Abstract Ziel dieses Beitrags ist es, die Rolle von Gruppen für Sozialinvestitionen aus Sicht des Capability-Ansatzes zu klären. Um die Zielgruppe sozialer Investitionen zu bestimmen, ist es nötig zu verstehen, warum welche Menschen in Not geraten, denn es geht bei Sozialinvestitionen darum, so „in Menschen zu investieren“, dass diese gar nicht erst in diese Lage kommen. Gemäß dem Capability-Ansatz ist es sinnvoll, umfassende soziale Teilhabe der Betroffenen anzustreben – und nicht nur ihre Beschäftigungsfähigkeit. Daher empfiehlt er, die Zielpersonen in die Auswahl und Gestaltung der Maßnahmen einzubeziehen. Im europäischen Forschungsprojekt RE-InVEST, das der Beitrag zur Illustration heranzieht, wurde erprobt, ob und wie dies geschehen kann. Die Beteiligung Betroffener in Form von „öffentlichem Vernunftgebrauch“ hat sich als möglich, jedoch auch sehr herausfordernd erwiesen, da diese verlangte, sich primär für jene einzusetzen, die in Zukunft oder stärker betroffen sind. Um sicherzustellen, dass die Beteiligten auch selbst profitieren, muss die Partizipation der Zielgruppe zum integralen Bestandteil der Konzeption und Ausgestaltung von Sozialinvestitionen werden.
{"title":"Die Rolle von Gruppen für Sozialinvestitionen und partizipative Forschung darüber aus Capability-Sicht","authors":"O. Leßmann, E. Buchner","doi":"10.1515/ZSR-2018-0016","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/ZSR-2018-0016","url":null,"abstract":"Abstract Ziel dieses Beitrags ist es, die Rolle von Gruppen für Sozialinvestitionen aus Sicht des Capability-Ansatzes zu klären. Um die Zielgruppe sozialer Investitionen zu bestimmen, ist es nötig zu verstehen, warum welche Menschen in Not geraten, denn es geht bei Sozialinvestitionen darum, so „in Menschen zu investieren“, dass diese gar nicht erst in diese Lage kommen. Gemäß dem Capability-Ansatz ist es sinnvoll, umfassende soziale Teilhabe der Betroffenen anzustreben – und nicht nur ihre Beschäftigungsfähigkeit. Daher empfiehlt er, die Zielpersonen in die Auswahl und Gestaltung der Maßnahmen einzubeziehen. Im europäischen Forschungsprojekt RE-InVEST, das der Beitrag zur Illustration heranzieht, wurde erprobt, ob und wie dies geschehen kann. Die Beteiligung Betroffener in Form von „öffentlichem Vernunftgebrauch“ hat sich als möglich, jedoch auch sehr herausfordernd erwiesen, da diese verlangte, sich primär für jene einzusetzen, die in Zukunft oder stärker betroffen sind. Um sicherzustellen, dass die Beteiligten auch selbst profitieren, muss die Partizipation der Zielgruppe zum integralen Bestandteil der Konzeption und Ausgestaltung von Sozialinvestitionen werden.","PeriodicalId":83585,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Sozialreform","volume":"64 1","pages":"275 - 303"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2018-10-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"45156591","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Abstract From a perspective of social investment, this article analyses monetary efforts made by European countries in terms of active and passive labour market policy (LMP) between 2006 and 2015. How did spending evolve under the double impression of the social investment discourse and the crisis after 2008? How does LMP now differ from what it was before the crisis? We find that there is no real trend towards social investment in the field of LMP in recent years. This shows both in the relationship between passive and active spending and in the composition of active spending. In particular, training – crucial to a social investment approach – is further weakened in most countries’ policy arrangements. Concerning levels of spending, it is shown that labour market policy gets fiscally more demanding on aggregate, while the amount of resources made available to the average individual job seeker shrinks. Spending on LMP also remains very unequal between European countries.
{"title":"Is labour market policy heading for social investment in European countries?","authors":"René Lehwess Litzmann","doi":"10.1515/ZSR-2018-0018","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/ZSR-2018-0018","url":null,"abstract":"Abstract From a perspective of social investment, this article analyses monetary efforts made by European countries in terms of active and passive labour market policy (LMP) between 2006 and 2015. How did spending evolve under the double impression of the social investment discourse and the crisis after 2008? How does LMP now differ from what it was before the crisis? We find that there is no real trend towards social investment in the field of LMP in recent years. This shows both in the relationship between passive and active spending and in the composition of active spending. In particular, training – crucial to a social investment approach – is further weakened in most countries’ policy arrangements. Concerning levels of spending, it is shown that labour market policy gets fiscally more demanding on aggregate, while the amount of resources made available to the average individual job seeker shrinks. Spending on LMP also remains very unequal between European countries.","PeriodicalId":83585,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Sozialreform","volume":"64 1","pages":"333 - 362"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2018-10-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/ZSR-2018-0018","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"45021118","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Abstract Entwickelte Wohlfahrtsstaaten stehen aktuell vor schwierigen demografischen, ökonomischen und finanziellen Herausforderungen. Ein vielfach vorgeschlagener Weg, um mit diesen Herausforderungen umzugehen, ist die Etablierung von Sozialinvestitionsstaaten. Wiewohl diese Option zur Reformierung traditioneller Wohlfahrtsstaaten generell positiv rezipiert wird, bleibt unklar, was Sozialinvestitionen genau sind. Aufgrund divergierender Abgrenzungen kommen empirische Studien zur Entwicklung von Sozialinvestitionen zu mitunter unterschiedlichen Ergebnissen. In diesem Artikel schlagen wir eine Konzeptualisierung von Sozialinvestitionen vor, die wir aus der ökonomischen Humankapitaltheorie ableiten. In diesem Sinn definieren wir sozialpolitische Maßnahmen, welche die Beschäftigungsfähigkeit von Personen erhöhen (wollen), Menschen nachhaltig in den Erwerbsarbeitsmarkt integrieren (wollen) und/oder in das Humankapital von (zukünftigen) Arbeitskräften investieren (wollen), als sozialinvestive Maßnahmen. Wir zeigen Ähnlichkeiten und Unterschiede unseres relativ engen Abgrenzungsvorschlags mit in der Literatur bislang verwendeten Konzeptualisierungen auf und leiten auf dieser Basis Stärken und Schwächen unseres Ansatzes ab.
{"title":"Zur Konzeptualisierung von Sozialinvestitionen auf Basis der ökonomischen Humankapitaltheorie","authors":"Karin Heitzmann, Sandra Matzinger","doi":"10.1515/ZSR-2018-0019","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/ZSR-2018-0019","url":null,"abstract":"Abstract Entwickelte Wohlfahrtsstaaten stehen aktuell vor schwierigen demografischen, ökonomischen und finanziellen Herausforderungen. Ein vielfach vorgeschlagener Weg, um mit diesen Herausforderungen umzugehen, ist die Etablierung von Sozialinvestitionsstaaten. Wiewohl diese Option zur Reformierung traditioneller Wohlfahrtsstaaten generell positiv rezipiert wird, bleibt unklar, was Sozialinvestitionen genau sind. Aufgrund divergierender Abgrenzungen kommen empirische Studien zur Entwicklung von Sozialinvestitionen zu mitunter unterschiedlichen Ergebnissen. In diesem Artikel schlagen wir eine Konzeptualisierung von Sozialinvestitionen vor, die wir aus der ökonomischen Humankapitaltheorie ableiten. In diesem Sinn definieren wir sozialpolitische Maßnahmen, welche die Beschäftigungsfähigkeit von Personen erhöhen (wollen), Menschen nachhaltig in den Erwerbsarbeitsmarkt integrieren (wollen) und/oder in das Humankapital von (zukünftigen) Arbeitskräften investieren (wollen), als sozialinvestive Maßnahmen. Wir zeigen Ähnlichkeiten und Unterschiede unseres relativ engen Abgrenzungsvorschlags mit in der Literatur bislang verwendeten Konzeptualisierungen auf und leiten auf dieser Basis Stärken und Schwächen unseres Ansatzes ab.","PeriodicalId":83585,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Sozialreform","volume":"64 1","pages":"363 - 386"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2018-10-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/ZSR-2018-0019","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"42631069","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Abstract Die Ereignisse seit dem Ausbruch der Großen Rezession haben gezeigt, dass die soziale Dimension der EU eine entscheidende Bedeutung für die Stabilität und politische Legitimation der EU einnimmt. Der vorliegende Beitrag untersucht die Rolle und das Potenzial der sozialinvestiven Perspektive auf den Wohlfahrtsstaat für die Weiterentwicklung des europäischen Integrationsprojekts. Dazu werden in einem ersten Schritt die Kerngedanken dieses sozialpolitischen Ansatzes erläutert und ihre Bedeutung mit Blick auf die EU und insbesondere auf die Währungsunion beleuchtet. In einem zweiten Schritt wird analysiert, in welcher Form und in welchem Ausmaß der sozialinvestive Ansatz im politischen Prozess der EU verankert ist, wobei der Fokus auf den jüngsten Entwicklungen und Initiativen liegt.
{"title":"Der investive Sozialstaat: Rettung aus der Krise des europäischen Integrationsprojekts?","authors":"Thomas Leoni","doi":"10.1515/ZSR-2018-0017","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/ZSR-2018-0017","url":null,"abstract":"Abstract Die Ereignisse seit dem Ausbruch der Großen Rezession haben gezeigt, dass die soziale Dimension der EU eine entscheidende Bedeutung für die Stabilität und politische Legitimation der EU einnimmt. Der vorliegende Beitrag untersucht die Rolle und das Potenzial der sozialinvestiven Perspektive auf den Wohlfahrtsstaat für die Weiterentwicklung des europäischen Integrationsprojekts. Dazu werden in einem ersten Schritt die Kerngedanken dieses sozialpolitischen Ansatzes erläutert und ihre Bedeutung mit Blick auf die EU und insbesondere auf die Währungsunion beleuchtet. In einem zweiten Schritt wird analysiert, in welcher Form und in welchem Ausmaß der sozialinvestive Ansatz im politischen Prozess der EU verankert ist, wobei der Fokus auf den jüngsten Entwicklungen und Initiativen liegt.","PeriodicalId":83585,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Sozialreform","volume":"64 1","pages":"305 - 332"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2018-10-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/ZSR-2018-0017","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"46833036","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Das Jahr 2017 war erneut ein Jahr des Rekordstandes, was die Zahl der Erwerbstätigen angeht. Auch die Zahl der geleisteten bezahlten Arbeitsstunden, das sogenannte Arbeitsvolumen, hat den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung erreicht, während die Arbeitslosigkeit weiter gesunken ist. Auf der Ebene der Gesamtindikatoren beobachten wir also eine sehr positive Entwicklung. Damit einher geht auch ein bemerkenswertes Wachstum der BruttoNominallöhne, wenngleich aufgrund des moderaten Anziehens der Inflation die Reallöhne allerdings nicht ganz Schritt halten können. Insgesamt konnten wir im vergangenen Jahrzehnt eine „normalere“ Entwicklung der Löhne beobachten, vor allem im Vergleich zu den 2000er Jahren, was in der Folge zu einer Stabilisierung der Lohnstückkosten geführt hat. Die Entwicklung im vergangenen Jahr sind insbesondere auch auf das positive globale Wirtschaftsklima zurückzuführen, trotz wachsender Unsicherheiten über die weitere Entwicklung des Welthandels, der für die exportorientierte deutsche Wirtschaft von besonderer Bedeutung ist. Institutionell haben sich auch aufgrund des Bundestagswahlkampfs wenige Änderungen ergeben, wenn man einmal vom Thema Leiharbeit/Zeitarbeit und dem Entgelttransparenzgesetz absieht. Die Politik der vergangenen Jahre wirkt sich allerdings weiterhin aus. So ist der Mindestlohn beispielsweise zum 1. Januar 2017, also nach zwei Jahren, von 8,50 Euro auf 8,84 Euro pro Stunde bundesweit angestiegen. Dieser gilt weiterhin für jeden, allerdings mit einigen Ausnahmen etwa bei Auszubildenden und Langzeitarbeitslosen, wobei einige Übergangsregeln für bestimmte Beschäftigungsgruppen – etwa für Zeitungszusteller/-innen und Branchen mit allgemeinverbindlichen Tarifverträgen wie die Fleischbranche, die Zeitarbeit oder die Landwirtschaft – nun seit letztem Jahr
{"title":"Rückblick auf die Arbeitsmarktpolitik im Jahr 2017","authors":"W. Eichhorst","doi":"10.1515/zsr-2018-0007","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/zsr-2018-0007","url":null,"abstract":"Das Jahr 2017 war erneut ein Jahr des Rekordstandes, was die Zahl der Erwerbstätigen angeht. Auch die Zahl der geleisteten bezahlten Arbeitsstunden, das sogenannte Arbeitsvolumen, hat den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung erreicht, während die Arbeitslosigkeit weiter gesunken ist. Auf der Ebene der Gesamtindikatoren beobachten wir also eine sehr positive Entwicklung. Damit einher geht auch ein bemerkenswertes Wachstum der BruttoNominallöhne, wenngleich aufgrund des moderaten Anziehens der Inflation die Reallöhne allerdings nicht ganz Schritt halten können. Insgesamt konnten wir im vergangenen Jahrzehnt eine „normalere“ Entwicklung der Löhne beobachten, vor allem im Vergleich zu den 2000er Jahren, was in der Folge zu einer Stabilisierung der Lohnstückkosten geführt hat. Die Entwicklung im vergangenen Jahr sind insbesondere auch auf das positive globale Wirtschaftsklima zurückzuführen, trotz wachsender Unsicherheiten über die weitere Entwicklung des Welthandels, der für die exportorientierte deutsche Wirtschaft von besonderer Bedeutung ist. Institutionell haben sich auch aufgrund des Bundestagswahlkampfs wenige Änderungen ergeben, wenn man einmal vom Thema Leiharbeit/Zeitarbeit und dem Entgelttransparenzgesetz absieht. Die Politik der vergangenen Jahre wirkt sich allerdings weiterhin aus. So ist der Mindestlohn beispielsweise zum 1. Januar 2017, also nach zwei Jahren, von 8,50 Euro auf 8,84 Euro pro Stunde bundesweit angestiegen. Dieser gilt weiterhin für jeden, allerdings mit einigen Ausnahmen etwa bei Auszubildenden und Langzeitarbeitslosen, wobei einige Übergangsregeln für bestimmte Beschäftigungsgruppen – etwa für Zeitungszusteller/-innen und Branchen mit allgemeinverbindlichen Tarifverträgen wie die Fleischbranche, die Zeitarbeit oder die Landwirtschaft – nun seit letztem Jahr","PeriodicalId":83585,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Sozialreform","volume":"64 1","pages":"111 - 119"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2018-06-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/zsr-2018-0007","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"47052974","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Abstract Das Stigmabewusstsein Arbeitsloser ist ein bisher weitgehend unerforschtes Feld. Dieser Artikel untersucht unter Verwendung von quantitativen und qualitativen Daten (Mixed Methods) den Zusammenhang zwischen dem Erleben von Sanktionen im Vermittlungsprozess und dem Ausmaß, in dem die Betroffenen glauben, aufgrund von Arbeitslosigkeit stigmatisiert zu sein. Die quantitative Analyse zeigt, dass Sanktionen nicht mit dem Stigmabewusstsein aufgrund von Arbeitslosigkeit korrelieren. In anschließenden, komplementären Analysen von qualitativen Daten werden vier Mechanismen herausgearbeitet, die erklären können, warum erwartete signifikante Korrelationen zwischen der konkreten Sanktionierung und dem Stigmabewusstsein ausbleiben. Ein zentraler Faktor ist hier die weite Verbreitung und ständige Androhung von Sanktionen.
{"title":"Gehen Sanktionen mit einem höheren Stigmabewusstsein bei Arbeitslosen einher?","authors":"Thomas Gurr, S. Unger, Monika Jungbauer-Gans","doi":"10.1515/ZSR-2018-0012","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/ZSR-2018-0012","url":null,"abstract":"Abstract Das Stigmabewusstsein Arbeitsloser ist ein bisher weitgehend unerforschtes Feld. Dieser Artikel untersucht unter Verwendung von quantitativen und qualitativen Daten (Mixed Methods) den Zusammenhang zwischen dem Erleben von Sanktionen im Vermittlungsprozess und dem Ausmaß, in dem die Betroffenen glauben, aufgrund von Arbeitslosigkeit stigmatisiert zu sein. Die quantitative Analyse zeigt, dass Sanktionen nicht mit dem Stigmabewusstsein aufgrund von Arbeitslosigkeit korrelieren. In anschließenden, komplementären Analysen von qualitativen Daten werden vier Mechanismen herausgearbeitet, die erklären können, warum erwartete signifikante Korrelationen zwischen der konkreten Sanktionierung und dem Stigmabewusstsein ausbleiben. Ein zentraler Faktor ist hier die weite Verbreitung und ständige Androhung von Sanktionen.","PeriodicalId":83585,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Sozialreform","volume":"64 1","pages":"217 - 248"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2018-06-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/ZSR-2018-0012","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"44983332","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Stephan Leibfried und ich kamen vor gut 42 Jahren in Kontakt. Genauer gesagt bin ich auf ihn als Person erst etwa zwei Jahre später aufmerksam geworden. Anlässlich des Bielefelder Soziologentages 1976 hatten Christian von Ferber und ich geplant, eine Sektion „Sozialpolitik“ in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie zu gründen, doch das überwältigende Interesse veranlasste uns, zunächst nur eine Interessentenliste durch den überfüllten Raum gehen zu lassen. Bei der Durchsicht dieser Liste fand sich ein einziger Jurist, ein uns unbekannter Stephan Leibfried. Und da wir der Meinung waren, die Sektion sollte interdisziplinär ausgerichtet sein, luden wir Leibfried zu der Studiengruppe „Staatliche Sozialpolitik und nicht-professionelle Sozialsysteme“ bei der Werner Reimers Stiftung ein, aus der heraus dann die Sektion Sozialpolitik gegründet wurde.2 Dort fiel mir Leibfried durch seinen Fleiß auf, mit dem er sich am Schreiben eines Antrags auf ein Schwerpunktprogramm der DFG beteiligte – man kann das rückblickend fast schon als Charakterzug bezeichnen. Das schließlich bewilligte Schwerpunktprogramm stand unter dem Thema: „Gesellschaftliche Bedingungen sozialpolitischer Intervention – Staat, intermediäre Instanzen und Selbsthilfe“, und in seinem Rahmen erwarb Stephan Leibfried seine ersten bescheidenen Drittmittel in der Höhe von zunächst etwa 35.000 DM für ein Projekt mit dem anspruchsvollen Titel: „Zu den gesellschaftlichen Bedingungen der Sozialpolitik: Die praktische Bestimmung des Existenzminimums im Spannungsfeld von Staat, Kommune, intermediärer Organisation und sozialen Bewegungen“. Mit dem Fokus auf die Bestimmung des Existenzminimums zielte Leibfried sogleich auf eine Achillesferse des deutschen Sozialstaats. Die Armutspolitik wurde bis zur Sozialhilfegesetzgebung von 1960 nicht systematisch
Stephan Leibfried和我早在42年前就有过接触。更具体地说,大约两年后,我才意识到他是一个人。在1976年比勒费尔德社会学家日之际,克里斯蒂安·冯·费伯和我计划关于社会政策的一节“成立于德国社会学学会,但压倒性的兴趣导致我们最初只让一份感兴趣的各方名单通过拥挤的房间。国家社会政策与非职业社会制度研究小组“在Werner Reimers基金会,社会政策科就是从那里成立的。2我注意到Leibfried在撰写DFG优先计划申请时的勤奋——回顾过去,人们几乎可以把这描述为一种特质。社会政策干预的条件——国家,中介机构和自助“关于社会政策的社会条件:在国家、市政府、中间组织和社会运动之间的紧张局势中对最低生活保障的实际确定“随着对确定最低生活水平的关注,Leibfried立即瞄准了德国福利国家的致命弱点。直到20世纪60年代的社会福利立法才系统地推行贫困政策。
{"title":"Stephan Leibfried und die Wissenschaft von der Sozialpolitik","authors":"F. Kaufmann","doi":"10.1515/zsr-2018-0013","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/zsr-2018-0013","url":null,"abstract":"Stephan Leibfried und ich kamen vor gut 42 Jahren in Kontakt. Genauer gesagt bin ich auf ihn als Person erst etwa zwei Jahre später aufmerksam geworden. Anlässlich des Bielefelder Soziologentages 1976 hatten Christian von Ferber und ich geplant, eine Sektion „Sozialpolitik“ in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie zu gründen, doch das überwältigende Interesse veranlasste uns, zunächst nur eine Interessentenliste durch den überfüllten Raum gehen zu lassen. Bei der Durchsicht dieser Liste fand sich ein einziger Jurist, ein uns unbekannter Stephan Leibfried. Und da wir der Meinung waren, die Sektion sollte interdisziplinär ausgerichtet sein, luden wir Leibfried zu der Studiengruppe „Staatliche Sozialpolitik und nicht-professionelle Sozialsysteme“ bei der Werner Reimers Stiftung ein, aus der heraus dann die Sektion Sozialpolitik gegründet wurde.2 Dort fiel mir Leibfried durch seinen Fleiß auf, mit dem er sich am Schreiben eines Antrags auf ein Schwerpunktprogramm der DFG beteiligte – man kann das rückblickend fast schon als Charakterzug bezeichnen. Das schließlich bewilligte Schwerpunktprogramm stand unter dem Thema: „Gesellschaftliche Bedingungen sozialpolitischer Intervention – Staat, intermediäre Instanzen und Selbsthilfe“, und in seinem Rahmen erwarb Stephan Leibfried seine ersten bescheidenen Drittmittel in der Höhe von zunächst etwa 35.000 DM für ein Projekt mit dem anspruchsvollen Titel: „Zu den gesellschaftlichen Bedingungen der Sozialpolitik: Die praktische Bestimmung des Existenzminimums im Spannungsfeld von Staat, Kommune, intermediärer Organisation und sozialen Bewegungen“. Mit dem Fokus auf die Bestimmung des Existenzminimums zielte Leibfried sogleich auf eine Achillesferse des deutschen Sozialstaats. Die Armutspolitik wurde bis zur Sozialhilfegesetzgebung von 1960 nicht systematisch","PeriodicalId":83585,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Sozialreform","volume":"64 1","pages":"249 - 259"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2018-06-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/zsr-2018-0013","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"42323905","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Abstract Die Arbeitsbedingungen von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Deutschland sind durch eine ambivalente Mischung aus hoher Autonomie und interessanten Arbeitsinhalten einerseits, unsicheren Arbeitsverhältnissen und unklaren Karriereaussichten andererseits geprägt. Wir analysieren die Einflussfaktoren der work-life balance in dieser Gruppe und beziehen sowohl den Konflikt von Arbeit und Privatleben (work-life conflict) als auch die wechselseitige Bereicherung (work-life enrichment) ein. Für die empirischen Analysen verwenden wir Daten einer Onlinebefragung von 96 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften einer deutschen Universität aus dem Jahr 2015. Mit linearen Regressionsanalysen untersuchen wir, wie Arbeitsbedingungen und -ressourcen work-life conflict und work-life enrichment beeinflussen. Zentrales Ergebnis unserer Analyse ist, dass insbesondere befristete Verträge und Wochenendarbeit den work-life conflict erhöhen. Eine gute Arbeitsatmosphäre im Team trägt hingegen zu einer Bereicherung des Privatlebens bei.
{"title":"Work-Life-Balance und Arbeitsbedingungen von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Deutschland","authors":"Sven Lenkewitz, Katja Möhring","doi":"10.1515/ZSR-2018-0010","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/ZSR-2018-0010","url":null,"abstract":"Abstract Die Arbeitsbedingungen von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Deutschland sind durch eine ambivalente Mischung aus hoher Autonomie und interessanten Arbeitsinhalten einerseits, unsicheren Arbeitsverhältnissen und unklaren Karriereaussichten andererseits geprägt. Wir analysieren die Einflussfaktoren der work-life balance in dieser Gruppe und beziehen sowohl den Konflikt von Arbeit und Privatleben (work-life conflict) als auch die wechselseitige Bereicherung (work-life enrichment) ein. Für die empirischen Analysen verwenden wir Daten einer Onlinebefragung von 96 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften einer deutschen Universität aus dem Jahr 2015. Mit linearen Regressionsanalysen untersuchen wir, wie Arbeitsbedingungen und -ressourcen work-life conflict und work-life enrichment beeinflussen. Zentrales Ergebnis unserer Analyse ist, dass insbesondere befristete Verträge und Wochenendarbeit den work-life conflict erhöhen. Eine gute Arbeitsatmosphäre im Team trägt hingegen zu einer Bereicherung des Privatlebens bei.","PeriodicalId":83585,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Sozialreform","volume":"64 1","pages":"163 - 185"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2018-06-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/ZSR-2018-0010","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"43779563","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}