Zusammenfassung Männliche Opfernarrative aktivieren gruppenbezogene maskulistische Bedrohungsgefühle, womit sie ein bedeutsamer Faktor für die Entstehung und Verbreitung antifeministischer und rechtsextremer Einstellungen sind. So fungieren sie als Scharnier zwischen öffentlichen und rechten Diskursen und stellen sowohl ein effektives Werkzeug zur Mobilisierung als auch Radikalisierung für populistische wie auch extremistische Akteure dar. Dieser Artikel stellt die aus vier Items bestehende Skala maskulistischer Bedrohungsgefühle (SMBG) vor, die mit ihrer Messung am Schnittpunkt von Männlichkeitsnormen und negativen sozialen Emotionen, die durch eine wahrgenommene Viktimisierung von Männern und Männlichkeit ausgelöst wurden, ansetzt. Die Itemselektion und Validierung der SMBG basiert auf einer Online-Befragung (n = 486) von jungen Menschen im Alter zwischen 16 und 25 Jahren. Es zeigt sich, dass die SMBG psychometrischen Gütekriterien hinreichend entspricht. Sie weist hohe Korrelationen mit allen drei Dimensionen der Male Role Norms Scale (MRNS) sowie moderate bis hohe Korrelationen mit homophoben und anti-genderistischen Einstellungen sowie der Befürwortung der Wehrpflicht auf. Die Anwendung der SMBG anhand hierarchischer linearer Regressionsmodelle zeigt zudem ihre Eignung zur Vorhersage rechtsextremer Einstellungen auch unter Kontrolle der Dimensionen der MRNS auf.
{"title":"Männliche Opfernarrative und rechtsextreme Einstellungen bei jungen Menschen: Validierung und Anwendung eines Instrumentes zur Erfassung maskulistischer Bedrohungsgefühle","authors":"Jannik M. K. Fischer, Diego Farren","doi":"10.1515/mks-2022-0017","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/mks-2022-0017","url":null,"abstract":"Zusammenfassung Männliche Opfernarrative aktivieren gruppenbezogene maskulistische Bedrohungsgefühle, womit sie ein bedeutsamer Faktor für die Entstehung und Verbreitung antifeministischer und rechtsextremer Einstellungen sind. So fungieren sie als Scharnier zwischen öffentlichen und rechten Diskursen und stellen sowohl ein effektives Werkzeug zur Mobilisierung als auch Radikalisierung für populistische wie auch extremistische Akteure dar. Dieser Artikel stellt die aus vier Items bestehende Skala maskulistischer Bedrohungsgefühle (SMBG) vor, die mit ihrer Messung am Schnittpunkt von Männlichkeitsnormen und negativen sozialen Emotionen, die durch eine wahrgenommene Viktimisierung von Männern und Männlichkeit ausgelöst wurden, ansetzt. Die Itemselektion und Validierung der SMBG basiert auf einer Online-Befragung (n = 486) von jungen Menschen im Alter zwischen 16 und 25 Jahren. Es zeigt sich, dass die SMBG psychometrischen Gütekriterien hinreichend entspricht. Sie weist hohe Korrelationen mit allen drei Dimensionen der Male Role Norms Scale (MRNS) sowie moderate bis hohe Korrelationen mit homophoben und anti-genderistischen Einstellungen sowie der Befürwortung der Wehrpflicht auf. Die Anwendung der SMBG anhand hierarchischer linearer Regressionsmodelle zeigt zudem ihre Eignung zur Vorhersage rechtsextremer Einstellungen auch unter Kontrolle der Dimensionen der MRNS auf.","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"192 1","pages":"57 - 72"},"PeriodicalIF":0.5,"publicationDate":"2023-02-04","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"78532263","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Zusammenfassung In der Wissensgrundlage der kriminologischen Forschung bestehen gegenwärtig beachtliche Lücken: Es mangelt an wirklich interdisziplinärer Forschung; das Verständnis, wie Persönlichkeitseigenschaften mit kriminellem Verhalten zusammenhängen, ist begrenzt; dem Potenzial neuer Technologien, die helfen können, ein besseres Verständnis für die Prozesse zu bekommen, die während der Begehung von Straftaten ablaufen, wird zu wenig Beachtung geschenkt; und neue Erkenntnisse aus anderen Disziplinen, die das Verständnis von Straftaten sowie Kriminalität verbessern könnten, werden unzureichend angewendet. Die Abteilung Kriminologie am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht hat es sich zum Ziel gesetzt, diese Lücken zu schließen. Durch theoretische Innovationen, die Nutzung neuer Technologien wie Virtual Reality und die Anwendung von kriminologischen Erkenntnissen in der Praxis soll der aktuell größtenteils soziologische und rechtliche Fokus des Faches erweitert und eine stärker verhaltensorientierte Perspektive eingebracht werden.
{"title":"Die Lücken in der kriminologischen Wissensgrundlage schließen: Eine Forschungsagenda für die kommenden zehn Jahre","authors":"Jean-Louis van Gelder, Isabel Thielmann","doi":"10.1515/mks-2022-0030","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/mks-2022-0030","url":null,"abstract":"Zusammenfassung In der Wissensgrundlage der kriminologischen Forschung bestehen gegenwärtig beachtliche Lücken: Es mangelt an wirklich interdisziplinärer Forschung; das Verständnis, wie Persönlichkeitseigenschaften mit kriminellem Verhalten zusammenhängen, ist begrenzt; dem Potenzial neuer Technologien, die helfen können, ein besseres Verständnis für die Prozesse zu bekommen, die während der Begehung von Straftaten ablaufen, wird zu wenig Beachtung geschenkt; und neue Erkenntnisse aus anderen Disziplinen, die das Verständnis von Straftaten sowie Kriminalität verbessern könnten, werden unzureichend angewendet. Die Abteilung Kriminologie am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht hat es sich zum Ziel gesetzt, diese Lücken zu schließen. Durch theoretische Innovationen, die Nutzung neuer Technologien wie Virtual Reality und die Anwendung von kriminologischen Erkenntnissen in der Praxis soll der aktuell größtenteils soziologische und rechtliche Fokus des Faches erweitert und eine stärker verhaltensorientierte Perspektive eingebracht werden.","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"2 1","pages":"18 - 28"},"PeriodicalIF":0.5,"publicationDate":"2023-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"89444121","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Zusammenfassung Der Beitrag zeigt an zwei Ermittlungskomplexen der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internet- und Computerkriminalität der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main beispielhaft auf, welchen Herausforderungen sich Ermittler im Deliktsfeld Cybercrime stellen müssen. Der Takedown des EMOTET-Botnetzes soll hierbei nicht nur verdeutlichen, welche technische und rechtliche Expertise hierzu erforderlich ist, sondern auch, dass nur durch ein komplexes Zusammenspiel von Ermittlern aus unterschiedlichsten Bereichen mit Vertretern von Unternehmen und IT-Researchern solche Verfahren erfolgreich zu Ende geführt werden können. Am Beispiel des Kryptohandy-Verfahrens »EncroChat« soll veranschaulicht werden, wie Strafverfolgungsbehörden – häufig unter enormem Zeitdruck – auf neue Phänomene reagieren müssen, welche Schwierigkeiten die beweissichere Beschaffung und Verarbeitung von Massendaten insbesondere aus dem Ausland bereitet und vor welchen Herausforderungen Ermittler bei der Bekämpfung Organisierter Kriminalität stehen.
{"title":"Bekämpfung von Cybercrime","authors":"A. May","doi":"10.1515/mks-2022-0034","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/mks-2022-0034","url":null,"abstract":"Zusammenfassung Der Beitrag zeigt an zwei Ermittlungskomplexen der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internet- und Computerkriminalität der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main beispielhaft auf, welchen Herausforderungen sich Ermittler im Deliktsfeld Cybercrime stellen müssen. Der Takedown des EMOTET-Botnetzes soll hierbei nicht nur verdeutlichen, welche technische und rechtliche Expertise hierzu erforderlich ist, sondern auch, dass nur durch ein komplexes Zusammenspiel von Ermittlern aus unterschiedlichsten Bereichen mit Vertretern von Unternehmen und IT-Researchern solche Verfahren erfolgreich zu Ende geführt werden können. Am Beispiel des Kryptohandy-Verfahrens »EncroChat« soll veranschaulicht werden, wie Strafverfolgungsbehörden – häufig unter enormem Zeitdruck – auf neue Phänomene reagieren müssen, welche Schwierigkeiten die beweissichere Beschaffung und Verarbeitung von Massendaten insbesondere aus dem Ausland bereitet und vor welchen Herausforderungen Ermittler bei der Bekämpfung Organisierter Kriminalität stehen.","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"C4 1","pages":"50 - 55"},"PeriodicalIF":0.5,"publicationDate":"2023-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"85198130","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Zusammenfassung Der Beitrag bietet einen schlaglichtartigen Überblick über die Doktorarbeit der Autorin mit dem Titel »Personenbezogenes Predictive Policing. Kriminalwissenschaftliche Untersuchung über die Automatisierung der Kriminalprognose«. Dabei wird als Beispiel des Predictive Policing der Fluggastdatenmusterabgleich herausgegriffen und mit Blick auf das aktuelle Urteil des EuGH zur Fluggastdatenspeicherung analysiert. Schließlich werden die durch den unbedachten Einsatz von Algorithmen drohende »algorithmische Gedankenlosigkeit« der Kriminalitätskontrolle (Begriffsbildung in Anlehnung an Hannah Arendt) skizziert und Transparenzanforderungen an Predictive-Policing-Algorithmen aufgestellt
{"title":"Selbstauferlegte algorithmische Gedankenlosigkeit","authors":"Lucia M. Sommerer","doi":"10.1515/mks-2022-0029","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/mks-2022-0029","url":null,"abstract":"Zusammenfassung Der Beitrag bietet einen schlaglichtartigen Überblick über die Doktorarbeit der Autorin mit dem Titel »Personenbezogenes Predictive Policing. Kriminalwissenschaftliche Untersuchung über die Automatisierung der Kriminalprognose«. Dabei wird als Beispiel des Predictive Policing der Fluggastdatenmusterabgleich herausgegriffen und mit Blick auf das aktuelle Urteil des EuGH zur Fluggastdatenspeicherung analysiert. Schließlich werden die durch den unbedachten Einsatz von Algorithmen drohende »algorithmische Gedankenlosigkeit« der Kriminalitätskontrolle (Begriffsbildung in Anlehnung an Hannah Arendt) skizziert und Transparenzanforderungen an Predictive-Policing-Algorithmen aufgestellt","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"3 1","pages":"38 - 43"},"PeriodicalIF":0.5,"publicationDate":"2023-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"88341685","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Editorial: Kriminalität und Digitalisierung","authors":"T. Bliesener, Jonas Schemmel","doi":"10.1515/mks-2023-0001","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/mks-2023-0001","url":null,"abstract":"","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"1 1","pages":"1 - 4"},"PeriodicalIF":0.5,"publicationDate":"2023-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"76932156","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Zusammenfassung Dieser Vortrag gibt einen kurzen, kritischen Überblick zur Geschichte der Regulierung der Digitalisierung in Europa im Allgemeinen und kritisiert auf dieser Grundlage den aktuellen Vorschlag für eine KI-Verordnung der Europäischen Kommission im Besonderen. Die Geschichte dieses Vorschlags wird gezeigt und darauf hingewiesen, dass dieser eine Vielzahl ethischer Fragen zu konfligierenden Grundrechtspositionen aufzulösen hat, die bisher in einem komplizierten Geflecht aus Ausnahmen und Gegenausnahmen zu Anwendungsbereich und Risikoeinstufung im Verordnungsvorschlag verborgen sind.
{"title":"Zur Regulierung Künstlicher Intelligenz, auch in der Strafverfolgung","authors":"Nikolaus Forgó","doi":"10.1515/mks-2022-0028","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/mks-2022-0028","url":null,"abstract":"Zusammenfassung Dieser Vortrag gibt einen kurzen, kritischen Überblick zur Geschichte der Regulierung der Digitalisierung in Europa im Allgemeinen und kritisiert auf dieser Grundlage den aktuellen Vorschlag für eine KI-Verordnung der Europäischen Kommission im Besonderen. Die Geschichte dieses Vorschlags wird gezeigt und darauf hingewiesen, dass dieser eine Vielzahl ethischer Fragen zu konfligierenden Grundrechtspositionen aufzulösen hat, die bisher in einem komplizierten Geflecht aus Ausnahmen und Gegenausnahmen zu Anwendungsbereich und Risikoeinstufung im Verordnungsvorschlag verborgen sind.","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"14 1","pages":"44 - 49"},"PeriodicalIF":0.5,"publicationDate":"2022-12-22","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"81186616","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
P. Müller, Arne Dreißigacker, Anna Isenhardt, Gina Rosa Wollinger
Zusammenfassung Dieser Beitrag stellt Ergebnisse selbstberichteter Delinquenz im Bereich Cyberkriminalität im engeren und weiteren Sinne vor, die im Rahmen einer repräsentativen Befragung der niedersächsischen Bevölkerung ab 16 Jahren im Jahr 2020 zum Thema Cyberkriminalität gewonnen werden konnten (N=4.102). Ein Ergebnis ist, dass der Anteil der Personen, die von eigenen Tathandlungen im Bereich Cyberkriminalität im engeren Sinne innerhalb der letzten zwölf Monate berichteten, mit 0,5 % sehr klein ist. Im Bereich Cyberkriminalität im weiteren Sinne gaben immerhin 9,5 % eigene Tathandlungen innerhalb eines Jahres an. Neben der Darstellung weiterer Ergebnisse zu sozioökonomischen Unterschieden zwischen Tätern, Täterinnen und Nicht-Tätern bzw. Nicht-Täterinnen, zur Täter bzw. Täterinnen-Opfer-Überschneidung sowie zur Beziehung zwischen Tätern, Täterinnen und Opfern wird der methodische Zugang in Hinblick auf zukünftige Täter- bzw. Täterinnenforschung diskutiert.
{"title":"Täter und Täterinnen von Cyberkriminalität: Ergebnisse einer quantitativen Dunkelfeldbefragung in Niedersachsen","authors":"P. Müller, Arne Dreißigacker, Anna Isenhardt, Gina Rosa Wollinger","doi":"10.1515/mks-2022-0031","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/mks-2022-0031","url":null,"abstract":"Zusammenfassung Dieser Beitrag stellt Ergebnisse selbstberichteter Delinquenz im Bereich Cyberkriminalität im engeren und weiteren Sinne vor, die im Rahmen einer repräsentativen Befragung der niedersächsischen Bevölkerung ab 16 Jahren im Jahr 2020 zum Thema Cyberkriminalität gewonnen werden konnten (N=4.102). Ein Ergebnis ist, dass der Anteil der Personen, die von eigenen Tathandlungen im Bereich Cyberkriminalität im engeren Sinne innerhalb der letzten zwölf Monate berichteten, mit 0,5 % sehr klein ist. Im Bereich Cyberkriminalität im weiteren Sinne gaben immerhin 9,5 % eigene Tathandlungen innerhalb eines Jahres an. Neben der Darstellung weiterer Ergebnisse zu sozioökonomischen Unterschieden zwischen Tätern, Täterinnen und Nicht-Tätern bzw. Nicht-Täterinnen, zur Täter bzw. Täterinnen-Opfer-Überschneidung sowie zur Beziehung zwischen Tätern, Täterinnen und Opfern wird der methodische Zugang in Hinblick auf zukünftige Täter- bzw. Täterinnenforschung diskutiert.","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"96 1","pages":"5 - 17"},"PeriodicalIF":0.5,"publicationDate":"2022-12-22","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"75995590","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Zusammenfassung KI / Lernende Systeme wirken sich in erheblichem Maß auf die strafrechtliche Schuld aus und verändern die grundlegende Konzeption individueller Verantwortlichkeit. Unabhängig von den dogmatischen Details muss das Strafrecht sich auf diese Veränderungen einstellen, d. h. die Vorstellung individueller strafrechtlicher Verantwortung in diesen Lebensbereichen ist zu hinterfragen und neu zu justieren. Das betrifft die Schuld ebenso wie die Zurechenbarkeit, Nachweisfragen ebenso wie das Strafmaß. Auf diese Entwicklungen gibt es nicht die eine richtige Antwort, sondern verschiedene Antworten je nach konkretem Problemkontext. So ist eine Reduktion strafrechtlicher Verantwortung für bestimmte Aspekte nur ein erster Schritt bei der Lösung der Problematik, da dadurch das gesellschaftliche Bedürfnis nach Verantwortungszuschreibung, Absicherung gegen bestimmte gefährliche Technologien bzw. Technologieeinsätze und Schadensausgleich unbeantwortet bleibt. Hier werden in Zukunft weitergehende Lösungen gesucht werden müssen, die die mit KI / Lernenden Systemen einhergehende Verantwortungsdiffusion nachhaltig einhegen. Eine weitere von vielen wichtigen Antworten, die insbesondere für die am Entwicklungsprozess und den konkreten Entscheidungen beteiligten Menschen wichtig ist, ist der Blick auf ihre individuelle Verantwortung. Insofern ist sicherzustellen, dass die Beteiligten nur rechtlich zur Verantwortung gezogen werden sollten, wenn sie bedeutsame Kontrolle über die konkrete Handlung bzw. die kollaborativ getroffene Entscheidung hatten.
{"title":"Diffusion individueller rechtlicher Verantwortlichkeit beim Einsatz Lernender Systeme","authors":"S. Beck","doi":"10.1515/mks-2022-0027","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/mks-2022-0027","url":null,"abstract":"Zusammenfassung KI / Lernende Systeme wirken sich in erheblichem Maß auf die strafrechtliche Schuld aus und verändern die grundlegende Konzeption individueller Verantwortlichkeit. Unabhängig von den dogmatischen Details muss das Strafrecht sich auf diese Veränderungen einstellen, d. h. die Vorstellung individueller strafrechtlicher Verantwortung in diesen Lebensbereichen ist zu hinterfragen und neu zu justieren. Das betrifft die Schuld ebenso wie die Zurechenbarkeit, Nachweisfragen ebenso wie das Strafmaß. Auf diese Entwicklungen gibt es nicht die eine richtige Antwort, sondern verschiedene Antworten je nach konkretem Problemkontext. So ist eine Reduktion strafrechtlicher Verantwortung für bestimmte Aspekte nur ein erster Schritt bei der Lösung der Problematik, da dadurch das gesellschaftliche Bedürfnis nach Verantwortungszuschreibung, Absicherung gegen bestimmte gefährliche Technologien bzw. Technologieeinsätze und Schadensausgleich unbeantwortet bleibt. Hier werden in Zukunft weitergehende Lösungen gesucht werden müssen, die die mit KI / Lernenden Systemen einhergehende Verantwortungsdiffusion nachhaltig einhegen. Eine weitere von vielen wichtigen Antworten, die insbesondere für die am Entwicklungsprozess und den konkreten Entscheidungen beteiligten Menschen wichtig ist, ist der Blick auf ihre individuelle Verantwortung. Insofern ist sicherzustellen, dass die Beteiligten nur rechtlich zur Verantwortung gezogen werden sollten, wenn sie bedeutsame Kontrolle über die konkrete Handlung bzw. die kollaborativ getroffene Entscheidung hatten.","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"61 1","pages":"29 - 37"},"PeriodicalIF":0.5,"publicationDate":"2022-12-14","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"83830294","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Zusammenfassung 2016 erfolgte eine Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Dabei wurden die Voraussetzungen für eine Erledigung der Maßregel gem. § 63 StGB aus Gründen der Unverhältnismäßigkeit explizit geregelt. Seither kam es gerade in Nordrhein-Westfalen zu zahlreichen Entlassungen, die auf dieser Grundlage erfolgten. Die vorliegende Studie untersucht anhand von Bundeszentralregisterauszügen die Legalbewährung aller in diesem Bundesland zwischen August 2016 und Juli 2018 entsprechend entlassenen Patienten in einem mittleren Beobachtungszeitraum von knapp 4 Jahren. Verglichen wird diese Gruppe einerseits mit bewährungsentlassenen Patienten derselben Entlasskohorte und andererseits mit einer gematchten Gruppe aus entlassenen Patienten früherer Jahre. Das Matching dieser Zwillingsgruppe erfolgte u. a. hinsichtlich der Delikt- und Diagnosenverteilung. Während von den Bewährungsentlassenen lediglich 9 % erneute Eintragungen im BZR aufwiesen, liegt diese Quote bei den »Erledigern« mit 28 % knapp dreimal so hoch. Fast dasselbe Verhältnis ergibt sich im direkten Zwillingsgruppenvergleich. Entsprechende Diskrepanzen in den Überlebenszeitanalysen zeigen sich auch auf allen anderen erhobenen Parametern (einschlägige, Gewalt- und Sexualdelikte sowie unterschiedliche Sanktionsformen als Schätzer der Deliktschwere). Da die Zwillingsgruppenvergleiche diese Befunde bestätigen, scheinen die Unterschiede nicht ausschließlich durch Selektionseffekte erklärbar zu sein. Eine Verhältnismäßigkeitserledigung bzw. deren strukturell-systemische Implikationen scheinen somit aus anderen Gründen einen Risikofaktor für eine ungünstige Legalbewährung darzustellen.
{"title":"Legalbewährung ehemaliger Maßregelvollzugs-patienten nach einer Verhältnismäßigkeits-erledigung gem. § 67 d Abs. 6 Strafgesetzbuch","authors":"J. Querengässer, Nora Hein, B. Schiffer","doi":"10.1515/mks-2022-0013","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/mks-2022-0013","url":null,"abstract":"Zusammenfassung 2016 erfolgte eine Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Dabei wurden die Voraussetzungen für eine Erledigung der Maßregel gem. § 63 StGB aus Gründen der Unverhältnismäßigkeit explizit geregelt. Seither kam es gerade in Nordrhein-Westfalen zu zahlreichen Entlassungen, die auf dieser Grundlage erfolgten. Die vorliegende Studie untersucht anhand von Bundeszentralregisterauszügen die Legalbewährung aller in diesem Bundesland zwischen August 2016 und Juli 2018 entsprechend entlassenen Patienten in einem mittleren Beobachtungszeitraum von knapp 4 Jahren. Verglichen wird diese Gruppe einerseits mit bewährungsentlassenen Patienten derselben Entlasskohorte und andererseits mit einer gematchten Gruppe aus entlassenen Patienten früherer Jahre. Das Matching dieser Zwillingsgruppe erfolgte u. a. hinsichtlich der Delikt- und Diagnosenverteilung. Während von den Bewährungsentlassenen lediglich 9 % erneute Eintragungen im BZR aufwiesen, liegt diese Quote bei den »Erledigern« mit 28 % knapp dreimal so hoch. Fast dasselbe Verhältnis ergibt sich im direkten Zwillingsgruppenvergleich. Entsprechende Diskrepanzen in den Überlebenszeitanalysen zeigen sich auch auf allen anderen erhobenen Parametern (einschlägige, Gewalt- und Sexualdelikte sowie unterschiedliche Sanktionsformen als Schätzer der Deliktschwere). Da die Zwillingsgruppenvergleiche diese Befunde bestätigen, scheinen die Unterschiede nicht ausschließlich durch Selektionseffekte erklärbar zu sein. Eine Verhältnismäßigkeitserledigung bzw. deren strukturell-systemische Implikationen scheinen somit aus anderen Gründen einen Risikofaktor für eine ungünstige Legalbewährung darzustellen.","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"12 1","pages":"293 - 303"},"PeriodicalIF":0.5,"publicationDate":"2022-10-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"81722807","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}