Abstract David Jünger untersucht in seinem Aufsatz die intellektuelle und politische Auseinandersetzung des deutsch-amerikanischen Rabbiners Joachim Prinz (1902–1988) mit der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung und dem amerikanischen Rassismus der ersten beiden Nachkriegsdekaden. Diese Auseinandersetzung, so die These, ist nur vor dem Hintergrund seiner persönlichen Erfahrungen mit Nationalsozialismus und antisemitischer Ausgrenzung zu verstehen. Die von Prinz in den frühen 1930er Jahren diskutierten Motive von Ghettoisierung, Isolation und Nachbarlosigkeit wurden zur Richtschnur seines späteren intellektuellen Denkens und politischen Handelns sowohl im Hinblick auf die rassistische Segregation in Amerika als auch auf die Konstitution der globalen Judenheiten nach dem Holocaust und der Gründung des Staats Israel.
{"title":"Historische Erfahrung und politisches Handeln","authors":"David Jünger","doi":"10.1515/vfzg-2022-0001","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/vfzg-2022-0001","url":null,"abstract":"Abstract David Jünger untersucht in seinem Aufsatz die intellektuelle und politische Auseinandersetzung des deutsch-amerikanischen Rabbiners Joachim Prinz (1902–1988) mit der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung und dem amerikanischen Rassismus der ersten beiden Nachkriegsdekaden. Diese Auseinandersetzung, so die These, ist nur vor dem Hintergrund seiner persönlichen Erfahrungen mit Nationalsozialismus und antisemitischer Ausgrenzung zu verstehen. Die von Prinz in den frühen 1930er Jahren diskutierten Motive von Ghettoisierung, Isolation und Nachbarlosigkeit wurden zur Richtschnur seines späteren intellektuellen Denkens und politischen Handelns sowohl im Hinblick auf die rassistische Segregation in Amerika als auch auf die Konstitution der globalen Judenheiten nach dem Holocaust und der Gründung des Staats Israel.","PeriodicalId":51887,"journal":{"name":"VIERTELJAHRSHEFTE FUR ZEITGESCHICHTE","volume":"70 1","pages":"1 - 30"},"PeriodicalIF":0.2,"publicationDate":"2021-12-25","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"44455116","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Neu: Zwei weitere Beiträge in der Rubrik „VfZ Hören und Sehen“","authors":"","doi":"10.1515/vfzg-2022-0011","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/vfzg-2022-0011","url":null,"abstract":"","PeriodicalId":51887,"journal":{"name":"VIERTELJAHRSHEFTE FUR ZEITGESCHICHTE","volume":"1 1","pages":""},"PeriodicalIF":0.2,"publicationDate":"2021-12-25","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"41381983","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Kulturen des Konservativen in der jüngsten Zeitgeschichte – das Beispiel Großbritannien","authors":"Martina Steber, Tobias Becker","doi":"10.1515/vfzg-2022-0006","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/vfzg-2022-0006","url":null,"abstract":"","PeriodicalId":51887,"journal":{"name":"VIERTELJAHRSHEFTE FUR ZEITGESCHICHTE","volume":"70 1","pages":"149 - 158"},"PeriodicalIF":0.2,"publicationDate":"2021-12-25","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"43492921","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Abstract Der britische Komponist, Dirigent und Musikunternehmer John Rutter gehört seit den 1980er Jahren zu den wenig beachteten Größen der populären Klassik – im globalen Musikmarkt erfolgreich, in der anglophonen Welt populär, mit seinen Weihnachtslied-Kompositionen regelmäßig an der Spitze der Klassik-Charts platziert. Rutter verkörpert all das, was gerade nicht mit der kommerziellen Popkultur verbunden wird. Er ist das Gegenbild eines Popstars, er reüssiert mit geistlicher Musik, er adressiert Mittelschicht und Bürgertum, er personifiziert Familienwerte, Gemeinschaftssinn und Traditionswahrung. Am Beispiel Rutters zeigt die Autorin, welch hohe Bedeutung konservativen Popkulturen für die Herausbildung und Entwicklung eines transnationalen Konservatismus in Europa und Nordamerika seit den 1970er Jahren zukam. Der Aufsatz legt das Zusammenspiel von Nationalisierung und Transnationalisierung im Konservatismus offen und weist auf die Vielfalt an Formen und Kontexten hin, in denen sich konservative Haltungen in populären Musikkulturen manifestieren konnten. Sie boten Potenziale für Politisierungen, konnten aber auch allein im Kulturellen wirksam bleiben. Rutters Klangwelten weisen weit über englische Kathedralen und College Chapels hinaus.
{"title":"„A very English superstar“","authors":"Martina Steber","doi":"10.1515/vfzg-2022-0007","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/vfzg-2022-0007","url":null,"abstract":"Abstract Der britische Komponist, Dirigent und Musikunternehmer John Rutter gehört seit den 1980er Jahren zu den wenig beachteten Größen der populären Klassik – im globalen Musikmarkt erfolgreich, in der anglophonen Welt populär, mit seinen Weihnachtslied-Kompositionen regelmäßig an der Spitze der Klassik-Charts platziert. Rutter verkörpert all das, was gerade nicht mit der kommerziellen Popkultur verbunden wird. Er ist das Gegenbild eines Popstars, er reüssiert mit geistlicher Musik, er adressiert Mittelschicht und Bürgertum, er personifiziert Familienwerte, Gemeinschaftssinn und Traditionswahrung. Am Beispiel Rutters zeigt die Autorin, welch hohe Bedeutung konservativen Popkulturen für die Herausbildung und Entwicklung eines transnationalen Konservatismus in Europa und Nordamerika seit den 1970er Jahren zukam. Der Aufsatz legt das Zusammenspiel von Nationalisierung und Transnationalisierung im Konservatismus offen und weist auf die Vielfalt an Formen und Kontexten hin, in denen sich konservative Haltungen in populären Musikkulturen manifestieren konnten. Sie boten Potenziale für Politisierungen, konnten aber auch allein im Kulturellen wirksam bleiben. Rutters Klangwelten weisen weit über englische Kathedralen und College Chapels hinaus.","PeriodicalId":51887,"journal":{"name":"VIERTELJAHRSHEFTE FUR ZEITGESCHICHTE","volume":"70 1","pages":"159 - 188"},"PeriodicalIF":0.2,"publicationDate":"2021-12-25","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"47717277","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Abstract Obwohl die Christlich-Soziale Union in Bayern (CSU) seit den 1970er Jahren immer wieder das Interesse der historischen und der sozialwissenschaftlichen Forschung gefunden hat, gibt es eine bemerkenswerte Leerstelle in der Geschichte der Partei, deren absolute Mehrheiten lange Zeit gleichsam vorprogrammiert schienen: Über die erste Hälfte der 1950er Jahre weiß man vergleichsweise wenig, als die CSU nach einem vielversprechenden Aufbruch 1945/46 in eine tiefe Krise geriet, von der sie sich erst seit 1955 zu erholen begann. Thomas Schlemmer leistet mit seiner Dokumentation einen Beitrag dazu, diese Lücke zu schließen. Die Quellen, die er präsentiert, zeigen, wie ausgezehrt und von den Schatten der Vergangenheit bedroht die selbsternannte „Staatspartei“ im Vorfeld der zweiten Bundestagswahl 1953 gewesen ist. Die Reiseberichte des CSU-Landesgeschäftsführers Alois Engelhard porträtieren die bayerische Provinz in einem Moment, in dem von den krisenhaften Anfängen der von den Kriegsfolgen schwer gezeichneten Bundesrepublik noch viel, von den Segnungen des sogenannten Wirtschaftswunders dagegen noch kaum etwas zu spüren war.
{"title":"Innenansichten einer „Staatspartei“","authors":"Thomas Schlemmer","doi":"10.1515/vfzg-2022-0005","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/vfzg-2022-0005","url":null,"abstract":"Abstract Obwohl die Christlich-Soziale Union in Bayern (CSU) seit den 1970er Jahren immer wieder das Interesse der historischen und der sozialwissenschaftlichen Forschung gefunden hat, gibt es eine bemerkenswerte Leerstelle in der Geschichte der Partei, deren absolute Mehrheiten lange Zeit gleichsam vorprogrammiert schienen: Über die erste Hälfte der 1950er Jahre weiß man vergleichsweise wenig, als die CSU nach einem vielversprechenden Aufbruch 1945/46 in eine tiefe Krise geriet, von der sie sich erst seit 1955 zu erholen begann. Thomas Schlemmer leistet mit seiner Dokumentation einen Beitrag dazu, diese Lücke zu schließen. Die Quellen, die er präsentiert, zeigen, wie ausgezehrt und von den Schatten der Vergangenheit bedroht die selbsternannte „Staatspartei“ im Vorfeld der zweiten Bundestagswahl 1953 gewesen ist. Die Reiseberichte des CSU-Landesgeschäftsführers Alois Engelhard porträtieren die bayerische Provinz in einem Moment, in dem von den krisenhaften Anfängen der von den Kriegsfolgen schwer gezeichneten Bundesrepublik noch viel, von den Segnungen des sogenannten Wirtschaftswunders dagegen noch kaum etwas zu spüren war.","PeriodicalId":51887,"journal":{"name":"VIERTELJAHRSHEFTE FUR ZEITGESCHICHTE","volume":"9 3","pages":"105 - 146"},"PeriodicalIF":0.2,"publicationDate":"2021-12-25","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"41270599","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Abstract Nicht der Firmengründer und Namensgeber James O. McKinsey machte McKinsey & Company zum weltweit umsatzstärksten Beratungsunternehmen. Es war sein Nachfolger Marvin Bower, der eher im Verborgenen wirkte, aber bis in die letzten Dekaden des 20. Jahrhunderts wegweisend für die Entwicklung der Firma bleiben sollte. Alina Marktanner hat ein seltenes Dokument aus Bowers Feder ausgewertet und zeigt: Die streng gehütete „Firmenbibel“ von 1979 ist zu lesen als Intervention zu einer Zeit, in der die US-amerikanische Beratungsbranche vorübergehend Schwäche zeigte. Nicht nur potentielle Klientinnen und Klienten wollten von der Unternehmensberatung als Dienstleistung überzeugt werden. McKinsey & Company musste auch die eigenen Beraterinnen und Berater an sich binden.
{"title":"Neue Quellen der Beratungsforschung: Marvin Bowers Perspective on McKinsey","authors":"Alina Marktanner","doi":"10.1515/vfzg-2022-0004","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/vfzg-2022-0004","url":null,"abstract":"Abstract Nicht der Firmengründer und Namensgeber James O. McKinsey machte McKinsey & Company zum weltweit umsatzstärksten Beratungsunternehmen. Es war sein Nachfolger Marvin Bower, der eher im Verborgenen wirkte, aber bis in die letzten Dekaden des 20. Jahrhunderts wegweisend für die Entwicklung der Firma bleiben sollte. Alina Marktanner hat ein seltenes Dokument aus Bowers Feder ausgewertet und zeigt: Die streng gehütete „Firmenbibel“ von 1979 ist zu lesen als Intervention zu einer Zeit, in der die US-amerikanische Beratungsbranche vorübergehend Schwäche zeigte. Nicht nur potentielle Klientinnen und Klienten wollten von der Unternehmensberatung als Dienstleistung überzeugt werden. McKinsey & Company musste auch die eigenen Beraterinnen und Berater an sich binden.","PeriodicalId":51887,"journal":{"name":"VIERTELJAHRSHEFTE FUR ZEITGESCHICHTE","volume":"70 1","pages":"89 - 102"},"PeriodicalIF":0.2,"publicationDate":"2021-12-25","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"48899775","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Abstract Seit 2020 wird in der Bundesrepublik mit wachsender Heftigkeit um die Ausrichtung der deutschen Erinnerungskultur gestritten: Ist diese zu einseitig und katechistisch auf Holocaust und Judenverfolgung im „Dritten Reich“ konzentriert und ignoriert damit beharrlich einen erweiterten Kontext von Kolonialismus, Imperialismus und Rassismus? Der vorliegende Beitrag versucht zu zeigen, dass die Dichotomien und Polemiken dieser Debatte die wissenschaftliche Forschung nahezu verdecken, die sich seit Jahrzehnten um eine angemessene Kontextualisierung der NS-Verbrechen bemüht. Einfache Kontinuitätskonstruktionen zwischen Kolonialismus und Holocaust hat die Forschung dabei mehrheitlich abgelehnt. Die nationalsozialistische Massengewalt jenseits des Holocaust sowie die NS-Okkupationspolitik in Osteuropa lohnen jedoch, unter kolonialen Prämissen näher analysiert zu werden.
{"title":"Holocaust, Kolonialismus und NS-Imperialismus","authors":"Frank Bajohr, Rachel O’Sullivan","doi":"10.1515/vfzg-2022-0008","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/vfzg-2022-0008","url":null,"abstract":"Abstract Seit 2020 wird in der Bundesrepublik mit wachsender Heftigkeit um die Ausrichtung der deutschen Erinnerungskultur gestritten: Ist diese zu einseitig und katechistisch auf Holocaust und Judenverfolgung im „Dritten Reich“ konzentriert und ignoriert damit beharrlich einen erweiterten Kontext von Kolonialismus, Imperialismus und Rassismus? Der vorliegende Beitrag versucht zu zeigen, dass die Dichotomien und Polemiken dieser Debatte die wissenschaftliche Forschung nahezu verdecken, die sich seit Jahrzehnten um eine angemessene Kontextualisierung der NS-Verbrechen bemüht. Einfache Kontinuitätskonstruktionen zwischen Kolonialismus und Holocaust hat die Forschung dabei mehrheitlich abgelehnt. Die nationalsozialistische Massengewalt jenseits des Holocaust sowie die NS-Okkupationspolitik in Osteuropa lohnen jedoch, unter kolonialen Prämissen näher analysiert zu werden.","PeriodicalId":51887,"journal":{"name":"VIERTELJAHRSHEFTE FUR ZEITGESCHICHTE","volume":"70 1","pages":"191 - 202"},"PeriodicalIF":0.2,"publicationDate":"2021-12-25","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"47746493","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
„So anregend es sein mag, einer gegenwärtig favorisierten Tendenz der Historiographie zufolge, Geschichte als ein vornehmlich subjektiv verstandenes Ensemble aus Sinneswahrnehmungen und Deutungsmustern, Symbolen und Repräsentationen, sozialer Praxis und Ritualen zu verstehen, geht es [...] darum, Sachverhalte zu rekonstruieren und Entscheidungslagen zu analysieren, also festzustellen, wie es eigentlich gewesen ist und warum es so gewesen ist. Die kulturalistische Tendenz unserer Tage mag, wenn sie den monographischen Test auf verschiedenen Feldern einmal in ausreichender Art und Weise bestanden hat, vielleicht Aufschlüsse geben, die jetzt noch verborgen sind; vorläufig jedenfalls sind die theoretischen Ansprüche ausgeprägter als die tatsächlichen Erträge. Denn auch in methodischer Hinsicht trifft zu, was im allgemeinen seine Geltung hat: Bewegung muß nicht immer mit Fortschritt und Wandel nicht unbedingt mit Verbesserung einhergehen. Diese Feststellung ist beileibe keine Absage an jene erforderliche Erneuerung des methodischen Rüstzeugs, um die sich die Geschichtswissenschaft ohne Unterlaß bemüht. Sie will aber durchaus als eine Warnung davor verstanden sein, nicht angesichts der Tatsache, daß Objektivität zu erreichen ein erkenntnistheoretisches Ideal bleiben muß, dem man sich nur annäherungsweise zu nähern vermag, jedem neuen ,turn‘ umgehend zu folgen und darüber die zentrale Aufgabe der Historiographie zu vernachlässigen, nämlich eine Geschichte darzustellen.“
{"title":"„Ich bin ganz aus Disziplin zusammengesetzt!“","authors":"Joachim Scholtyseck","doi":"10.1515/vfzg-2022-0009","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/vfzg-2022-0009","url":null,"abstract":"„So anregend es sein mag, einer gegenwärtig favorisierten Tendenz der Historiographie zufolge, Geschichte als ein vornehmlich subjektiv verstandenes Ensemble aus Sinneswahrnehmungen und Deutungsmustern, Symbolen und Repräsentationen, sozialer Praxis und Ritualen zu verstehen, geht es [...] darum, Sachverhalte zu rekonstruieren und Entscheidungslagen zu analysieren, also festzustellen, wie es eigentlich gewesen ist und warum es so gewesen ist. Die kulturalistische Tendenz unserer Tage mag, wenn sie den monographischen Test auf verschiedenen Feldern einmal in ausreichender Art und Weise bestanden hat, vielleicht Aufschlüsse geben, die jetzt noch verborgen sind; vorläufig jedenfalls sind die theoretischen Ansprüche ausgeprägter als die tatsächlichen Erträge. Denn auch in methodischer Hinsicht trifft zu, was im allgemeinen seine Geltung hat: Bewegung muß nicht immer mit Fortschritt und Wandel nicht unbedingt mit Verbesserung einhergehen. Diese Feststellung ist beileibe keine Absage an jene erforderliche Erneuerung des methodischen Rüstzeugs, um die sich die Geschichtswissenschaft ohne Unterlaß bemüht. Sie will aber durchaus als eine Warnung davor verstanden sein, nicht angesichts der Tatsache, daß Objektivität zu erreichen ein erkenntnistheoretisches Ideal bleiben muß, dem man sich nur annäherungsweise zu nähern vermag, jedem neuen ,turn‘ umgehend zu folgen und darüber die zentrale Aufgabe der Historiographie zu vernachlässigen, nämlich eine Geschichte darzustellen.“","PeriodicalId":51887,"journal":{"name":"VIERTELJAHRSHEFTE FUR ZEITGESCHICHTE","volume":"70 1","pages":"203 - 214"},"PeriodicalIF":0.2,"publicationDate":"2021-12-25","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"45995578","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}