vfzg-2021-0004","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"46171691","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}