Pub Date : 2020-09-01DOI: 10.54717/kidsmedia.10.2.2020.1
Remo Cadalbert
Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung wohnt heute in Städten und die globale Urbanisierung ist kaum mehr aufzuhalten. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb boomt der Städtetourismus derzeit. Immer mehr Menschen verbringen ihren Urlaub in einer der Metropolen dieser Welt und immer individualisierter kommen die Angebote der Tourismusindustrie für Städtereisende daher. Diese Entwicklung haben auch die Verlage und AutorInnen von Reiseliteratur und Kinder- und Jugendliteratur erkannt und ein entsprechendes Angebot von Stadtführern explizit für Kinder geschaffen. Auch wenn das Reisen oder der Tourismus die Grundlage der Kinder-Stadtführer bilden und man sie ihres sachlichen Inhaltes wegen in den Regalen des Buchhandels unter der Reiseliteratur findet, so sind sie doch optisch und sprachlich den klassischen Sachbilderbüchern für Kinder viel näher. Genrespezifisch sind die Stadtführer deshalb ein Hybrid aus Kinder- und Jugendliteratur und Reiseliteratur; sie sind sowohl Bildungs- als auch Gebrauchsgut. Gegenstand dieses Beitrags sind fünf unterschiedliche Kinder-Stadtführer für Berlin, die aus kulturwissenschaftlicher Perspektive analysiert werden. Dabei steht die Metropole Berlin nicht im Mittelpunkt der Arbeit, sondern die Grossstadt an sich bzw. die Urbanität, wie sie sich in den Stadtführern darstellt. Untersucht werden anhand der Quellen sowohl der Inhalt (Themen, Texte, Bilder) als auch die sprachlichen und nichtsprachlichen Elemente. Neben einer Bestandsaufnahme des vorhandenen Wissens sowie von Theorieangeboten und Methoden aus verschiedenen Disziplinen wird auch der Versuch unternommen, die Stadtführer für Kinder innerhalb der Kinder- und Jugendliteratur einzuordnen. Abschliessend werden einige Überlegungen angestellt, welche Konsequenzen Kinder-Stadtführer hinsichtlich der Rollenerwartungen und Verhaltensmuster für eine reale Reise haben könnten.
{"title":"„Für Erwachsene verboten!“","authors":"Remo Cadalbert","doi":"10.54717/kidsmedia.10.2.2020.1","DOIUrl":"https://doi.org/10.54717/kidsmedia.10.2.2020.1","url":null,"abstract":"Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung wohnt heute in Städten und die globale Urbanisierung ist kaum mehr aufzuhalten. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb boomt der Städtetourismus derzeit. Immer mehr Menschen verbringen ihren Urlaub in einer der Metropolen dieser Welt und immer individualisierter kommen die Angebote der Tourismusindustrie für Städtereisende daher. Diese Entwicklung haben auch die Verlage und AutorInnen von Reiseliteratur und Kinder- und Jugendliteratur erkannt und ein entsprechendes Angebot von Stadtführern explizit für Kinder geschaffen. Auch wenn das Reisen oder der Tourismus die Grundlage der Kinder-Stadtführer bilden und man sie ihres sachlichen Inhaltes wegen in den Regalen des Buchhandels unter der Reiseliteratur findet, so sind sie doch optisch und sprachlich den klassischen Sachbilderbüchern für Kinder viel näher. Genrespezifisch sind die Stadtführer deshalb ein Hybrid aus Kinder- und Jugendliteratur und Reiseliteratur; sie sind sowohl Bildungs- als auch Gebrauchsgut. Gegenstand dieses Beitrags sind fünf unterschiedliche Kinder-Stadtführer für Berlin, die aus kulturwissenschaftlicher Perspektive analysiert werden. Dabei steht die Metropole Berlin nicht im Mittelpunkt der Arbeit, sondern die Grossstadt an sich bzw. die Urbanität, wie sie sich in den Stadtführern darstellt. Untersucht werden anhand der Quellen sowohl der Inhalt (Themen, Texte, Bilder) als auch die sprachlichen und nichtsprachlichen Elemente. Neben einer Bestandsaufnahme des vorhandenen Wissens sowie von Theorieangeboten und Methoden aus verschiedenen Disziplinen wird auch der Versuch unternommen, die Stadtführer für Kinder innerhalb der Kinder- und Jugendliteratur einzuordnen. Abschliessend werden einige Überlegungen angestellt, welche Konsequenzen Kinder-Stadtführer hinsichtlich der Rollenerwartungen und Verhaltensmuster für eine reale Reise haben könnten. ","PeriodicalId":106402,"journal":{"name":"kids+media : Zeitschrift für Kinder- und Jugendmedienforschung","volume":"1 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-09-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"130217556","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2020-03-01DOI: 10.54717/kidsmedia.10.1.2020.4
P. Mahler
Die Harry-Potter-Bücher und -Filme sind seit der Veröffentlichung des ersten Buches 1997 weltweit bekannt und haben sich zu einem popkulturellen Phänomen entwickelt, das insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, aber auch bei Erwachsenen sehr beliebt ist. Der Film Harry Potter und der Stein der Weisen basiert auf dem gleichnamigen Buch von Joanne K. Rowling und stellt den ersten Teil der Geschichte über den Zauberlehrling Harry Potter dar. Bei der Rezeption des Films bleibt neben visuellen Eindrücken und der Handlung oft auch die Musik im Gedächtnis. Die wohl bekannteste Melodie der Filmreihe, Hedwig’s Theme, wird in den Filmen stets wiederholt und hat sich zu einem unverwechselbaren Kennzeichen des Harry Potter-Universums entwickelt. Insgesamt erschafft die Filmmusik der Harry Potter-Filme Fantasie und Realität und fügt als Träger von Emotionen dem Film eine weitere Dimension hinzu. John Williams, der Komponist der ersten drei Filme, verwendet bei seinen Kompositionen eine Technik, die Charakteren und Ereignissen musikalische Themen zuordnet und diese Themen laufend wiederholt. Die Zuschauer*innen können so lernen, Elemente der Erzählung miteinander zu verbinden, und Assoziationen aufbauen. Diese sogenannte Leitmotivtechnik wird im Beitrag erläutert und ist Grundlage der Analyse der Filmmusik in Harry Potter und der Stein der Weisen.
{"title":"Filmmusik als Übermittlerin von Magie?","authors":"P. Mahler","doi":"10.54717/kidsmedia.10.1.2020.4","DOIUrl":"https://doi.org/10.54717/kidsmedia.10.1.2020.4","url":null,"abstract":"Die Harry-Potter-Bücher und -Filme sind seit der Veröffentlichung des ersten Buches 1997 weltweit bekannt und haben sich zu einem popkulturellen Phänomen entwickelt, das insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, aber auch bei Erwachsenen sehr beliebt ist. Der Film Harry Potter und der Stein der Weisen basiert auf dem gleichnamigen Buch von Joanne K. Rowling und stellt den ersten Teil der Geschichte über den Zauberlehrling Harry Potter dar. Bei der Rezeption des Films bleibt neben visuellen Eindrücken und der Handlung oft auch die Musik im Gedächtnis. Die wohl bekannteste Melodie der Filmreihe, Hedwig’s Theme, wird in den Filmen stets wiederholt und hat sich zu einem unverwechselbaren Kennzeichen des Harry Potter-Universums entwickelt. Insgesamt erschafft die Filmmusik der Harry Potter-Filme Fantasie und Realität und fügt als Träger von Emotionen dem Film eine weitere Dimension hinzu. John Williams, der Komponist der ersten drei Filme, verwendet bei seinen Kompositionen eine Technik, die Charakteren und Ereignissen musikalische Themen zuordnet und diese Themen laufend wiederholt. Die Zuschauer*innen können so lernen, Elemente der Erzählung miteinander zu verbinden, und Assoziationen aufbauen. Diese sogenannte Leitmotivtechnik wird im Beitrag erläutert und ist Grundlage der Analyse der Filmmusik in Harry Potter und der Stein der Weisen.","PeriodicalId":106402,"journal":{"name":"kids+media : Zeitschrift für Kinder- und Jugendmedienforschung","volume":"20 9","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-03-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"120921971","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2020-03-01DOI: 10.54717/kidsmedia.10.1.2020.2
A. Pommer
Dystopische und postapokalyptische Szenarien sind in den letzten zehn Jahren nicht aus der internationalen Jugendliteratur wegzudenken. Während in Dystopien negative Gesellschaftsentwürfe im Mittelpunkt stehen, erzählen Postapokalypsen vom Überlebenskampf nach einer globalen Katastrophe. Beide Textsorten greifen auf ein sehr ähnliches Raumkonzept zurück, das in diesem Beitrag erörtert wird. Behandelt werden die Referenzen auf reale Räume, die Arten von vorkommenden Räumen und die Strukturierung des Makroraums. Aufgrund der Ähnlichkeit der dystopischen und postapokalyptischen Jugendromane hinsichtlich dieser Aspekte bietet es sich an, sie auf Basis der Raumstrukturen in zwei zentrale Typen einzuteilen. Während im ersten Makroraumtyp ein Gesellschaftsraum in Opposition zu einem Naturraum steht, kommt im zweiten Typ ein dritter Raum, nämlich der einer Gegengesellschaft, hinzu. Diese Einteilung gibt jedoch keinen Aufschluss über die Einschätzung der Texte als Dystopie oder als Postapokalypse. Dennoch lässt sich die Frage der Abgrenzung über den Raum beantworten. Der dystopische Raum, also der eines negativen Gesellschaftsentwurfs, ist stets ein städtischer, während der postapokalyptische Raum durch eine Katastrophe frei von allen gesellschaftlichen Strukturen ist und somit zu einem Naturraum wird. Dennoch kommt eine Dystopie nicht ohne Naturraum aus, um einen Ort für Rebellion und Nonkonformismus zu schaffen, und eine Postapokalypse nicht ohne Gesellschaftsraum, sei es als Sehnsucht nach der verlorenen Kultur oder durch die Etablierung einer kleinen, neuen Gemeinschaft. Die aktuelle Jugendliteratur – vor allem die deutschsprachige – macht sich die bewährten Muster der klassischen Dystopien und Postapokalypsen zu eigen und transformiert sie zu etwas Neuem. Dabei wird auch der Gegenraum zu seiner negativsten Variante, sodass nun einem dystopischen Raum eine postapokalyptische statt einer befreienden Natur gegenübersteht und einem postapokalyptischen Raum eine autoritäre Gesellschaft anstelle einer schützenden. Durch diese Besonderheit ergibt sich, dass diese jugendliterarischen Texte zumeist nicht klar in Dystopie und Postapokalypse einzuteilen sind.
{"title":"Düstere Städte und gefährliche Wälder","authors":"A. Pommer","doi":"10.54717/kidsmedia.10.1.2020.2","DOIUrl":"https://doi.org/10.54717/kidsmedia.10.1.2020.2","url":null,"abstract":"Dystopische und postapokalyptische Szenarien sind in den letzten zehn Jahren nicht aus der internationalen Jugendliteratur wegzudenken. Während in Dystopien negative Gesellschaftsentwürfe im Mittelpunkt stehen, erzählen Postapokalypsen vom Überlebenskampf nach einer globalen Katastrophe. Beide Textsorten greifen auf ein sehr ähnliches Raumkonzept zurück, das in diesem Beitrag erörtert wird. Behandelt werden die Referenzen auf reale Räume, die Arten von vorkommenden Räumen und die Strukturierung des Makroraums. Aufgrund der Ähnlichkeit der dystopischen und postapokalyptischen Jugendromane hinsichtlich dieser Aspekte bietet es sich an, sie auf Basis der Raumstrukturen in zwei zentrale Typen einzuteilen. Während im ersten Makroraumtyp ein Gesellschaftsraum in Opposition zu einem Naturraum steht, kommt im zweiten Typ ein dritter Raum, nämlich der einer Gegengesellschaft, hinzu. Diese Einteilung gibt jedoch keinen Aufschluss über die Einschätzung der Texte als Dystopie oder als Postapokalypse. Dennoch lässt sich die Frage der Abgrenzung über den Raum beantworten. Der dystopische Raum, also der eines negativen Gesellschaftsentwurfs, ist stets ein städtischer, während der postapokalyptische Raum durch eine Katastrophe frei von allen gesellschaftlichen Strukturen ist und somit zu einem Naturraum wird. Dennoch kommt eine Dystopie nicht ohne Naturraum aus, um einen Ort für Rebellion und Nonkonformismus zu schaffen, und eine Postapokalypse nicht ohne Gesellschaftsraum, sei es als Sehnsucht nach der verlorenen Kultur oder durch die Etablierung einer kleinen, neuen Gemeinschaft. Die aktuelle Jugendliteratur – vor allem die deutschsprachige – macht sich die bewährten Muster der klassischen Dystopien und Postapokalypsen zu eigen und transformiert sie zu etwas Neuem. Dabei wird auch der Gegenraum zu seiner negativsten Variante, sodass nun einem dystopischen Raum eine postapokalyptische statt einer befreienden Natur gegenübersteht und einem postapokalyptischen Raum eine autoritäre Gesellschaft anstelle einer schützenden. Durch diese Besonderheit ergibt sich, dass diese jugendliterarischen Texte zumeist nicht klar in Dystopie und Postapokalypse einzuteilen sind.","PeriodicalId":106402,"journal":{"name":"kids+media : Zeitschrift für Kinder- und Jugendmedienforschung","volume":"46 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-03-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"134461062","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2020-03-01DOI: 10.54717/kidsmedia.10.1.2020.1
Meike Uhrig
Mit Begriffen wie „niedlich“, „schlank“ oder „häuslich orientiert“ beschreiben aktuelle Studien den generellen Eindruck, den Mädchen und junge Frauen in sozialen Medien gegenwärtig hinterlassen. Diesen Untersuchungen nach sind die Darstellungen vor allem eins: rückschrittlich. Die mediale Repräsentanz von jungen Frauen wird entsprechend häufig kritisiert: Bereits seit den 1970er Jahren befassen sich Studien mit Gender in Werbung, Nachrichten, Kinofilm oder Computerspielen. Die Untersuchungen kommen seit jeher zu ähnlichen Ergebnissen und bemängeln bis heute, neben deren geringer Quantität, auch die stereotype und sexualisierte Darstellung von Frauen und Mädchen in Medien und Journalismus. Ein Problem, auf das gerade aktuelle Studien jedoch häufig stossen, ist die Quantifizierung eines teils subtilen Phänomens: Studien, die oberflächlich betrachtet ,Entwarnung‘ geben, weisen so gleichzeitig auf ein nach wie vor vorhandenes Ungleichgewicht hin, das auf einer eher subtilen, schlechter quantifizierbaren Ebene stattfindet. Dies erscheint gerade in Zusammenhang mit einer jungen, adoleszenten Zielgruppe populärer Formate besonders bedenklich. Denn nachweislich beeinflussen Aussehen und Verhalten medial verbreiteter Figuren Selbstwahrnehmung oder Handlungen von Rezipientinnen und Rezipienten signifikant. Speziell populäre, (computer-)animierte Formate liefern potentiell problematische Inhalte, die nicht zwingend auf den ersten Blick zu erkennen sind – und finden dabei weltweit Anklang bei einem adoleszenten Publikum. Der Artikel stellt ein Modell vor, anhand dessen ein alle filmischen Ebenen umfassendes Bild erstellt werden kann, das auch subtile Hinweise und Wirkungsebenen berücksichtigt. Dabei wird deutlich, dass ein Ungleichgewicht in der Frauen- und Geschlechtsrepräsentanz omnipräsent ist und dass alternative Figurenentwürfe lediglich den sidekicks der Filme vorbehalten bleiben. Das Ausmass des Einflusses solcher Darstellungen – besonders auf junge Zuschauer*innen – lässt sich nach bisherigem Stand der Forschung nur erahnen. Betrachtet man Kindermedien als Vermittlungs- oder Sozialisationsinstanz, kann der Einfluss dieser konventionalisierten und subtilen Stereotypisierung und Sexualisierung auf Kinder und Jugendliche im Allgemeinen und auf Mädchen oder junge Frauen im Speziellen kaum überschätzt werden.
{"title":"Subtil. Stereotyp. Sexualisierend.","authors":"Meike Uhrig","doi":"10.54717/kidsmedia.10.1.2020.1","DOIUrl":"https://doi.org/10.54717/kidsmedia.10.1.2020.1","url":null,"abstract":"Mit Begriffen wie „niedlich“, „schlank“ oder „häuslich orientiert“ beschreiben aktuelle Studien den generellen Eindruck, den Mädchen und junge Frauen in sozialen Medien gegenwärtig hinterlassen. Diesen Untersuchungen nach sind die Darstellungen vor allem eins: rückschrittlich. Die mediale Repräsentanz von jungen Frauen wird entsprechend häufig kritisiert: Bereits seit den 1970er Jahren befassen sich Studien mit Gender in Werbung, Nachrichten, Kinofilm oder Computerspielen. Die Untersuchungen kommen seit jeher zu ähnlichen Ergebnissen und bemängeln bis heute, neben deren geringer Quantität, auch die stereotype und sexualisierte Darstellung von Frauen und Mädchen in Medien und Journalismus. Ein Problem, auf das gerade aktuelle Studien jedoch häufig stossen, ist die Quantifizierung eines teils subtilen Phänomens: Studien, die oberflächlich betrachtet ,Entwarnung‘ geben, weisen so gleichzeitig auf ein nach wie vor vorhandenes Ungleichgewicht hin, das auf einer eher subtilen, schlechter quantifizierbaren Ebene stattfindet. Dies erscheint gerade in Zusammenhang mit einer jungen, adoleszenten Zielgruppe populärer Formate besonders bedenklich. Denn nachweislich beeinflussen Aussehen und Verhalten medial verbreiteter Figuren Selbstwahrnehmung oder Handlungen von Rezipientinnen und Rezipienten signifikant. Speziell populäre, (computer-)animierte Formate liefern potentiell problematische Inhalte, die nicht zwingend auf den ersten Blick zu erkennen sind – und finden dabei weltweit Anklang bei einem adoleszenten Publikum. Der Artikel stellt ein Modell vor, anhand dessen ein alle filmischen Ebenen umfassendes Bild erstellt werden kann, das auch subtile Hinweise und Wirkungsebenen berücksichtigt. Dabei wird deutlich, dass ein Ungleichgewicht in der Frauen- und Geschlechtsrepräsentanz omnipräsent ist und dass alternative Figurenentwürfe lediglich den sidekicks der Filme vorbehalten bleiben. Das Ausmass des Einflusses solcher Darstellungen – besonders auf junge Zuschauer*innen – lässt sich nach bisherigem Stand der Forschung nur erahnen. Betrachtet man Kindermedien als Vermittlungs- oder Sozialisationsinstanz, kann der Einfluss dieser konventionalisierten und subtilen Stereotypisierung und Sexualisierung auf Kinder und Jugendliche im Allgemeinen und auf Mädchen oder junge Frauen im Speziellen kaum überschätzt werden.","PeriodicalId":106402,"journal":{"name":"kids+media : Zeitschrift für Kinder- und Jugendmedienforschung","volume":"151 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-03-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"123653577","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2020-03-01DOI: 10.54717/kidsmedia.10.1.2020.3
Gabriel Gähwiler
In den literarischen Werken des deutschen Schriftstellers Michael Ende (1929–1995) ergänzen sich die äussere Welt und die kunstvolle, geistige Welt durch Verschränkung und vervollständigen sich auf diese Weise zu einer Einheit. Losgelöst von Konventionen und Stereotypen werden starre Strukturen und Grenzen überwunden und lassen die Realität und die Phantasie als Wechselspiel erscheinen. Auf dieser Grundlage ist der im Jahre 1960 erschienene Roman Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer entstanden. Das zum Kinderbuchklassiker avancierte Werk handelt vom Jungen Jim und seinem erwachsenen Freund und Mentor Lukas, die ihre begrenzte, idyllische, dem kindlichen Spiel nachempfundene Lebenswelt auf der kleinen Insel Lummerland zusammen mit der Lokomotive Emma verlassen, um eine neue Heimat zu finden. Auf der abenteuerlichen, phantastischen Reise ins Unbekannte und Ungewisse lernen die beiden Protagonisten eine neue Welt ausserhalb der vertrauten, geregelten Ordnung und der reibungslos funktionierenden Ereignisabläufe kennen. Ende schildert die wundersamen, spannenden Begebenheiten in einer kindlichen Märchen- und Phantasiewelt mit spielerisch-humorvollem Einfallsreichtum und Wortwitz. Die temporeiche, tiefsinnige und stellenweise auch sozialkritische Geschichte lässt für die Entwicklung persönlicher schöpferischer Kräfte viel Spielraum zu. Die kulturelle Fremderfahrung aus der Erlebnisperspektive und Weltsicht sowohl eines Kindes als auch eines Erwachsenen ist in der Handlung von zentraler Bedeutung. Aus diesem Grunde wird der Fokus auf die Fragestellung gelegt, wie Jim und Lukas das Andere, Fremde rezipieren. Mit welcher Einstellung und Haltung gehen die beiden Reisenden mit den für sie ungewohnten Sitten und Gepflogenheiten einer ihnen fremden fernöstlichen Kultur um und wie reagieren sie auf die Begegnung mit fremdartigen sozialen Aussenseiterfiguren? Es zeigt sich, dass im Laufe eines Lern- und Entwicklungsprozesses Annäherungen an eine fremde Kultur und an verstossene Kreaturen durchaus möglich sind. Dabei gelingt es insbesondere dem Kind, seine vorurteilsreiche, konfrontative Sichtweise zu ändern und sich eine individualisierte Sichtweise anzueignen. Damit sensibilisiert die Geschichte für ein friedliches Zusammenleben der Menschen verschiedener Kulturzugehörigkeit, das auf interkultureller Kommunikation und gegenseitiger Wertschätzung basiert. Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer ist ein Beitrag zur damals so genannten Völkerverständigung im Sinne einer besseren Zukunft. Die Geschichte entspricht dem Wunsch der Kinderliteraturszene in der unmittelbaren Nachkriegszeit, durch Kinderbücher zur Erziehung zu Weltoffenheit und Toleranz beizutragen und dadurch ein hoffnungsvolles Weltbild zu vermitteln.
{"title":"Dem Fremden begegnen","authors":"Gabriel Gähwiler","doi":"10.54717/kidsmedia.10.1.2020.3","DOIUrl":"https://doi.org/10.54717/kidsmedia.10.1.2020.3","url":null,"abstract":"In den literarischen Werken des deutschen Schriftstellers Michael Ende (1929–1995) ergänzen sich die äussere Welt und die kunstvolle, geistige Welt durch Verschränkung und vervollständigen sich auf diese Weise zu einer Einheit. Losgelöst von Konventionen und Stereotypen werden starre Strukturen und Grenzen überwunden und lassen die Realität und die Phantasie als Wechselspiel erscheinen. Auf dieser Grundlage ist der im Jahre 1960 erschienene Roman Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer entstanden. Das zum Kinderbuchklassiker avancierte Werk handelt vom Jungen Jim und seinem erwachsenen Freund und Mentor Lukas, die ihre begrenzte, idyllische, dem kindlichen Spiel nachempfundene Lebenswelt auf der kleinen Insel Lummerland zusammen mit der Lokomotive Emma verlassen, um eine neue Heimat zu finden. Auf der abenteuerlichen, phantastischen Reise ins Unbekannte und Ungewisse lernen die beiden Protagonisten eine neue Welt ausserhalb der vertrauten, geregelten Ordnung und der reibungslos funktionierenden Ereignisabläufe kennen. Ende schildert die wundersamen, spannenden Begebenheiten in einer kindlichen Märchen- und Phantasiewelt mit spielerisch-humorvollem Einfallsreichtum und Wortwitz. Die temporeiche, tiefsinnige und stellenweise auch sozialkritische Geschichte lässt für die Entwicklung persönlicher schöpferischer Kräfte viel Spielraum zu. Die kulturelle Fremderfahrung aus der Erlebnisperspektive und Weltsicht sowohl eines Kindes als auch eines Erwachsenen ist in der Handlung von zentraler Bedeutung. Aus diesem Grunde wird der Fokus auf die Fragestellung gelegt, wie Jim und Lukas das Andere, Fremde rezipieren. Mit welcher Einstellung und Haltung gehen die beiden Reisenden mit den für sie ungewohnten Sitten und Gepflogenheiten einer ihnen fremden fernöstlichen Kultur um und wie reagieren sie auf die Begegnung mit fremdartigen sozialen Aussenseiterfiguren? Es zeigt sich, dass im Laufe eines Lern- und Entwicklungsprozesses Annäherungen an eine fremde Kultur und an verstossene Kreaturen durchaus möglich sind. Dabei gelingt es insbesondere dem Kind, seine vorurteilsreiche, konfrontative Sichtweise zu ändern und sich eine individualisierte Sichtweise anzueignen. Damit sensibilisiert die Geschichte für ein friedliches Zusammenleben der Menschen verschiedener Kulturzugehörigkeit, das auf interkultureller Kommunikation und gegenseitiger Wertschätzung basiert. Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer ist ein Beitrag zur damals so genannten Völkerverständigung im Sinne einer besseren Zukunft. Die Geschichte entspricht dem Wunsch der Kinderliteraturszene in der unmittelbaren Nachkriegszeit, durch Kinderbücher zur Erziehung zu Weltoffenheit und Toleranz beizutragen und dadurch ein hoffnungsvolles Weltbild zu vermitteln.","PeriodicalId":106402,"journal":{"name":"kids+media : Zeitschrift für Kinder- und Jugendmedienforschung","volume":"5 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-03-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"124547450","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2019-09-01DOI: 10.54717/kidsmedia.9.2.2019.3
Aleta-Amirée Von Holzen
Insbesondere bei global tätigen Spielwarenproduzenten ist eine zunehmende Tendenz zu beobachten, figürliches Spielzeug mit einer Erzählung zu verknüpfen. Dies geschieht nebst dem Design über zusätzliche Informationen (zu Charaktereigenschaften etc.) bzw. einer „back story“ (Katrijna Heljakka), die mit dem Spielzeug mitgeliefert und oft erweitert über verschiedenste Kanäle verbreitet werden. Das Miniatur-Spielsystem Playmobil ist da keine Ausnahme, handelt es sich doch um ein Rollenspiel, dem als solches Narrativität eingeschrieben ist. Vor allem mit den ‚abenteuerlichen‘ Spielwelten nimmt Playmobil die Genresettings des populären fiktionalen Erzählens auf, oft beruht die einer Spielwelt inhärente Handlung auf einem Konflikt (z. B. Ritter – Raubritter). In jüngster Zeit werden die Spielwelten-Neuheiten nun mit deutlich detaillierteren „back stories“ ausgestattet, was sich auch in der Zusammensetzung der Sets zeigt. Seit 2011 erscheinen als Promotion-Artikel jährlich ein bis zwei Animationskurzfilme, die jeweils eine Themenwelt narrativ bespielen. Die 16 bisherigen Filme widmen sich auffälligerweise vor allem genrebasierten und fantastikaffinen Welten und unterliegen dabei offensichtlich einem Gebot der (angenommenen) ‚Kindgemässheit‘: Ihre Narrationen kennzeichnet eine ,kalkulierte Einfachheit‘, wie sie Maria Lypp für Kinderliteratur beschreibt. Diese dient der Komplexitätsreduzierung und übernimmt eine Brückenfunktion zwischen den erwachsenen Autor*innen und den Leser*innen von Kinderliteratur (und -medien). Die Miniaturisierung als eine Vereinfachungsmöglichkeit der Welt wirkt als Basis der Spielwaren und folglich auch der Kurzfilme, indem etwa die Figurenanzahl und die Handlungsorte sehr überschaubar sind. Interessanterweise widersprechen die Filme daher in gewisser Weise den – von den nicht selten waffenstarrenden Spielwelten her zu erwartenden – Genrekonventionen. So werden grosse Schlachten vermieden und stattdessen ‚kreativere‘ Konfliktösungen erzählt. Potenziell Verstörendes (Spuk- und Schreckgestalten bzw. -situationen) wird abgemildert oder positiviert. Im Gegenzug sind nicht die strahlenden Held*innen die Protagonist*innen, sondern oft etwas unsichere, zaghafte und immer wieder frappant tollpatschige Figuren, die sich gut mit humoristischen Einsprengseln verbinden lassen. Gerade aus den Beschränkungen, die das Bestreben nach zweifelsfrei ‚kindgerechter‘, ‚einfacher‘ Unterhaltung den Narrationen auferlegt, schöpfen diese ein beachtliches Potenzial für erzählerische Varianz; als Interpretationen und Adaptionen typischer Genrestories zeichnet die Animationskurzfilme daher ein eigener Playmobil-‚Touch‘ aus.
{"title":"Playmobil","authors":"Aleta-Amirée Von Holzen","doi":"10.54717/kidsmedia.9.2.2019.3","DOIUrl":"https://doi.org/10.54717/kidsmedia.9.2.2019.3","url":null,"abstract":"Insbesondere bei global tätigen Spielwarenproduzenten ist eine zunehmende Tendenz zu beobachten, figürliches Spielzeug mit einer Erzählung zu verknüpfen. Dies geschieht nebst dem Design über zusätzliche Informationen (zu Charaktereigenschaften etc.) bzw. einer „back story“ (Katrijna Heljakka), die mit dem Spielzeug mitgeliefert und oft erweitert über verschiedenste Kanäle verbreitet werden. Das Miniatur-Spielsystem Playmobil ist da keine Ausnahme, handelt es sich doch um ein Rollenspiel, dem als solches Narrativität eingeschrieben ist. Vor allem mit den ‚abenteuerlichen‘ Spielwelten nimmt Playmobil die Genresettings des populären fiktionalen Erzählens auf, oft beruht die einer Spielwelt inhärente Handlung auf einem Konflikt (z. B. Ritter – Raubritter). In jüngster Zeit werden die Spielwelten-Neuheiten nun mit deutlich detaillierteren „back stories“ ausgestattet, was sich auch in der Zusammensetzung der Sets zeigt. Seit 2011 erscheinen als Promotion-Artikel jährlich ein bis zwei Animationskurzfilme, die jeweils eine Themenwelt narrativ bespielen. Die 16 bisherigen Filme widmen sich auffälligerweise vor allem genrebasierten und fantastikaffinen Welten und unterliegen dabei offensichtlich einem Gebot der (angenommenen) ‚Kindgemässheit‘: Ihre Narrationen kennzeichnet eine ,kalkulierte Einfachheit‘, wie sie Maria Lypp für Kinderliteratur beschreibt. Diese dient der Komplexitätsreduzierung und übernimmt eine Brückenfunktion zwischen den erwachsenen Autor*innen und den Leser*innen von Kinderliteratur (und -medien). Die Miniaturisierung als eine Vereinfachungsmöglichkeit der Welt wirkt als Basis der Spielwaren und folglich auch der Kurzfilme, indem etwa die Figurenanzahl und die Handlungsorte sehr überschaubar sind. Interessanterweise widersprechen die Filme daher in gewisser Weise den – von den nicht selten waffenstarrenden Spielwelten her zu erwartenden – Genrekonventionen. So werden grosse Schlachten vermieden und stattdessen ‚kreativere‘ Konfliktösungen erzählt. Potenziell Verstörendes (Spuk- und Schreckgestalten bzw. -situationen) wird abgemildert oder positiviert. Im Gegenzug sind nicht die strahlenden Held*innen die Protagonist*innen, sondern oft etwas unsichere, zaghafte und immer wieder frappant tollpatschige Figuren, die sich gut mit humoristischen Einsprengseln verbinden lassen. Gerade aus den Beschränkungen, die das Bestreben nach zweifelsfrei ‚kindgerechter‘, ‚einfacher‘ Unterhaltung den Narrationen auferlegt, schöpfen diese ein beachtliches Potenzial für erzählerische Varianz; als Interpretationen und Adaptionen typischer Genrestories zeichnet die Animationskurzfilme daher ein eigener Playmobil-‚Touch‘ aus. ","PeriodicalId":106402,"journal":{"name":"kids+media : Zeitschrift für Kinder- und Jugendmedienforschung","volume":"1 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2019-09-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"130791361","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2019-09-01DOI: 10.54717/kidsmedia.9.2.2019.1
Klaus Müller-Wille
Auf den ersten Blick mag es so scheinen, dass Hans Christian Andersen mit seinen drei Spielzeugmärchen Den standhaftige Tinsoldat (1838; Der standhafte Zinnsoldat), Kjærestefolkene (1843; Das Liebespaar) und Pengegrisen (1853; Das Geldschwein) biedermeierliche Fortsetzungen der in vielerlei Hinsicht unheimlicheren romantischen Vorlagen von E.T.A. Hoffmann schreibt. Im Artikel wird zunächst beleuchtet, wie kalkuliert sich Andersen von der Schreibweise Hoffmanns absetzt, um andere thematische Akzente zu setzen. So wird an einem close reading der drei Texte gezeigt, dass und inwiefern Andersen die Auseinandersetzung mit dem Spielzeug für weitreichende kulturanalytische Reflexionen nutzt, in denen er immer wieder auf die merkwürdigen Effekte einer Warenökonomie aufmerksam macht, in denen Dinge zu Objekten des Begehrens mutieren und damit auf gespenstische Art und Weise an der Subjektkonstitution teilhaben. Andersens entsprechend moderne Auseinandersetzung mit dem Spielzeug wird durch den Vergleich zu den Spielzeugtheorien von Charles Baudelaire und Walter Benjamin konturiert. Schliesslich wird an Pengegrisen aber auch demonstriert, dass sich Andersen sehr wohl darüber im Klaren war, dass auch seine eigenen Spielzeugmärchen an Projektionen geknüpft sind, welche die Faszinationskraft des Spielzeugs als grundlegend zweckloses Ding nur ungenügend beschreiben.
{"title":"Märchenwunderland und Fratze des Kapitals","authors":"Klaus Müller-Wille","doi":"10.54717/kidsmedia.9.2.2019.1","DOIUrl":"https://doi.org/10.54717/kidsmedia.9.2.2019.1","url":null,"abstract":"Auf den ersten Blick mag es so scheinen, dass Hans Christian Andersen mit seinen drei Spielzeugmärchen Den standhaftige Tinsoldat (1838; Der standhafte Zinnsoldat), Kjærestefolkene (1843; Das Liebespaar) und Pengegrisen (1853; Das Geldschwein) biedermeierliche Fortsetzungen der in vielerlei Hinsicht unheimlicheren romantischen Vorlagen von E.T.A. Hoffmann schreibt. Im Artikel wird zunächst beleuchtet, wie kalkuliert sich Andersen von der Schreibweise Hoffmanns absetzt, um andere thematische Akzente zu setzen. So wird an einem close reading der drei Texte gezeigt, dass und inwiefern Andersen die Auseinandersetzung mit dem Spielzeug für weitreichende kulturanalytische Reflexionen nutzt, in denen er immer wieder auf die merkwürdigen Effekte einer Warenökonomie aufmerksam macht, in denen Dinge zu Objekten des Begehrens mutieren und damit auf gespenstische Art und Weise an der Subjektkonstitution teilhaben. Andersens entsprechend moderne Auseinandersetzung mit dem Spielzeug wird durch den Vergleich zu den Spielzeugtheorien von Charles Baudelaire und Walter Benjamin konturiert. Schliesslich wird an Pengegrisen aber auch demonstriert, dass sich Andersen sehr wohl darüber im Klaren war, dass auch seine eigenen Spielzeugmärchen an Projektionen geknüpft sind, welche die Faszinationskraft des Spielzeugs als grundlegend zweckloses Ding nur ungenügend beschreiben. ","PeriodicalId":106402,"journal":{"name":"kids+media : Zeitschrift für Kinder- und Jugendmedienforschung","volume":"198 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2019-09-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"132406179","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2019-09-01DOI: 10.54717/kidsmedia.9.2.2019.4
Anna Stemmann
Die Figur Batman unterliegt seit ihrer Erfindung in den 1930er Jahren einem konstanten Wandel und wurde bis heute in diversen Medien wie Comic, Film oder Hörspiel aufgegriffen und neu inszeniert. Der Aufsatz widmet sich dem daraus resultierenden Seriengedächtnis (Kelleter/Stein) und diskutiert zentrale Mytheme (Lévi-Strauss), um vor dieser Folie den Film LEGO Batman Movie (2017) zu analysieren. Der Film erweist sich als multireferenzielle Konstruktion, die bewusst die intermediale Geschichte der Batman-Figur aufgreift und ausstellt. Immer wieder wird auf frühere Batman-Inszenierungen angespielt und diese Referenzen werden mit der Gegenwart der Figur verknüpft. Zentrale Stellung nehmen dafür die LEGO-Bausteine und die LEGO-Optik des Filmes ein, denn dies verweist metaphorisch auf den Prozess des Zusammensteckens, was hier vor allem als ein erzählerisches Zusammenfügen von Verweisen zu deuten ist. Darüber hinaus parodiert der Film, neben der Figur Batman selbst, immer wieder auch die Mechanismen filmischer Narration. Damit wird der Animationsfilm auch als Beispiel für die sogenannte Mehrfachadressiertheit lesbar, indem auf verschiedene Wissensarchive und Erfahrungshorizonte Bezug genommen wird. Das Setting im Spielzeugkosmos der LEGO-Steine wird damit zum erzählenden Element, um vielschichtige Facetten der Figur Batman auszustellen.
{"title":"Erzählende Steine","authors":"Anna Stemmann","doi":"10.54717/kidsmedia.9.2.2019.4","DOIUrl":"https://doi.org/10.54717/kidsmedia.9.2.2019.4","url":null,"abstract":"Die Figur Batman unterliegt seit ihrer Erfindung in den 1930er Jahren einem konstanten Wandel und wurde bis heute in diversen Medien wie Comic, Film oder Hörspiel aufgegriffen und neu inszeniert. Der Aufsatz widmet sich dem daraus resultierenden Seriengedächtnis (Kelleter/Stein) und diskutiert zentrale Mytheme (Lévi-Strauss), um vor dieser Folie den Film LEGO Batman Movie (2017) zu analysieren. Der Film erweist sich als multireferenzielle Konstruktion, die bewusst die intermediale Geschichte der Batman-Figur aufgreift und ausstellt. Immer wieder wird auf frühere Batman-Inszenierungen angespielt und diese Referenzen werden mit der Gegenwart der Figur verknüpft. Zentrale Stellung nehmen dafür die LEGO-Bausteine und die LEGO-Optik des Filmes ein, denn dies verweist metaphorisch auf den Prozess des Zusammensteckens, was hier vor allem als ein erzählerisches Zusammenfügen von Verweisen zu deuten ist. Darüber hinaus parodiert der Film, neben der Figur Batman selbst, immer wieder auch die Mechanismen filmischer Narration. Damit wird der Animationsfilm auch als Beispiel für die sogenannte Mehrfachadressiertheit lesbar, indem auf verschiedene Wissensarchive und Erfahrungshorizonte Bezug genommen wird. Das Setting im Spielzeugkosmos der LEGO-Steine wird damit zum erzählenden Element, um vielschichtige Facetten der Figur Batman auszustellen. ","PeriodicalId":106402,"journal":{"name":"kids+media : Zeitschrift für Kinder- und Jugendmedienforschung","volume":"54 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2019-09-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"127561417","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2019-09-01DOI: 10.54717/kidsmedia.9.2.2019.2
S. Schmideler
Kinderliteratur und Kinderspielkultur bilden im 19. Jahrhundert eine enge Symbiose. Am Beispiel des Bilderbuchs Die Puppeninsel (1879) von Julius Lohmeyer mit Illustrationen von Fedor Flinzer wird durch Kontextualisierung und Rekonstruktion gezeigt, wie und mit welchen Strategien in Produktion und Distribution in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Gattung des Bilderbuchs illustrierte Spielzeuggeschichten für ein bildungsbürgerliches Publikum als gut verkäufliche Kinderliteratur etabliert werden. Sie sind motivisch-thematisch von Einflüssen der Puppengeschichten der Mädchenliteratur beeinflusst. Darüber hinaus werden gattungstransgressiv wirkende Einflüsse des komischen Tierepos und intertextuelle Referenzen auf zeitgenössische Bilderbücher mit Spielzeug- und Miniaturwelten deutlich. Bildungsbürgerliche, christliche, antike und patriotisch-vaterländische Elemente werden durch Spielzeuggeschichten amalgamiert. Als fantastische Erzählung changiert das Bilderbuch Die Puppeninsel zwischen der Darstellung von Spielzeugwelt und Kinderspielwelt als Kinderspielliteratur. Als aufwändig gestaltetes Bilderbuch soll es funktional Unterstützung beim Sozialisationsprozess der Geschlechtercharaktere sein, aber als Spielzeuggeschichte auch ein originelles Unterhaltungsangebot für Kinder darstellen.
{"title":"Die Puppeninsel (1879)","authors":"S. Schmideler","doi":"10.54717/kidsmedia.9.2.2019.2","DOIUrl":"https://doi.org/10.54717/kidsmedia.9.2.2019.2","url":null,"abstract":"Kinderliteratur und Kinderspielkultur bilden im 19. Jahrhundert eine enge Symbiose. Am Beispiel des Bilderbuchs Die Puppeninsel (1879) von Julius Lohmeyer mit Illustrationen von Fedor Flinzer wird durch Kontextualisierung und Rekonstruktion gezeigt, wie und mit welchen Strategien in Produktion und Distribution in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Gattung des Bilderbuchs illustrierte Spielzeuggeschichten für ein bildungsbürgerliches Publikum als gut verkäufliche Kinderliteratur etabliert werden. Sie sind motivisch-thematisch von Einflüssen der Puppengeschichten der Mädchenliteratur beeinflusst. Darüber hinaus werden gattungstransgressiv wirkende Einflüsse des komischen Tierepos und intertextuelle Referenzen auf zeitgenössische Bilderbücher mit Spielzeug- und Miniaturwelten deutlich. Bildungsbürgerliche, christliche, antike und patriotisch-vaterländische Elemente werden durch Spielzeuggeschichten amalgamiert. Als fantastische Erzählung changiert das Bilderbuch Die Puppeninsel zwischen der Darstellung von Spielzeugwelt und Kinderspielwelt als Kinderspielliteratur. Als aufwändig gestaltetes Bilderbuch soll es funktional Unterstützung beim Sozialisationsprozess der Geschlechtercharaktere sein, aber als Spielzeuggeschichte auch ein originelles Unterhaltungsangebot für Kinder darstellen.","PeriodicalId":106402,"journal":{"name":"kids+media : Zeitschrift für Kinder- und Jugendmedienforschung","volume":"3 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2019-09-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"121198369","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
Pub Date : 2019-03-01DOI: 10.54717/kidsmedia.9.1.2019.1
Fabienne Saurer
Kinder- und Jugendmedien sind weder apolitisch noch entziehen sie sich komplexen gesellschaftlichen Problemen. Besonders aktuell und häufig auch in Medien für junge Menschen verarbeitet sind gesellschaftspolitische Fragen von Transkulturalität und Koexistenz in einer zunehmend globalisierten Welt. Der Medienverbund Avatar – The Last Airbender, bestehend aus einer Fernseh-Animationsserie und mehreren Fortsetzungen in Comicform, bietet dem Publikum eine Auseinandersetzung mit diesen Fragen in einer Fantasywelt an. Indem sich die Handlung stark mit (Post-)Kolonialismus, Migration und dem Leben in der Diaspora auseinandersetzt, stellt sie Parallelen zu der US-amerikanischen Einwanderungsgeschichte und der historischen racial segregation, aber auch den Folgen von Kolonialismus und der aktuellen Globalisierung her. Anhand dieses gesellschaftspolitischen Gehalts werden die zentralen Momente herausgearbeitet, in dem daraus entstehende Konflikte thematisiert, problematisiert oder aufgelöst werden. Dazu wird ein Begriffsdreieck von kultureller Identität, Pluralität und Hybridität gedacht, entlang dessen Seiten jeweils die zwischen den Zugkräften zweier Begriffe entstehende Spannung untersucht wird. Mithilfe von kulturwissenschaftlichen Theorien bespricht der Beitrag die Bedeutung von Trennung und Hybridisierung im Weltkonzept von Avatar, die unterschiedlichen Erfahrungen der Figuren mit Migration und Diaspora und die Entstehung von neuen Zwischenräumen in Idenitäten und Gesellschaften. Damit möchte er zur Untersuchung von Transkulturalität in der Fantastik beitragen.
{"title":"Kulturelle Identität, Pluralität und Hybridität in \"Avatar – The Last Airbender\"","authors":"Fabienne Saurer","doi":"10.54717/kidsmedia.9.1.2019.1","DOIUrl":"https://doi.org/10.54717/kidsmedia.9.1.2019.1","url":null,"abstract":"\u0000 \u0000 \u0000 \u0000 \u0000 \u0000Kinder- und Jugendmedien sind weder apolitisch noch entziehen sie sich komplexen gesellschaftlichen Problemen. Besonders aktuell und häufig auch in Medien für junge Menschen verarbeitet sind gesellschaftspolitische Fragen von Transkulturalität und Koexistenz in einer zunehmend globalisierten Welt. Der Medienverbund Avatar – The Last Airbender, bestehend aus einer Fernseh-Animationsserie und mehreren Fortsetzungen in Comicform, bietet dem Publikum eine Auseinandersetzung mit diesen Fragen in einer Fantasywelt an. Indem sich die Handlung stark mit (Post-)Kolonialismus, Migration und dem Leben in der Diaspora auseinandersetzt, stellt sie Parallelen zu der US-amerikanischen Einwanderungsgeschichte und der historischen racial segregation, aber auch den Folgen von Kolonialismus und der aktuellen Globalisierung her. Anhand dieses gesellschaftspolitischen Gehalts werden die zentralen Momente herausgearbeitet, in dem daraus entstehende Konflikte thematisiert, problematisiert oder aufgelöst werden. Dazu wird ein Begriffsdreieck von kultureller Identität, Pluralität und Hybridität gedacht, entlang dessen Seiten jeweils die zwischen den Zugkräften zweier Begriffe entstehende Spannung untersucht wird. Mithilfe von kulturwissenschaftlichen Theorien bespricht der Beitrag die Bedeutung von Trennung und Hybridisierung im Weltkonzept von Avatar, die unterschiedlichen Erfahrungen der Figuren mit Migration und Diaspora und die Entstehung von neuen Zwischenräumen in Idenitäten und Gesellschaften. Damit möchte er zur Untersuchung von Transkulturalität in der Fantastik beitragen. \u0000 \u0000 \u0000 \u0000 \u0000 \u0000","PeriodicalId":106402,"journal":{"name":"kids+media : Zeitschrift für Kinder- und Jugendmedienforschung","volume":"49 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2019-03-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"128645394","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}