Einleitung Obwohl die Themen Trans- und Intergeschlechtlichkeit vermehrt öffentliche Aufmerksamkeit erfahren und sich relevante juristische wie auch medizinische Regelungen in den vergangenen Jahren zunehmend wandeln, wurden deren Vorkommen und Thematisierungsweise in Ausbildungs- und Studiengängen, die für eine spätere Berufstätigkeit „nah am Menschen“ qualifizieren, bislang nicht untersucht. Forschungsziele Die Studie „Entwicklung von Vorschlägen für die curriculare Fortentwicklung der Ausbildungs- und Studiengänge von Sozial- und Gesundheitsberufen zur Integration von Trans- und Intergeschlechtlichkeit in die Bildungslehrpläne“ (CuFoTI) analysiert in zwölf ausgewählten Bildungsgängen, ob und in welchem Maß Trans- und Intergeschlechtlichkeit in den Curricula thematisiert werden und ob die Darstellungen dem aktuellen wissenschaftlichen Sachstand entsprechen. Methoden Auf Grundlage eines im ersten Schritt verfassten Sachstands für die Bereiche Recht, Medizin, Psychologie und Soziale Arbeit/Beratung wurden im zweiten Schritt Suchbegriffe generiert und in inhaltlich differenzierte Kriterien überführt, um die Modulkataloge, Curricula und Lehrpläne der zwölf Bildungsgänge computergestützt mittels Maxqda bzgl. der Thematisierungsweisen von Inter- und Transgeschlechtlichkeit zu analysieren. In einem dritten Schritt wurden ausgewählte Lehrmaterialien hinsichtlich ihrer Aktualität und Differenziertheit geprüft. Ergebnisse Die Studie zeigt, dass die Themen Trans- und Intergeschlechtlichkeit in den untersuchten Ausbildungs- und Studiengängen bislang kaum eine Rolle spielen. In weiten Teilen wird in dem analysierten Material keine geschlechtersensible Sprache genutzt. Während im Studium der Sozialen Arbeit und im Lehramtsstudium zumindest allgemein geschlechtliche Vielfalt, zudem in größerem Maß dem Sachstand entsprechend, thematisiert wird, ist dies in therapeutischen bzw. gesundheitsbezogenen Ausbildungen/Studiengängen deutlich seltener. Schlussfolgerung Es fehlt weiterhin an konsistenten Curricula, in denen die Bedarfe von trans- und intergeschlechtlichen Personen fokussiert, aktuelle Debatten und Veränderungen der rechtlichen und medizinischen Rahmenbedingungen aufgegriffen und fachspezifische Ableitungen getroffen werden.
{"title":"Zur Thematisierung von Trans- und Intergeschlechtlichkeit in medizinisch- therapeutischen, gesundheitsbezogenen und pädagogischen Studiengängen und Berufsausbildungen","authors":"M. Böhm, Heinz-Jürgen Voß","doi":"10.1055/a-1744-8932","DOIUrl":"https://doi.org/10.1055/a-1744-8932","url":null,"abstract":"\u0000 Einleitung Obwohl die Themen Trans- und Intergeschlechtlichkeit vermehrt öffentliche Aufmerksamkeit erfahren und sich relevante juristische wie auch medizinische Regelungen in den vergangenen Jahren zunehmend wandeln, wurden deren Vorkommen und Thematisierungsweise in Ausbildungs- und Studiengängen, die für eine spätere Berufstätigkeit „nah am Menschen“ qualifizieren, bislang nicht untersucht.\u0000 Forschungsziele Die Studie „Entwicklung von Vorschlägen für die curriculare Fortentwicklung der Ausbildungs- und Studiengänge von Sozial- und Gesundheitsberufen zur Integration von Trans- und Intergeschlechtlichkeit in die Bildungslehrpläne“ (CuFoTI) analysiert in zwölf ausgewählten Bildungsgängen, ob und in welchem Maß Trans- und Intergeschlechtlichkeit in den Curricula thematisiert werden und ob die Darstellungen dem aktuellen wissenschaftlichen Sachstand entsprechen.\u0000 Methoden Auf Grundlage eines im ersten Schritt verfassten Sachstands für die Bereiche Recht, Medizin, Psychologie und Soziale Arbeit/Beratung wurden im zweiten Schritt Suchbegriffe generiert und in inhaltlich differenzierte Kriterien überführt, um die Modulkataloge, Curricula und Lehrpläne der zwölf Bildungsgänge computergestützt mittels Maxqda bzgl. der Thematisierungsweisen von Inter- und Transgeschlechtlichkeit zu analysieren. In einem dritten Schritt wurden ausgewählte Lehrmaterialien hinsichtlich ihrer Aktualität und Differenziertheit geprüft.\u0000 Ergebnisse Die Studie zeigt, dass die Themen Trans- und Intergeschlechtlichkeit in den untersuchten Ausbildungs- und Studiengängen bislang kaum eine Rolle spielen. In weiten Teilen wird in dem analysierten Material keine geschlechtersensible Sprache genutzt. Während im Studium der Sozialen Arbeit und im Lehramtsstudium zumindest allgemein geschlechtliche Vielfalt, zudem in größerem Maß dem Sachstand entsprechend, thematisiert wird, ist dies in therapeutischen bzw. gesundheitsbezogenen Ausbildungen/Studiengängen deutlich seltener.\u0000 Schlussfolgerung Es fehlt weiterhin an konsistenten Curricula, in denen die Bedarfe von trans- und intergeschlechtlichen Personen fokussiert, aktuelle Debatten und Veränderungen der rechtlichen und medizinischen Rahmenbedingungen aufgegriffen und fachspezifische Ableitungen getroffen werden.","PeriodicalId":44203,"journal":{"name":"Zeitschrift Fur Sexualforschung","volume":" ","pages":""},"PeriodicalIF":0.6,"publicationDate":"2022-03-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"45440051","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"心理学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Sexuelle Bildung ist ein Ansatz, der die Perspektive für die auf Sexualität bezogenen Bildungsprozesse in allen individuellen, sozialen und gesellschaftlichen Dimensionen öffnet und erweitert. Die Würdigung von Dynamiken der Selbstbildung ist anregend für Reflexionen zur eigenen Position und Haltung gerade in sexualpädagogischen Praxiszusammenhängen. Bezüge auf die sexuelle Bildung erweitern dort fachliches Know-how und das sexualpädagogische Spektrum insgesamt. Darin liegen einige Potenziale für die konzeptionelle Weiterentwicklung der Sexualpädagogik, insbesondere auch im institutionellen Kontext.
{"title":"Lieber gut gebildet als nur gut erzogen","authors":"G. Neubauer","doi":"10.1055/a-1744-4449","DOIUrl":"https://doi.org/10.1055/a-1744-4449","url":null,"abstract":"Sexuelle Bildung ist ein Ansatz, der die Perspektive für die auf Sexualität bezogenen Bildungsprozesse in allen individuellen, sozialen und gesellschaftlichen Dimensionen öffnet und erweitert. Die Würdigung von Dynamiken der Selbstbildung ist anregend für Reflexionen zur eigenen Position und Haltung gerade in sexualpädagogischen Praxiszusammenhängen. Bezüge auf die sexuelle Bildung erweitern dort fachliches Know-how und das sexualpädagogische Spektrum insgesamt. Darin liegen einige Potenziale für die konzeptionelle Weiterentwicklung der Sexualpädagogik, insbesondere auch im institutionellen Kontext.","PeriodicalId":44203,"journal":{"name":"Zeitschrift Fur Sexualforschung","volume":" ","pages":""},"PeriodicalIF":0.6,"publicationDate":"2022-03-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"48814636","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"心理学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
In diesem Beitrag wird begründet, warum mit dem Begriff der Sexuellen Bildung einige Begrenzungen überwunden werden können, die in einer ausschließlichen Betrachtung von Sexualerziehung bestehen. Sexuelle Bildung, so wird argumentiert, schafft neue Anschlüsse an die aktuellen Debatten in den Erziehungswissenschaften. Zentrales Anliegen dieses Beitrags ist es, Sexuelle Bildung weiterhin und differenzierter zu diskutieren. Gleichzeitig bedeutet dies keine Abkehr von der Sexualerziehung, sondern vielmehr ihre historischen Wurzeln sowie Intentionen nach wie vor kritisch-reflexiv zu durchleuchten.
{"title":"Mehr Sexuelle Bildung wagen!","authors":"Anja Henningsen","doi":"10.1055/a-1744-4434","DOIUrl":"https://doi.org/10.1055/a-1744-4434","url":null,"abstract":"In diesem Beitrag wird begründet, warum mit dem Begriff der Sexuellen Bildung einige Begrenzungen überwunden werden können, die in einer ausschließlichen Betrachtung von Sexualerziehung bestehen. Sexuelle Bildung, so wird argumentiert, schafft neue Anschlüsse an die aktuellen Debatten in den Erziehungswissenschaften. Zentrales Anliegen dieses Beitrags ist es, Sexuelle Bildung weiterhin und differenzierter zu diskutieren. Gleichzeitig bedeutet dies keine Abkehr von der Sexualerziehung, sondern vielmehr ihre historischen Wurzeln sowie Intentionen nach wie vor kritisch-reflexiv zu durchleuchten.","PeriodicalId":44203,"journal":{"name":"Zeitschrift Fur Sexualforschung","volume":" ","pages":""},"PeriodicalIF":0.6,"publicationDate":"2022-03-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"42127077","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"心理学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Addressing the Sexual Rights of Older People. Theory, Policy and Practice","authors":"","doi":"10.1055/a-1747-1890","DOIUrl":"https://doi.org/10.1055/a-1747-1890","url":null,"abstract":"","PeriodicalId":44203,"journal":{"name":"Zeitschrift Fur Sexualforschung","volume":" ","pages":""},"PeriodicalIF":0.6,"publicationDate":"2022-03-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"41622054","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"心理学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Einleitung Die Übernahme von Selbstverantwortung gilt in allen Therapieschulen als eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg einer Psychotherapie. Selbstverantwortung wird in der hier vorgelegten Arbeit als die Bereitschaft einer Person definiert, Verantwortung für das eigene Verhalten, die eigenen Entscheidungen und alle positiven oder negativen Konsequenzen, die sich daraus ergeben, zu akzeptieren. Forschungsziele In der hier vorgelegten Arbeit wird die Bedeutung der Selbstverantwortung für einige Aspekte der Lebensqualität untersucht, namentlich für die Zufriedenheit mit der Partnerschaft, der Sexualität, der eigenen Person und der Beziehung zu den eigenen Kindern. Methoden In einer Online-Studie wurde bei 215 gesunden Erwachsenen das „Selbstverantwortungs-Inventar“ (SV-I) eingesetzt, ein neuartiger Fragebogen mit den Unterskalen „Fremdbestimmung“, „Selbstbestimmung“ und „Orientierung an den Erwartungen anderer“. Zusätzlich wurde der „Fragebogen zur Lebenszufriedenheit“ (FLZ) verwendet. Ergebnisse Signifikante Korrelationen zeigten sich für alle drei SV-I-Unterskalen: Je höher die Selbstverantwortung, desto größer die Zufriedenheit in allen vier untersuchten Bereichen der Lebensqualität. Schlussfolgerung Diese Ergebnisse bestätigen die Relevanz von Selbstverantwortung für die erfolgreiche Gestaltung sozialer Beziehungen und partnerschaftlicher Sexualität. Implikationen für die Psychotherapie werden diskutiert.
{"title":"Selbstverantwortung in Partnerschaft und Sexualität. Eine empirische Studie","authors":"R. Mass","doi":"10.1055/a-1744-4288","DOIUrl":"https://doi.org/10.1055/a-1744-4288","url":null,"abstract":"\u0000 Einleitung Die Übernahme von Selbstverantwortung gilt in allen Therapieschulen als eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg einer Psychotherapie. Selbstverantwortung wird in der hier vorgelegten Arbeit als die Bereitschaft einer Person definiert, Verantwortung für das eigene Verhalten, die eigenen Entscheidungen und alle positiven oder negativen Konsequenzen, die sich daraus ergeben, zu akzeptieren.\u0000 Forschungsziele In der hier vorgelegten Arbeit wird die Bedeutung der Selbstverantwortung für einige Aspekte der Lebensqualität untersucht, namentlich für die Zufriedenheit mit der Partnerschaft, der Sexualität, der eigenen Person und der Beziehung zu den eigenen Kindern.\u0000 Methoden In einer Online-Studie wurde bei 215 gesunden Erwachsenen das „Selbstverantwortungs-Inventar“ (SV-I) eingesetzt, ein neuartiger Fragebogen mit den Unterskalen „Fremdbestimmung“, „Selbstbestimmung“ und „Orientierung an den Erwartungen anderer“. Zusätzlich wurde der „Fragebogen zur Lebenszufriedenheit“ (FLZ) verwendet.\u0000 Ergebnisse Signifikante Korrelationen zeigten sich für alle drei SV-I-Unterskalen: Je höher die Selbstverantwortung, desto größer die Zufriedenheit in allen vier untersuchten Bereichen der Lebensqualität.\u0000 Schlussfolgerung Diese Ergebnisse bestätigen die Relevanz von Selbstverantwortung für die erfolgreiche Gestaltung sozialer Beziehungen und partnerschaftlicher Sexualität. Implikationen für die Psychotherapie werden diskutiert.","PeriodicalId":44203,"journal":{"name":"Zeitschrift Fur Sexualforschung","volume":" ","pages":""},"PeriodicalIF":0.6,"publicationDate":"2022-03-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"45732273","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"心理学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}