Pub Date : 2021-09-30DOI: 10.5771/0342-300x-2021-5-409
Tony Evans
{"title":"Gewerkschaftliche Positionen zum Verhältnis von Freiwilligenarbeit und Erwerbsarbeit in Großbritannien","authors":"Tony Evans","doi":"10.5771/0342-300x-2021-5-409","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/0342-300x-2021-5-409","url":null,"abstract":"","PeriodicalId":255082,"journal":{"name":"WSI-Mitteilungen","volume":"19 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2021-09-30","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"114280912","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2021-03-23DOI: 10.5771/0342-300X-2021-2-87
Sigurt Vitols, R. Scholz
Eine laufende Debatte in der Wissenschaft und in der Politik ist die Frage, ob die Finanzmärkte von Kurzfristigkeit geprägt sind. Denn auf Kurzfristigkeit orientierte Investoren üben meist Druck auf die Unternehmen aus, in die sie investiert haben, damit diese die Finanzmittel in Form von Aktienrückkäufen oder erhöhten Dividenden auszahlen, anstatt sie in langfristige Projekte zu investieren, auch wenn Letztere voraussichtlich mehr Gewinn in der Zukunft erzielen würden. In der Literatur wurde bisher kaum untersucht, welchen Einfluss Arbeitnehmervertretungen im Aufsichtsrat auf das Investitionsverhalten haben können. Der Beitrag ergänzt die Forschung zweifach. Zum einen wird der Mitbestimmungsindex (MB-ix) zur Messung der institutionell verankerten Mitbestimmungsstärke in deutschen Unternehmen verwendet. Dieser Index ist ein weitaus differenzierterer Indikator als jene, die in den existierenden quantitativen Studien bislang verwendet werden. Zweitens werden robuste Regressionsmodelle genutzt, um den Einfluss extremer Ausreißer in den Daten zu berücksichtigen. Auf Basis einer Stichprobe von mehr als 200 Unternehmen, die zwischen 2006–2018 an der deutschen Börse notiert sind, zeigt sich durch eine explorative Schätzung, dass die Stärke der Mitbestimmung (MB-ix) signifikant und positiv mit der Rate der Kapitalinvestitionen zusammenhängt.
{"title":"Unternehmensmitbestimmung und langfristige Investitionen in deutschen Unternehmen","authors":"Sigurt Vitols, R. Scholz","doi":"10.5771/0342-300X-2021-2-87","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/0342-300X-2021-2-87","url":null,"abstract":"Eine laufende Debatte in der Wissenschaft und in der Politik ist die Frage, ob die Finanzmärkte von Kurzfristigkeit geprägt sind. Denn auf Kurzfristigkeit orientierte Investoren üben meist Druck auf die Unternehmen aus, in die sie investiert haben, damit diese die Finanzmittel in Form von Aktienrückkäufen oder erhöhten Dividenden auszahlen, anstatt sie in langfristige Projekte zu investieren, auch wenn Letztere voraussichtlich mehr Gewinn in der Zukunft erzielen würden. In der Literatur wurde bisher kaum untersucht, welchen Einfluss Arbeitnehmervertretungen im Aufsichtsrat auf das Investitionsverhalten haben können. Der Beitrag ergänzt die Forschung zweifach. Zum einen wird der Mitbestimmungsindex (MB-ix) zur Messung der institutionell verankerten Mitbestimmungsstärke in deutschen Unternehmen verwendet. Dieser Index ist ein weitaus differenzierterer Indikator als jene, die in den existierenden quantitativen Studien bislang verwendet werden. Zweitens werden robuste Regressionsmodelle genutzt, um den Einfluss extremer Ausreißer in den Daten zu berücksichtigen. Auf Basis einer Stichprobe von mehr als 200 Unternehmen, die zwischen 2006–2018 an der deutschen Börse notiert sind, zeigt sich durch eine explorative Schätzung, dass die Stärke der Mitbestimmung (MB-ix) signifikant und positiv mit der Rate der Kapitalinvestitionen zusammenhängt.","PeriodicalId":255082,"journal":{"name":"WSI-Mitteilungen","volume":"46 23","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2021-03-23","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"113936618","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2021-01-31DOI: 10.5771/0342-300X-2021-1-66
Stefanie Lorenzen
Mehrere Länder haben inzwischen die Verantwortung von Unternehmen für Menschenrechte in Lieferketten gesetzlich geregelt. Meist betreffen sie spezifische Branchen, Themen oder Rechte, etwa ein niederländisches Gesetz gegen Kinderarbeit, Verhaltensstandards zu Konfliktrohstoffen in den USA und der EU, Berichtspflichten in Bezug auf Menschenhandel und moderne Sklaverei in Großbritannien, Australien und den USA. In Deutschland befindet sich im September 2020, zum Entstehungszeitpunkt dieses Beitrags, die Debatte um ein sektorunabhängiges, allgemeines Lieferkettengesetz in einer entscheidenden Phase. 2016 formulierte die Bundesregierung in ihrem Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) die Erwartung an alle deutschen Unternehmen, Menschenrechte in ihren Lieferketten zu achten. 1 Dabei setzte sie grundsätzlich darauf, dass Unternehmen dies freiwillig erfüllen. Bis zum Sommer 2020 wurde in zwei Erhebungsphasen geprüft, ob mindestens die Hälfte der ca. 7200 international aktiven deutschen Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern bereits von sich aus einer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachkommen. In der abschließenden Evaluierung erfüllten nur etwa 13–17 % der Unternehmen die Menschenrechtsvorgaben des NAP. Aufgrund dieser mehr als deutlich unter 50 % liegenden Quote sah sich die Bundesregierung aus dem NAP und dem Koalitionsvertrag von 2017 verpflichtet, „national gesetzlich tätig“ zu werden. Federführend für Eckpunkte zu einem Gesetzentwurf waren die Bundesministerien für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), für Arbeit und Soziales (BMAS) und für Wirtschaft (BMWi). Sowohl Entwicklungsminister Gert Müller (CSU) als auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) stellten sich wiederholt hinter ein ambitioniertes, haftungsbewehrtes Lieferkettengesetz. Dagegen steht Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dem Projekt insgesamt eher kritisch gegenüber. Vieles ist in der zum jetzigen Zeitpunkt noch ausstehenden Einigung über Eckpunkte zu einem Gesetz strittig. Dieser Beitrag diskutiert deshalb, welcher Inhalte und Voraussetzungen es bedarf, um ein deutsches Lieferkettengesetz wirksam machen. Welche Umstände unterstützen, dass die Ziele einer solchen Regulierung erreicht werden ? Hierzu werden einige Regelungselemente und Wirkungsbedingungen des Gesetzes selbst untersucht. Darüber hinaus blickt der Beitrag auf weitere Rahmenbedingungen, insbesondere die Rolle der Arbeitnehmervertretungen.
{"title":"Lieferkettengesetz – wie wird es wirksam?","authors":"Stefanie Lorenzen","doi":"10.5771/0342-300X-2021-1-66","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/0342-300X-2021-1-66","url":null,"abstract":"Mehrere Länder haben inzwischen die Verantwortung von Unternehmen für Menschenrechte in Lieferketten gesetzlich geregelt. Meist betreffen sie spezifische Branchen, Themen oder Rechte, etwa ein niederländisches Gesetz gegen Kinderarbeit, Verhaltensstandards zu Konfliktrohstoffen in den USA und der EU, Berichtspflichten in Bezug auf Menschenhandel und moderne Sklaverei in Großbritannien, Australien und den USA. In Deutschland befindet sich im September 2020, zum Entstehungszeitpunkt dieses Beitrags, die Debatte um ein sektorunabhängiges, allgemeines Lieferkettengesetz in einer entscheidenden Phase. 2016 formulierte die Bundesregierung in ihrem Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) die Erwartung an alle deutschen Unternehmen, Menschenrechte in ihren Lieferketten zu achten. 1 Dabei setzte sie grundsätzlich darauf, dass Unternehmen dies freiwillig erfüllen. Bis zum Sommer 2020 wurde in zwei Erhebungsphasen geprüft, ob mindestens die Hälfte der ca. 7200 international aktiven deutschen Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern bereits von sich aus einer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachkommen. In der abschließenden Evaluierung erfüllten nur etwa 13–17 % der Unternehmen die Menschenrechtsvorgaben des NAP. Aufgrund dieser mehr als deutlich unter 50 % liegenden Quote sah sich die Bundesregierung aus dem NAP und dem Koalitionsvertrag von 2017 verpflichtet, „national gesetzlich tätig“ zu werden. Federführend für Eckpunkte zu einem Gesetzentwurf waren die Bundesministerien für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), für Arbeit und Soziales (BMAS) und für Wirtschaft (BMWi). Sowohl Entwicklungsminister Gert Müller (CSU) als auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) stellten sich wiederholt hinter ein ambitioniertes, haftungsbewehrtes Lieferkettengesetz. Dagegen steht Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dem Projekt insgesamt eher kritisch gegenüber. Vieles ist in der zum jetzigen Zeitpunkt noch ausstehenden Einigung über Eckpunkte zu einem Gesetz strittig. Dieser Beitrag diskutiert deshalb, welcher Inhalte und Voraussetzungen es bedarf, um ein deutsches Lieferkettengesetz wirksam machen. Welche Umstände unterstützen, dass die Ziele einer solchen Regulierung erreicht werden ? Hierzu werden einige Regelungselemente und Wirkungsbedingungen des Gesetzes selbst untersucht. Darüber hinaus blickt der Beitrag auf weitere Rahmenbedingungen, insbesondere die Rolle der Arbeitnehmervertretungen.","PeriodicalId":255082,"journal":{"name":"WSI-Mitteilungen","volume":"44 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2021-01-31","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"123210193","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2020-11-24DOI: 10.5771/0342-300x-2020-6-493
Nicole Mayer-Ahuja, Richard Detje
Seit Ausbruch der Corona-Pandemie wird „Solidarität“ beschworen – nicht im Sinne der Arbeiter*innenbewegung, sondern als Appell an den Zusammenhalt eines klassen- und lagerübergreifenden „Wir“. Dennoch wurden Maßnahmen ergriffen, für die Gewerkschaften lange vergeblich gekämpft hatten – Schuldenbremse und Hartz IV-Sanktionen wurden ausgesetzt, Beschäftigungssicherung durch Kurzarbeit erreichte Höchststände. Zugleich verschärften sich die mit Lohnarbeit verbundenen sozialen Problemlagen (weitere Polarisierung der Arbeitszeiten, Einkommensverluste, Zuspitzungen der „Krise der Reproduktion“ u. a. im Home Office) und alte Spaltungslinien blieben erhalten – selbst für die „Held*innen des Alltags“ gelangte Entprekarisierung nicht auf die politische Agenda. Inwiefern lassen sich dennoch Potenziale für eine solidarische Politik der Arbeit erkennen – etwa weil Arbeit und die Reproduktion von Arbeitskraft nun als „systemrelevant“ gelten, Konflikte um die Verteilung von Zeit und gesellschaftlichem Reichtum Unternehmens- und Branchengrenzen überschreiten oder verlässliche öffentliche Dienste sich im Zeichen von Corona als lebenssichernd erwiesen haben, was langjährige Strategien von Privatisierung und Ökonomisierung infrage stellt?
{"title":"„Solidarität“ in Zeiten der Pandemie: Potenziale für eine neue Politik der Arbeit?","authors":"Nicole Mayer-Ahuja, Richard Detje","doi":"10.5771/0342-300x-2020-6-493","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/0342-300x-2020-6-493","url":null,"abstract":"Seit Ausbruch der Corona-Pandemie wird „Solidarität“ beschworen – nicht im Sinne der Arbeiter*innenbewegung, sondern als Appell an den Zusammenhalt eines klassen- und lagerübergreifenden „Wir“. Dennoch wurden Maßnahmen ergriffen, für die Gewerkschaften lange vergeblich gekämpft hatten – Schuldenbremse und Hartz IV-Sanktionen wurden ausgesetzt, Beschäftigungssicherung durch Kurzarbeit erreichte Höchststände. Zugleich verschärften sich die mit Lohnarbeit verbundenen sozialen Problemlagen (weitere Polarisierung der Arbeitszeiten, Einkommensverluste, Zuspitzungen der „Krise der Reproduktion“ u. a. im Home Office) und alte Spaltungslinien blieben erhalten – selbst für die „Held*innen des Alltags“ gelangte Entprekarisierung nicht auf die politische Agenda. Inwiefern lassen sich dennoch Potenziale für eine solidarische Politik der Arbeit erkennen – etwa weil Arbeit und die Reproduktion von Arbeitskraft nun als „systemrelevant“ gelten, Konflikte um die Verteilung von Zeit und gesellschaftlichem Reichtum Unternehmens- und Branchengrenzen überschreiten oder verlässliche öffentliche Dienste sich im Zeichen von Corona als lebenssichernd erwiesen haben, was langjährige Strategien von Privatisierung und Ökonomisierung infrage stellt?","PeriodicalId":255082,"journal":{"name":"WSI-Mitteilungen","volume":"30 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-11-24","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"116399915","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2020-11-24DOI: 10.5771/0342-300x-2020-6-454
S. Lessenich
In der Corona-Krise hat der Begriff der „Vulnerabilität“ bzw. die Rede von „vulnerablen Gruppen“ Eingang in den öffentlichen Diskurs gefunden. Entgegen der verbreiteten Ansicht, dass diese semantische Konjunktur auch die Durchsetzung einer neuartigen „Politik für das Leben“ anzeigt, argumentiert der Beitrag, dass sich das Corona-Krisenmanagement vielmehr durch seine soziale Selektivität und eine Hierarchisierung des Lebenswerten auszeichnet. Während eine alternative Corona-Politik im Sinne des Vulnerabilitäts-Konzepts Robert Castels stattdessen auf eine institutionelle Bekämpfung sozialer Gefährdetheit zielen würde, setzt eine politische Strategie im Geiste von Judith Butlers Vulnerabilitäts-Verständnis eher auf die soziale Sensibilisierung für die grundlegende Verwundbarkeit des Körpers und des Lebens. Erst die Akzeptanz dieser allgemeinen sozialen Tatsache kann demnach die Basis für eine kollektive Bearbeitung auch der konkreten Vulnerabilitäten unterschiedlicher Personen und sozialer Positionen bilden.
{"title":"Leben machen und sterben lassen: Die Politik mit der Vulnerabilität","authors":"S. Lessenich","doi":"10.5771/0342-300x-2020-6-454","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/0342-300x-2020-6-454","url":null,"abstract":"In der Corona-Krise hat der Begriff der „Vulnerabilität“ bzw. die Rede von „vulnerablen Gruppen“ Eingang in den öffentlichen Diskurs gefunden. Entgegen der verbreiteten Ansicht, dass diese semantische Konjunktur auch die Durchsetzung einer neuartigen „Politik für das Leben“ anzeigt, argumentiert der Beitrag, dass sich das Corona-Krisenmanagement vielmehr durch seine soziale Selektivität und eine Hierarchisierung des Lebenswerten auszeichnet. Während eine alternative Corona-Politik im Sinne des Vulnerabilitäts-Konzepts Robert Castels stattdessen auf eine institutionelle Bekämpfung sozialer Gefährdetheit zielen würde, setzt eine politische Strategie im Geiste von Judith Butlers Vulnerabilitäts-Verständnis eher auf die soziale Sensibilisierung für die grundlegende Verwundbarkeit des Körpers und des Lebens. Erst die Akzeptanz dieser allgemeinen sozialen Tatsache kann demnach die Basis für eine kollektive Bearbeitung auch der konkreten Vulnerabilitäten unterschiedlicher Personen und sozialer Positionen bilden.","PeriodicalId":255082,"journal":{"name":"WSI-Mitteilungen","volume":"22 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-11-24","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"123821932","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2020-11-24DOI: 10.5771/0342-300x-2020-6-411
Florian Butollo
Die Engpässe bei Atemschutzmasken und medizinischer Ausrüstung im Laufe der Covid-19-Krise haben eine grundlegende Diskussion über die Krisenanfälligkeit globaler Wertschöpfungsketten angestoßen. Hierbei stehen Forderungen nach einer Rückverlagerung der Fertigung (Reshoring), einer Diversifizierung der Lieferketten und dem Aufbau von Lagerbeständen bzw. Sicherheitspuffern im Mittelpunkt. Der Beitrag hinterfragt die Grundannahmen dieser Debatten und zeigt, dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Folge der Covid-19-Krise nicht primär Resultat exzessiver Auslandsabhängigkeit, sondern der von Kostenoptimierungszielen getriebenen engen Taktung und komplexen Verzweigung von Wertschöpfungsketten ist. Antworten auf die Probleme mit der gegenwärtigen Struktur globaler Wertschöpfungsketten sollten dieses Thema in den Kontext der unumgänglichen sozial-ökologischen Transformation der Wirtschaftsweise stellen. Dies beinhaltet vor allem eine erhöhte gesellschaftliche Resilienz durch die Stärkung fundamentaler Güter und Dienstleistungen in Bereichen wie Wohnen, Energie, Wasser, Gesundheit, Bildung und Pflege.
{"title":"Sozialökologischer Umbau der Weltwirtschaft oder Handelskrieg mit anderen Mitteln?","authors":"Florian Butollo","doi":"10.5771/0342-300x-2020-6-411","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/0342-300x-2020-6-411","url":null,"abstract":"Die Engpässe bei Atemschutzmasken und medizinischer Ausrüstung im Laufe der Covid-19-Krise haben eine grundlegende Diskussion über die Krisenanfälligkeit globaler Wertschöpfungsketten angestoßen. Hierbei stehen Forderungen nach einer Rückverlagerung der Fertigung (Reshoring), einer Diversifizierung der Lieferketten und dem Aufbau von Lagerbeständen bzw. Sicherheitspuffern im Mittelpunkt. Der Beitrag hinterfragt die Grundannahmen dieser Debatten und zeigt, dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Folge der Covid-19-Krise nicht primär Resultat exzessiver Auslandsabhängigkeit, sondern der von Kostenoptimierungszielen getriebenen engen Taktung und komplexen Verzweigung von Wertschöpfungsketten ist. Antworten auf die Probleme mit der gegenwärtigen Struktur globaler Wertschöpfungsketten sollten dieses Thema in den Kontext der unumgänglichen sozial-ökologischen Transformation der Wirtschaftsweise stellen. Dies beinhaltet vor allem eine erhöhte gesellschaftliche Resilienz durch die Stärkung fundamentaler Güter und Dienstleistungen in Bereichen wie Wohnen, Energie, Wasser, Gesundheit, Bildung und Pflege.","PeriodicalId":255082,"journal":{"name":"WSI-Mitteilungen","volume":"184 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-11-24","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"122668868","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2020-11-24DOI: 10.5771/0342-300x-2020-6-468
Berthold Vogel
Die Pandemie zeigt: Die Zukunft demokratischer Gemeinwesen hängt von der Investitionsbereitschaft in öffentliche Güter ab. Der Beitrag plädiert für Strategien, die den öffentlichen Sektor und die dort Tätigen stärken. Diese Investitionen müssen von den lokalen Verhältnissen her denken und von der Notwendigkeit neuer regionaler Infrastrukturen des Zusammenhalts. Wer auf diese öffentlichen Güter setzt, der vertraut zunächst auf die Solidität unserer Institutionen – mehr als auf eine vorgängige Solidarität aller Bürgerinnen und Bürger. Beides ist nicht voneinander zu trennen, wie die anhaltende und stetige Diskussion um das Verhältnis von Staat und Zivilgesellschaft verdeutlicht. Aber eine Politik der öffentlichen Güter setzt darauf, dass die Tragfähigkeit der Institutionen politisch gestaltbar und demokratisch wie rechtsstaatlich zu gewährleisten ist – jedenfalls besser als die Organisation von Moralgemeinschaften oder die Hoffnung, dass uns die Krise zu besseren Menschen macht. Covid-19 als Weckruf? Das ist kein Appell an höhere Einsichten, sondern der praktische Aufruf, bestehende und weiter auszubauende Ressourcen unserer Gesellschaft zu nutzen und zu stärken.
{"title":"Covid-19 als Weckruf? Plädoyer für eine neue Politik öffentlicher Güter","authors":"Berthold Vogel","doi":"10.5771/0342-300x-2020-6-468","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/0342-300x-2020-6-468","url":null,"abstract":"Die Pandemie zeigt: Die Zukunft demokratischer Gemeinwesen hängt von der Investitionsbereitschaft in öffentliche Güter ab. Der Beitrag plädiert für Strategien, die den öffentlichen Sektor und die dort Tätigen stärken. Diese Investitionen müssen von den lokalen Verhältnissen her denken und von der Notwendigkeit neuer regionaler Infrastrukturen des Zusammenhalts. Wer auf diese öffentlichen Güter setzt, der vertraut zunächst auf die Solidität unserer Institutionen – mehr als auf eine vorgängige Solidarität aller Bürgerinnen und Bürger. Beides ist nicht voneinander zu trennen, wie die anhaltende und stetige Diskussion um das Verhältnis von Staat und Zivilgesellschaft verdeutlicht. Aber eine Politik der öffentlichen Güter setzt darauf, dass die Tragfähigkeit der Institutionen politisch gestaltbar und demokratisch wie rechtsstaatlich zu gewährleisten ist – jedenfalls besser als die Organisation von Moralgemeinschaften oder die Hoffnung, dass uns die Krise zu besseren Menschen macht. Covid-19 als Weckruf? Das ist kein Appell an höhere Einsichten, sondern der praktische Aufruf, bestehende und weiter auszubauende Ressourcen unserer Gesellschaft zu nutzen und zu stärken.","PeriodicalId":255082,"journal":{"name":"WSI-Mitteilungen","volume":"122 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-11-24","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"131730275","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2020-11-24DOI: 10.5771/0342-300x-2020-6-513
Sven Rahner, M. Schulze, M. Ehlert
Viele Beobachter des politischen Betriebs zeigten sich angesichts der Schnelligkeit und Konsequenz, mit der die deutsche Bundesregierung auf den plötzlichen CoronaSchock reagieren konnte, überrascht. Keine Anzeichen mehr von der zuletzt häufig konstatierten Staatsmüdigkeit und großkoalitionären Selbstgenügsamkeit. Die These einer Renaissance starker Staatlichkeit, die sich gegenüber den immer stärker ausbreitenden Eigenlogiken gesellschaftlich entkoppelter Weltkonzerne derart beindruckend behaupten könne, hätte wohl „vor Corona“ kaum Befürworter gefunden. Es ist das kollektiv erlebte Gefühl eines Gefahrenverzugs, das politische Handlungsräume in historischem Ausmaß eröffnet. Bundesfinanzminister Olaf Scholz verabschiedete sich von der zuvor mantrahaft beschworenen Schuldenbremse und bemühte dazu das drastische Sprachbild der „Bazooka“, die jetzt in die Hand genommen werden müsse. Das erste Konjunkturpaket, das durch die massiven finanziellen Investitionen in den Zukunftsfeldern Digitalisierung und Dekarbonisierung den digitalen und ökologischen Strukturwandel zusätzlich beschleunigen dürfte, beläuft sich mithin auf 130 Mrd. €. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte eine „große europäische Kraftanstrengung“ an, um dem „symmetrischen Schock“ zu begegnen, und sorgte mit ihrem gemeinsamen Vorstoß mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron für einen 500 Mrd. € schweren, nicht an Kredite gebundenen Wiederaufbaufonds international für Aufsehen. 1 Nach der nahezu vollständigen politischen und gesellschaftlichen Konzentration auf eine direkte Krisenreaktion läutete die Diskussion um die Inhalte der Konjunkturpakete eine zweite Phase der Corona-Politik ein. Im Anschluss an die kurzfristige gesundheitsund sozialpolitische Pandemieabwehr wurde in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft der berechtigte Ruf nach einer langfristig und sozialinvestiv orientierten Politikgestaltung lauter. 2 Unter den Bedingungen eines durch die Pandemie verstärkten digitalen und ökologischen Strukturwandels wird spätestens mit dem Auslaufen der gelockerten Insolvenz-, Steuerund Kurzarbeitsregelungen deutlich werden, dass die wirtschaftsund arbeitsmarktpolitische Schlüsselfrage in der systematischen Verknüpfung konjunktureller und struktureller Zukunftsaufgaben auf dem deutschen Arbeitsmarkt liegen wird. 3 Ausgehend von dieser Beobachtung wird im Folgenden zunächst ein einordnender Blick auf aktuelle Daten und Zusammenhänge aus der Weiterbildungsforschung geworfen. In einem weiteren Schritt wird der aktuelle Diskurs um geeignete wirtschaftsund arbeitsmarktpolitische Maßnahmen mit der politischen und wissenschaftlichen Auseinandersetzung um die Stärkung der individuellen Weiterbildungsförderung verbunden, die im Zuge des digitalen und ökologischen Wandels zunehmend Auftrieb erhält. Abschließend wird mit Bezug auf die Geschichte der Arbeitsmarktpolitik in Deutschland die Frage nach einem notwendigen Paradigmenwechsel hin zu einer stärker vorsorgenden und befähigenden Ausrichtun
{"title":"Weiterbildungsoffensive in und nach der Krise: Jetzt erst recht!","authors":"Sven Rahner, M. Schulze, M. Ehlert","doi":"10.5771/0342-300x-2020-6-513","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/0342-300x-2020-6-513","url":null,"abstract":"Viele Beobachter des politischen Betriebs zeigten sich angesichts der Schnelligkeit und Konsequenz, mit der die deutsche Bundesregierung auf den plötzlichen CoronaSchock reagieren konnte, überrascht. Keine Anzeichen mehr von der zuletzt häufig konstatierten Staatsmüdigkeit und großkoalitionären Selbstgenügsamkeit. Die These einer Renaissance starker Staatlichkeit, die sich gegenüber den immer stärker ausbreitenden Eigenlogiken gesellschaftlich entkoppelter Weltkonzerne derart beindruckend behaupten könne, hätte wohl „vor Corona“ kaum Befürworter gefunden. Es ist das kollektiv erlebte Gefühl eines Gefahrenverzugs, das politische Handlungsräume in historischem Ausmaß eröffnet. Bundesfinanzminister Olaf Scholz verabschiedete sich von der zuvor mantrahaft beschworenen Schuldenbremse und bemühte dazu das drastische Sprachbild der „Bazooka“, die jetzt in die Hand genommen werden müsse. Das erste Konjunkturpaket, das durch die massiven finanziellen Investitionen in den Zukunftsfeldern Digitalisierung und Dekarbonisierung den digitalen und ökologischen Strukturwandel zusätzlich beschleunigen dürfte, beläuft sich mithin auf 130 Mrd. €. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte eine „große europäische Kraftanstrengung“ an, um dem „symmetrischen Schock“ zu begegnen, und sorgte mit ihrem gemeinsamen Vorstoß mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron für einen 500 Mrd. € schweren, nicht an Kredite gebundenen Wiederaufbaufonds international für Aufsehen. 1 Nach der nahezu vollständigen politischen und gesellschaftlichen Konzentration auf eine direkte Krisenreaktion läutete die Diskussion um die Inhalte der Konjunkturpakete eine zweite Phase der Corona-Politik ein. Im Anschluss an die kurzfristige gesundheitsund sozialpolitische Pandemieabwehr wurde in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft der berechtigte Ruf nach einer langfristig und sozialinvestiv orientierten Politikgestaltung lauter. 2 Unter den Bedingungen eines durch die Pandemie verstärkten digitalen und ökologischen Strukturwandels wird spätestens mit dem Auslaufen der gelockerten Insolvenz-, Steuerund Kurzarbeitsregelungen deutlich werden, dass die wirtschaftsund arbeitsmarktpolitische Schlüsselfrage in der systematischen Verknüpfung konjunktureller und struktureller Zukunftsaufgaben auf dem deutschen Arbeitsmarkt liegen wird. 3 Ausgehend von dieser Beobachtung wird im Folgenden zunächst ein einordnender Blick auf aktuelle Daten und Zusammenhänge aus der Weiterbildungsforschung geworfen. In einem weiteren Schritt wird der aktuelle Diskurs um geeignete wirtschaftsund arbeitsmarktpolitische Maßnahmen mit der politischen und wissenschaftlichen Auseinandersetzung um die Stärkung der individuellen Weiterbildungsförderung verbunden, die im Zuge des digitalen und ökologischen Wandels zunehmend Auftrieb erhält. Abschließend wird mit Bezug auf die Geschichte der Arbeitsmarktpolitik in Deutschland die Frage nach einem notwendigen Paradigmenwechsel hin zu einer stärker vorsorgenden und befähigenden Ausrichtun","PeriodicalId":255082,"journal":{"name":"WSI-Mitteilungen","volume":"85 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-11-24","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"124269755","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2020-11-24DOI: 10.5771/0342-300x-2020-6-418
Silke Ötsch, René Lehweß-Litzmann
Multiple Krisen bedrohen die Reproduktionsfähigkeit von Umwelt und Gesellschaft. Ob sie in Form einer synergetischen Lösungsstrategie bewältigt werden, als konkurrierende Anliegen oder überhaupt nicht, ist ebenso unklar wie die Wechselwirkungen zur Corona-Krise. In letzter Zeit wird vermehrt vorgeschlagen, die Krisen mit Hilfe von New Deal-Politiken zu bearbeiten, die für umfassende politische Reformen mit sorgendem Anspruch stehen. Der europäische Grüne Deal und der Green New Deal etwa unterscheiden sich aber hinsichtlich der Rolle marktförmiger Steuerung und des Wirtschaftswachstums. Der Beitrag diskutiert das Potenzial solcher Ansätze und ihre Zustimmungsfähigkeit aus Sicht einer Bevölkerung, die sich unter dem Eindruck der Corona-Pandemie mit existenziellen sozioökonomischen Risiken konfrontiert sieht. Erste Umfragen zeigen, dass gleichwohl auch jetzt eine Mehrheit die umweltbezogene Reformnotwendigkeit sieht. Ausschlaggebend für dieses Bewusstsein scheint weniger der Wohlstand als die Gewährleistung grundlegender Funktionen der Lebensführung. Dies unterstreicht die Sinnhaftigkeit einer Kombination von Ökologischem und Sozialem im Politikangebot und verweist auf die grundsätzliche Möglichkeit einer Gesellschaft, die ökologische Grenzen und soziale Standards respektiert.
{"title":"Ansätze und Aussichten einer sozial-ökologischen Transformation: Was verändert die Corona-Krise?","authors":"Silke Ötsch, René Lehweß-Litzmann","doi":"10.5771/0342-300x-2020-6-418","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/0342-300x-2020-6-418","url":null,"abstract":"Multiple Krisen bedrohen die Reproduktionsfähigkeit von Umwelt und Gesellschaft. Ob sie in Form einer synergetischen Lösungsstrategie bewältigt werden, als konkurrierende Anliegen oder überhaupt nicht, ist ebenso unklar wie die Wechselwirkungen zur Corona-Krise. In letzter Zeit wird vermehrt vorgeschlagen, die Krisen mit Hilfe von New Deal-Politiken zu bearbeiten, die für umfassende politische Reformen mit sorgendem Anspruch stehen. Der europäische Grüne Deal und der Green New Deal etwa unterscheiden sich aber hinsichtlich der Rolle marktförmiger Steuerung und des Wirtschaftswachstums. Der Beitrag diskutiert das Potenzial solcher Ansätze und ihre Zustimmungsfähigkeit aus Sicht einer Bevölkerung, die sich unter dem Eindruck der Corona-Pandemie mit existenziellen sozioökonomischen Risiken konfrontiert sieht. Erste Umfragen zeigen, dass gleichwohl auch jetzt eine Mehrheit die umweltbezogene Reformnotwendigkeit sieht. Ausschlaggebend für dieses Bewusstsein scheint weniger der Wohlstand als die Gewährleistung grundlegender Funktionen der Lebensführung. Dies unterstreicht die Sinnhaftigkeit einer Kombination von Ökologischem und Sozialem im Politikangebot und verweist auf die grundsätzliche Möglichkeit einer Gesellschaft, die ökologische Grenzen und soziale Standards respektiert.","PeriodicalId":255082,"journal":{"name":"WSI-Mitteilungen","volume":"66 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-11-24","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"127020140","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2020-11-24DOI: 10.5771/0342-300x-2020-6-445
W. Merkel
Die erste Pandemie, die die Bundesrepublik Deutschland erlebte, stellte die Demokratie vor eine Bewährungsprobe. Es standen keine Erfahrungen, Routinen und nicht einmal klare Normen bereit, die die politischen Eliten und Institutionen leiten konnten. Wie gut kam die Demokratie durch die Krise? Die Bilanz ist gemischt. Die Exekutiven funktionierten gut. Beherzt nahmen sie die Herausforderung an. Allerdings wurden unter dem impliziten Ausnahmezustand Grundrechte außer Kraft gesetzt. Dafür wurden die Infektions- und Mortalitätsraten vergleichsweise niedrig gehalten. Dies alles unter Bezug auf das einfache Gesetz zum Infektionsschutz. Normentheoretisch ist das eine papierdünne Legitimation. Das Parlament stritt nicht um die besten Lösungen, eine kontroverse Debatte blieb aus. Es fügte sich den Wünschen der Exekutive. Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand verfügt. Faktisch war das die Exekutive. Der Souverän dritter Ordnung übertrumpfte das Parlament. Opposition fand nicht statt. Der Demos folgte. Ob aus rationaler Einsicht in das Vernünftige oder einem unkritischen Untertanengeist, der sich in der großen Krise unter die Obhut einer starken Führung begibt? In der Covid-Krise könnte an einem Skript für zukünftige Krisenpolitik geschrieben worden sein. Ist dies der Fall, würden grundlegende Prinzipien der Demokratie geschleift.
{"title":"Wer regiert in der Krise? Demokratie in Zeiten der Pandemie","authors":"W. Merkel","doi":"10.5771/0342-300x-2020-6-445","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/0342-300x-2020-6-445","url":null,"abstract":"Die erste Pandemie, die die Bundesrepublik Deutschland erlebte, stellte die Demokratie vor eine Bewährungsprobe. Es standen keine Erfahrungen, Routinen und nicht einmal klare Normen bereit, die die politischen Eliten und Institutionen leiten konnten. Wie gut kam die Demokratie durch die Krise? Die Bilanz ist gemischt. Die Exekutiven funktionierten gut. Beherzt nahmen sie die Herausforderung an. Allerdings wurden unter dem impliziten Ausnahmezustand Grundrechte außer Kraft gesetzt. Dafür wurden die Infektions- und Mortalitätsraten vergleichsweise niedrig gehalten. Dies alles unter Bezug auf das einfache Gesetz zum Infektionsschutz. Normentheoretisch ist das eine papierdünne Legitimation. Das Parlament stritt nicht um die besten Lösungen, eine kontroverse Debatte blieb aus. Es fügte sich den Wünschen der Exekutive. Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand verfügt. Faktisch war das die Exekutive. Der Souverän dritter Ordnung übertrumpfte das Parlament. Opposition fand nicht statt. Der Demos folgte. Ob aus rationaler Einsicht in das Vernünftige oder einem unkritischen Untertanengeist, der sich in der großen Krise unter die Obhut einer starken Führung begibt? In der Covid-Krise könnte an einem Skript für zukünftige Krisenpolitik geschrieben worden sein. Ist dies der Fall, würden grundlegende Prinzipien der Demokratie geschleift.","PeriodicalId":255082,"journal":{"name":"WSI-Mitteilungen","volume":"5 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-11-24","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"127652779","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}