Zusammenfassung Die Prognose von intramuralem Fehlverhalten und Lockerungsmissbräuchen ist ein wichtiger Bestandteil der Vollzugsplanung und in der Regel eine Voraussetzung für die Gewährung von Lockerungen und weiteren freiheitsbezogenen Maßnahmen. Derzeit existierende Rückfallprognoseinstrumente wurden bislang kaum dahingehend untersucht, ob sie sich auch für diese Form der Prognose eignen. In der vorliegenden Studie wurden unterschiedliche aktuarische Prognoseinstrumente (Static-99, SVG-5 und OGRS 3) bei 129 Straftätern, die in den Jahren 2013 bis 2018 aus der Sozialtherapeutischen Anstalt in Ludwigshafen entlassen wurden, angewendet und ihre Prognoseleistung geprüft. Zusätzlich wurden zwei anstaltsinterne Checklisten in die Untersuchung mit aufgenommen. Im Ergebnis zeigten sich alle drei aktuarischen Instrumente und darüber hinaus die Anstaltscheckliste zur Fluchtgefahr als valide für die Vorhersage von intramuralem Fehlverhalten, wobei die OGRS 3 (AUC = .77) die besten Werte erzielte. Für die Prognose von Lockerungsmissbräuchen waren die Ergebnisse von OGRS 3 und SVG-5 vielversprechend, wobei auch hier die OGRS 3 (AUC = .77) am besten abschnitt. Gerade bei der Prognose von Lockerungsmissbräuchen zeigten die Ergebnisse jedoch auch Limitationen der zur Verfügung stehenden Analysemethoden auf, die bei der praktischen Anwendung angemessen berücksichtigt werden sollten.
{"title":"Prävalenz und Vorhersage von intramuralem Fehlverhalten und Lockerungsmissbräuchen in der Sozialtherapie","authors":"L. Biedermann, M. Rettenberger","doi":"10.1515/mks-2020-2059","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/mks-2020-2059","url":null,"abstract":"Zusammenfassung Die Prognose von intramuralem Fehlverhalten und Lockerungsmissbräuchen ist ein wichtiger Bestandteil der Vollzugsplanung und in der Regel eine Voraussetzung für die Gewährung von Lockerungen und weiteren freiheitsbezogenen Maßnahmen. Derzeit existierende Rückfallprognoseinstrumente wurden bislang kaum dahingehend untersucht, ob sie sich auch für diese Form der Prognose eignen. In der vorliegenden Studie wurden unterschiedliche aktuarische Prognoseinstrumente (Static-99, SVG-5 und OGRS 3) bei 129 Straftätern, die in den Jahren 2013 bis 2018 aus der Sozialtherapeutischen Anstalt in Ludwigshafen entlassen wurden, angewendet und ihre Prognoseleistung geprüft. Zusätzlich wurden zwei anstaltsinterne Checklisten in die Untersuchung mit aufgenommen. Im Ergebnis zeigten sich alle drei aktuarischen Instrumente und darüber hinaus die Anstaltscheckliste zur Fluchtgefahr als valide für die Vorhersage von intramuralem Fehlverhalten, wobei die OGRS 3 (AUC = .77) die besten Werte erzielte. Für die Prognose von Lockerungsmissbräuchen waren die Ergebnisse von OGRS 3 und SVG-5 vielversprechend, wobei auch hier die OGRS 3 (AUC = .77) am besten abschnitt. Gerade bei der Prognose von Lockerungsmissbräuchen zeigten die Ergebnisse jedoch auch Limitationen der zur Verfügung stehenden Analysemethoden auf, die bei der praktischen Anwendung angemessen berücksichtigt werden sollten.","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"1 1","pages":"235 - 249"},"PeriodicalIF":0.5,"publicationDate":"2020-10-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"83019281","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Zusammenfassung Im November 2016 erfolgte eine bedeutsame Reform des deutschen Sexualstrafrechts, welche in der wissenschaftlichen Literatur und öffentlichen Debatte sowohl mit Hoffnungen als auch Befürchtungen einherging. Die vorliegende Untersuchung widmet sich aktuellen empirischen Erkenntnissen zu den Straftatbeständen des veränderten § 177 StGB (Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung) und des neugeschaffenen § 184 i StGB (Sexuelle Belästigung). So wird für beide Deliktkategorien anhand der bundesweiten Polizeilichen Kriminalstatistik und der Strafverfolgungsstatistik die Entwicklung des polizeilich registrierten Fallaufkommens aufgezeigt und mit der Anzahl der gerichtlichen Entscheidungen verglichen. Eine Analyse der Tatmerkmale aller im Jahr 2018 in Brandenburg registrierten Fälle nach den §§ 177 StGB (n = 390) und 184 i StGB (n = 387) auf Basis der POLAS-Datenbank verwies hinsichtlich der Aufklärung und Beweisbarkeit der fraglichen Taten auf die zentrale Bedeutung der Opferaussage als Personalbeweis. Im Weiteren werden Schlussfolgerungen für eine geeignete Vernehmungstechnik und -protokollierung dargestellt, um das infolge der Reform nunmehr zentrale Tatbestandsmerkmal– den erkennbar den sexuellen Handlungen entgegenstehenden Willen – adäquat aufklären zu können. Eine derartige Vernehmungsgestaltung verbessert zudem die Möglichkeiten, mittels wissenschaftlich etablierter Methoden der Glaubhaftigkeitsbeurteilung sowohl tatsächlich stattgefundene Taten als auch mögliche Falschbeschuldigungen als solche zu identifizieren.
2016年11月的摘要显示了德国性刑法的重大改革,在科学文献和公共争论中,他都带来了希望和恐惧。本研究目的而言,当前的实证知识的Straftatbeständen改变§177个StGB(性侵犯;性侵犯;强奸)和《neugeschaffenen§184 i StGB(性骚扰).比如,根据联邦警察死亡统计和执法统计,我们展示了警察记录下案件的出现情况,并将这两类司法判决的次数作了比较。分析2018年Tatmerkmale所有勃兰登堡注册案件复核§§177个StGB (n = 390)和184 i StGB (n = 387)基础上POLAS-Datenbank指出,关于教育和Beweisbarkeit抄袭的行为为核心Opferaussage作为Personalbeweis .此外,还论证了适当的审讯和记录技术,以便充分地了解因改革而现在出现的关键动因——对性行为的认识和意向——。设计这类审讯也有利于以科学的方式验证他人的真实行为和恶意行为。
{"title":"Empirische Erkenntnisse zur Reform des Sexualstrafrechts in Bezug auf die §§ 177 und 184 i StGB und daraus resultierende Schlussfolgerungen für die Vernehmungsgestaltung","authors":"Jürgen Biedermann, R. Volbert","doi":"10.1515/mks-2020-2058","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/mks-2020-2058","url":null,"abstract":"Zusammenfassung Im November 2016 erfolgte eine bedeutsame Reform des deutschen Sexualstrafrechts, welche in der wissenschaftlichen Literatur und öffentlichen Debatte sowohl mit Hoffnungen als auch Befürchtungen einherging. Die vorliegende Untersuchung widmet sich aktuellen empirischen Erkenntnissen zu den Straftatbeständen des veränderten § 177 StGB (Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung) und des neugeschaffenen § 184 i StGB (Sexuelle Belästigung). So wird für beide Deliktkategorien anhand der bundesweiten Polizeilichen Kriminalstatistik und der Strafverfolgungsstatistik die Entwicklung des polizeilich registrierten Fallaufkommens aufgezeigt und mit der Anzahl der gerichtlichen Entscheidungen verglichen. Eine Analyse der Tatmerkmale aller im Jahr 2018 in Brandenburg registrierten Fälle nach den §§ 177 StGB (n = 390) und 184 i StGB (n = 387) auf Basis der POLAS-Datenbank verwies hinsichtlich der Aufklärung und Beweisbarkeit der fraglichen Taten auf die zentrale Bedeutung der Opferaussage als Personalbeweis. Im Weiteren werden Schlussfolgerungen für eine geeignete Vernehmungstechnik und -protokollierung dargestellt, um das infolge der Reform nunmehr zentrale Tatbestandsmerkmal– den erkennbar den sexuellen Handlungen entgegenstehenden Willen – adäquat aufklären zu können. Eine derartige Vernehmungsgestaltung verbessert zudem die Möglichkeiten, mittels wissenschaftlich etablierter Methoden der Glaubhaftigkeitsbeurteilung sowohl tatsächlich stattgefundene Taten als auch mögliche Falschbeschuldigungen als solche zu identifizieren.","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"5 1","pages":"250 - 268"},"PeriodicalIF":0.5,"publicationDate":"2020-10-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"89608443","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Zusammenfassung Zur Beurteilung des Behandlungserfolgs im Strafvollzug ist die Rückfälligkeit das zentrale Erfolgskriterium. Die Schwere der Rückfälle wird dabei oft nicht berücksichtigt, obgleich eine verringerte Rückfallschwere bzw. Opferschädigung als weiterer Indikator für eine erfolgreiche Behandlung betrachtet werden kann. In der vorliegenden Arbeit wird ein objektives Instrument zur Erfassung der Deliktschwere vorgestellt, das auf den gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen basiert. Dieser Ansatz wird an einer Stichprobe von N = 682 Sexualstraftätern durch die Auswertung von Bundeszentralregisterauszügen erprobt, wobei die Rückfallschwere als maximales Schweregewicht aller Rückfalldelikte definiert wird. Ein Zusammenhang von r = .59 zwischen der aus den Strafrahmen abgeleiteten Rückfallschwere und einem dichotomen Kriterium, das die Schwere eines Rückfalls von einer Verurteilung zu mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe oder Unterbringung nach §§ 63, 64, 66 StGB abhängig macht, spricht für die konvergente Validität des Ansatzes. Insbesondere für Probandenmerkmale, die mit gewalttätigem Verhalten assoziiert sind, zeigten sich signifikante Zusammenhänge mit der Rückfallschwere, was die Annahme unterstützt, dass die relative Schwere von Delikten mit dem vorliegenden Ansatz adäquat abgebildet wird. Weitere signifikante Zusammenhänge mit dem Lebensalter zum Zeitpunkt der Entlassung oder der früheren Inhaftierung stehen im Einklang mit bisherigen Erkenntnissen. Analysen zur Rückfallschwere, wie beispielsweise der Vergleich von Behandlungs- und Kontrollgruppen, müssen auf die Teilstichproben der Rückfälligen beschränkt bleiben, um gegenüber herkömmlichen binären Kriterien einen zusätzlichen Erkenntnisgewinn zu erbringen. Die Anwendung des strafrahmenorientierten Ansatzes erwies sich als praktikabel, und die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit unterstützen seine Anwendung in Evaluationsstudien als Ergänzung zu dichotomen Rückfallkriterien.
{"title":"Die Erfassung der Deliktschwere in Evaluationsstudien zur Straftäterbehandlung: Entwicklung und Anwendung eines strafrahmenorientierten Ansatzes","authors":"Lora Lauchs, E. Link, F. Lösel","doi":"10.1515/mks-2020-2060","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/mks-2020-2060","url":null,"abstract":"Zusammenfassung Zur Beurteilung des Behandlungserfolgs im Strafvollzug ist die Rückfälligkeit das zentrale Erfolgskriterium. Die Schwere der Rückfälle wird dabei oft nicht berücksichtigt, obgleich eine verringerte Rückfallschwere bzw. Opferschädigung als weiterer Indikator für eine erfolgreiche Behandlung betrachtet werden kann. In der vorliegenden Arbeit wird ein objektives Instrument zur Erfassung der Deliktschwere vorgestellt, das auf den gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen basiert. Dieser Ansatz wird an einer Stichprobe von N = 682 Sexualstraftätern durch die Auswertung von Bundeszentralregisterauszügen erprobt, wobei die Rückfallschwere als maximales Schweregewicht aller Rückfalldelikte definiert wird. Ein Zusammenhang von r = .59 zwischen der aus den Strafrahmen abgeleiteten Rückfallschwere und einem dichotomen Kriterium, das die Schwere eines Rückfalls von einer Verurteilung zu mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe oder Unterbringung nach §§ 63, 64, 66 StGB abhängig macht, spricht für die konvergente Validität des Ansatzes. Insbesondere für Probandenmerkmale, die mit gewalttätigem Verhalten assoziiert sind, zeigten sich signifikante Zusammenhänge mit der Rückfallschwere, was die Annahme unterstützt, dass die relative Schwere von Delikten mit dem vorliegenden Ansatz adäquat abgebildet wird. Weitere signifikante Zusammenhänge mit dem Lebensalter zum Zeitpunkt der Entlassung oder der früheren Inhaftierung stehen im Einklang mit bisherigen Erkenntnissen. Analysen zur Rückfallschwere, wie beispielsweise der Vergleich von Behandlungs- und Kontrollgruppen, müssen auf die Teilstichproben der Rückfälligen beschränkt bleiben, um gegenüber herkömmlichen binären Kriterien einen zusätzlichen Erkenntnisgewinn zu erbringen. Die Anwendung des strafrahmenorientierten Ansatzes erwies sich als praktikabel, und die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit unterstützen seine Anwendung in Evaluationsstudien als Ergänzung zu dichotomen Rückfallkriterien.","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"66 1","pages":"300 - 314"},"PeriodicalIF":0.5,"publicationDate":"2020-10-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"84108275","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Zusammenfassung Der Beitrag beschäftigt sich mit dem Thema »Stealthing« und soll einen Überblick über die bisherige herrschende Meinung und Rechtsprechung sowie über die wissenschaftlichen Erkenntnisse geben. Der Beitrag beginnt mit einer allgemeinen Einführung in das Thema Stealthing und wird weitergeführt mit einer Darstellung bisheriger Rechtsprechungen in Deutschland sowie in anderen Ländern Europas. Erste empirische Forschungsarbeiten über Stealthing werden vorgestellt und eine rechtliche Einschätzung gegeben. Diese fokussiert auf die Strafwürdigkeit sowie das Handlungsunrecht beim Stealthing. Der Beitrag schließt mit einer Stellungnahme des Verfassers und einem Fazit mit einem Vorschlag für eine Erweiterung des § 177 StGB, was den vorhandenen wissenschaftlichen Diskurs anregen und weiterführen soll.
{"title":"»Stealthing«: ein besorgniserregender Trend?","authors":"A. Wißner","doi":"10.1515/mks-2020-2050","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/mks-2020-2050","url":null,"abstract":"Zusammenfassung Der Beitrag beschäftigt sich mit dem Thema »Stealthing« und soll einen Überblick über die bisherige herrschende Meinung und Rechtsprechung sowie über die wissenschaftlichen Erkenntnisse geben. Der Beitrag beginnt mit einer allgemeinen Einführung in das Thema Stealthing und wird weitergeführt mit einer Darstellung bisheriger Rechtsprechungen in Deutschland sowie in anderen Ländern Europas. Erste empirische Forschungsarbeiten über Stealthing werden vorgestellt und eine rechtliche Einschätzung gegeben. Diese fokussiert auf die Strafwürdigkeit sowie das Handlungsunrecht beim Stealthing. Der Beitrag schließt mit einer Stellungnahme des Verfassers und einem Fazit mit einem Vorschlag für eine Erweiterung des § 177 StGB, was den vorhandenen wissenschaftlichen Diskurs anregen und weiterführen soll.","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"8 1","pages":"315 - 330"},"PeriodicalIF":0.5,"publicationDate":"2020-09-30","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"72899527","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Abstract There is no doubt that, in terms of criminal policy, we have been living in an era of pre-crime for quite some time now. Whether we like it or not, times have changed and so has the general position on concepts of (criminal) guilt, dangerousness and liability. Whereas once there was a broad consensus that penal repression, at least in principle, should be executed in a strictly postcrime fashion, nowadays the same consensus has been reached on trading freedom (from penal repression) for (promised) security, long before an »actual crime« might even be committed. In this regard, the criminalisation of endangerment and risks only nomotechnically solves the issue of »actual« vs. »potential« crimes – in essence it merely creates a normative fiction of pre-crime crimes, whereas in reality actual crimes do not exist at all. The starting point of criminalisation has clearly shifted away from the guilt of having committed a crime, to the mere dangerousness of potentially committing a crime, which potential as such is purely hypothetical and beyond the grasp of empirical proof. Such shift raises fundamental criminological and sociological questions, just as it highlights our obligation to process and shape this shift. The change of paradigm from post- to pre-crime also makes one wonder about the current and future role of criminology. It makes one wonder about criminology’s capacity to adapt and its willingness to take on a transdisciplinary lead role in scientising or even criminologising the precrime era. In the end it also makes one wonder whether such an engagement would be scientifically justified.
{"title":"Guilt, Dangerousness and Liability in the Era of Pre-Crime – the Role of Criminology? To Adapt, or to Die, that is the Question!","authors":"Anna-Maria Getoš Kalac","doi":"10.1515/MKS-2020-2054","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/MKS-2020-2054","url":null,"abstract":"Abstract There is no doubt that, in terms of criminal policy, we have been living in an era of pre-crime for quite some time now. Whether we like it or not, times have changed and so has the general position on concepts of (criminal) guilt, dangerousness and liability. Whereas once there was a broad consensus that penal repression, at least in principle, should be executed in a strictly postcrime fashion, nowadays the same consensus has been reached on trading freedom (from penal repression) for (promised) security, long before an »actual crime« might even be committed. In this regard, the criminalisation of endangerment and risks only nomotechnically solves the issue of »actual« vs. »potential« crimes – in essence it merely creates a normative fiction of pre-crime crimes, whereas in reality actual crimes do not exist at all. The starting point of criminalisation has clearly shifted away from the guilt of having committed a crime, to the mere dangerousness of potentially committing a crime, which potential as such is purely hypothetical and beyond the grasp of empirical proof. Such shift raises fundamental criminological and sociological questions, just as it highlights our obligation to process and shape this shift. The change of paradigm from post- to pre-crime also makes one wonder about the current and future role of criminology. It makes one wonder about criminology’s capacity to adapt and its willingness to take on a transdisciplinary lead role in scientising or even criminologising the precrime era. In the end it also makes one wonder whether such an engagement would be scientifically justified.","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"29 1","pages":"198 - 207"},"PeriodicalIF":0.5,"publicationDate":"2020-07-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"79019599","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Zusammenfassung Die Abschreckungsdoktrin setzt auf Sanktionsfurcht als Mittel zur Eindämmung von Kriminalität. So plausibel die Hypothese, Furcht vor staatlicher Strafe würde Delinquenz verhindern, auch klingt: Empirische Forschung zeichnet ein eher ernüchterndes Bild von den kriminalpräventiven Erträgen angedrohter gerichtlicher Bestrafung. Aus dem Bereich der negativen Generalprävention entfaltet allenfalls die Sanktionierungswahrscheinlichkeit einen mäßigen Verhaltenslenkungseffekt. Das mehrheitliche Ausbleiben nennenswerter Abschreckungserfolge muss aber nicht bedeuten, dass formalen Sanktionierungsrisiken jeglicher Steuerungswert abzusprechen ist. Unter dem Leitkonzept der differenziellen Abschreckbarkeit durchgeführte »Perceptual Deterrence Research« verwirft die Annahme, Abschreckung wirke auf alle Menschen gleich, um sich Bemühungen zur Eingrenzung der für Abschreckungsbotschaften zugänglichen Teilgruppen der Bevölkerung zu widmen. Die hier vorgenommene Sichtung des gesammelten Forschungsstandes zeigt, dass Sanktionsrisikoeffekte über Personen, Situationen und Delikte hinweg variieren. Individuen mit geringer Normakzeptanz, niedriger Selbstkontrolle und zahlreichen Freundschaftskontakten zu delinquenzaffinen Gleichaltrigen können als in einem gehobenen Maße durch ihre Sanktionsrisikowahrnehmung beeinflussbar identifiziert werden. Wenn Menschen mit einer erhöhten Tendenz zur Kriminalität moderat anfällig für Steuerungswirkungen der perzipierten Bestrafungswahrscheinlichkeit sind, attestiert dies der negativen Generalprävention eine gewisse Tauglichkeit als Instrument der Sekundärprävention, welche auf das Management kriminogener Dynamiken in Risikogruppen zielt.
{"title":"Differenzielle Abschreckbarkeit als Evidenzgrundlage negativer Generalprävention – Eine Bestandsaufnahme der kriminologischen Wissensbasis","authors":"Helmut Hirtenlehner","doi":"10.1515/mks-2020-2051","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/mks-2020-2051","url":null,"abstract":"Zusammenfassung Die Abschreckungsdoktrin setzt auf Sanktionsfurcht als Mittel zur Eindämmung von Kriminalität. So plausibel die Hypothese, Furcht vor staatlicher Strafe würde Delinquenz verhindern, auch klingt: Empirische Forschung zeichnet ein eher ernüchterndes Bild von den kriminalpräventiven Erträgen angedrohter gerichtlicher Bestrafung. Aus dem Bereich der negativen Generalprävention entfaltet allenfalls die Sanktionierungswahrscheinlichkeit einen mäßigen Verhaltenslenkungseffekt. Das mehrheitliche Ausbleiben nennenswerter Abschreckungserfolge muss aber nicht bedeuten, dass formalen Sanktionierungsrisiken jeglicher Steuerungswert abzusprechen ist. Unter dem Leitkonzept der differenziellen Abschreckbarkeit durchgeführte »Perceptual Deterrence Research« verwirft die Annahme, Abschreckung wirke auf alle Menschen gleich, um sich Bemühungen zur Eingrenzung der für Abschreckungsbotschaften zugänglichen Teilgruppen der Bevölkerung zu widmen. Die hier vorgenommene Sichtung des gesammelten Forschungsstandes zeigt, dass Sanktionsrisikoeffekte über Personen, Situationen und Delikte hinweg variieren. Individuen mit geringer Normakzeptanz, niedriger Selbstkontrolle und zahlreichen Freundschaftskontakten zu delinquenzaffinen Gleichaltrigen können als in einem gehobenen Maße durch ihre Sanktionsrisikowahrnehmung beeinflussbar identifiziert werden. Wenn Menschen mit einer erhöhten Tendenz zur Kriminalität moderat anfällig für Steuerungswirkungen der perzipierten Bestrafungswahrscheinlichkeit sind, attestiert dies der negativen Generalprävention eine gewisse Tauglichkeit als Instrument der Sekundärprävention, welche auf das Management kriminogener Dynamiken in Risikogruppen zielt.","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"13 1","pages":"221 - 234"},"PeriodicalIF":0.5,"publicationDate":"2020-07-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"73838962","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Zusammenfassung Auf einem von freier Selbstbestimmung geprägten Menschenbild fußend, gibt das Grundgesetz ein strikt auf die Schuld, im Sinne individueller Verantwortlichkeit, des Täters ausgerichtetes Strafrecht vor. Der freiheitssichernde Charakter des Schuldstrafrechts beschränkt allerdings die Möglichkeiten, prognostizierter zukünftiger Gefährlichkeit eines Täters durch Strafe entgegenzuwirken. Diese Funktion übernimmt die hierfür geschaffene zweite Säule des deutschen Sanktionensystems, bestehend aus Maßregeln der Besserung und Sicherung. Diese dienen der Erfüllung staatlicher Schutzpflichten und werden durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt.
{"title":"»Schuld, Gefährlichkeit und Verantwortlichkeit« – Sichtweise des Strafrechts","authors":"H. Radtke","doi":"10.1515/mks-2020-2056","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/mks-2020-2056","url":null,"abstract":"Zusammenfassung Auf einem von freier Selbstbestimmung geprägten Menschenbild fußend, gibt das Grundgesetz ein strikt auf die Schuld, im Sinne individueller Verantwortlichkeit, des Täters ausgerichtetes Strafrecht vor. Der freiheitssichernde Charakter des Schuldstrafrechts beschränkt allerdings die Möglichkeiten, prognostizierter zukünftiger Gefährlichkeit eines Täters durch Strafe entgegenzuwirken. Diese Funktion übernimmt die hierfür geschaffene zweite Säule des deutschen Sanktionensystems, bestehend aus Maßregeln der Besserung und Sicherung. Diese dienen der Erfüllung staatlicher Schutzpflichten und werden durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt.","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"1 1","pages":"176 - 180"},"PeriodicalIF":0.5,"publicationDate":"2020-07-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"91355983","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Zusammenfassung Der Anteil jener psychisch kranken, jedoch zurechnungsfähigen Straftäter, die in Österreich nach einer Unterbringung in einer Maßnahme nach § 21 Abs. 2 StGB erneut straffällig wurden, ist über viele Jahre stark gesunken. In einer empirischen Studie wurden Entlassungsgruppen im Detail untersucht und verglichen, um mögliche Ursachen für diese Veränderung zu identifizieren. Es zeigte sich, dass neben einer über die Zeit besseren Selektion bereits entlassungsbereiter Personen primär Verbesserungen in der Betreuung während der Unterbringung sowie im Zuge der bedingten Entlassung für die positive Entwicklung ausschlaggebend waren.
{"title":"Welche Faktoren unterstützen die Legalbewährung psychisch kranker Straftäter?","authors":"M. Stempkowski","doi":"10.1515/mks-2020-2053","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/mks-2020-2053","url":null,"abstract":"Zusammenfassung Der Anteil jener psychisch kranken, jedoch zurechnungsfähigen Straftäter, die in Österreich nach einer Unterbringung in einer Maßnahme nach § 21 Abs. 2 StGB erneut straffällig wurden, ist über viele Jahre stark gesunken. In einer empirischen Studie wurden Entlassungsgruppen im Detail untersucht und verglichen, um mögliche Ursachen für diese Veränderung zu identifizieren. Es zeigte sich, dass neben einer über die Zeit besseren Selektion bereits entlassungsbereiter Personen primär Verbesserungen in der Betreuung während der Unterbringung sowie im Zuge der bedingten Entlassung für die positive Entwicklung ausschlaggebend waren.","PeriodicalId":43577,"journal":{"name":"Monatsschrift Fur Kriminologie Und Strafrechtsreform","volume":"158 1","pages":"208 - 220"},"PeriodicalIF":0.5,"publicationDate":"2020-07-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"77807950","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"社会学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}